Heiligenkalender
7. März
Ehrwürdige Maria Clotildis, Königin von Sardinien
Der Prozess der Seligsprechung dieser ehrwürdigen Dienerin Gottes und U. L. Frau ist gegenwärtig beim heiligen Stuhl in Rom noch anhängig (*); sie starb im Jahre 1802. Ihr Leben gibt Zeugnis, daß man auch auf dem Thron und mitten in einem Zeitalter voll Unglauben und Sittenlosigkeit heilig leben und selig sterben kann.
Das fromme Tugendleben von Clotildis
Sie war die Tochter des Kronprinzen Ludwig von Frankreich, Bruder des unglücklichen Königs Ludwig XVI. Ihre Erzieherin war eine sehr fromme Dame, welche ihrem zarten Herzens die innigste Liebe zu Gott einpflanzte, und sie zur Übung der Gott wohlgefälligsten Tugenden aneiferte. Schon als Kind fand Clotildis ihre größte Freude am Katechismus, und ihr größtes Vergnügen, das Leben der Heiligen zu lesen und davon zu erzählen. Noch nicht elf Jahre alt, durfte sie die erste heilige Kommunion empfangen, und von dieser heiligen Stunde an, da sie Jesum in ihr unschuldiges Herz aufnahm, lebte sie wie eine Heilige und machte die größten Fortschritte in der Vollkommenheit.
Die Welt mit all ihrer Pracht und Lust ekelte sie an. Sie war entschlossen, in der Blüte ihrer Jahre in ein Kloster zu gehen und dort dem Herrn, dem Unsterblichen, der Quelle aller Herrlichkeit und Schönheit, bis zum Tode zu dienen. – Doch Gott hatte eine andere Absicht mit ihr. Sie sollte als Königin auf einem glänzenden Thron der Welt das Beispiel er erhabensten Tugenden einer christlichen Gattin geben. Auf das Verlangen des Königs Ludwig, ihres Vaters Bruder, musste sie sich mit dem damaligen Kronprinzen Karl Emmanuel von Sardinien vermählen. – Sie brachte Gott das Verlangen ihres Herzens, Jungfrau zu bleiben, zum Opfer und gehorchte.
Zu Turin, der Hauptstadt Sardiniens, im königlichen Palast angekommen, setzte sie auch als Gattin ihre frommen Übungen fort. Sie verrichtete ihre gewohnten Gebete, betete täglich die Tagzeiten U. L. Frau mit größter Andacht, las fromme Bücher, hörte die Predigten, besuchte den Heiland im heiligsten Sakrament und wohnte täglich einer, oft auch mehreren heiligen Messen bei. Mit Erlaubnis ihrer Beichtväter durfte sie wöchentlich drei bis viermal zum Tisch des Herrn gehen. – Dabei aber vergaß sie nicht, ihrem Gemahl mit pünktlichster Treue und keuschester Liebe zu dienen, und darauf zu sehen, daß in ihrer Umgebung die größte Sittsamkeit unter den Hofleuten herrsche.
Ihre ungeheuchelte Demut hatte keine Freude an Pracht und Schönheit. Daher trug sie immer einfache und höchst sittsame Kleidung.
Als im Jahre 1794 Sardinien mit großen Drangsalen heim gesucht wurde, bat sie ihren Gemahl, den König, die einfachsten Kleider wählen zu dürfen. Von dieser Zeit an trug sie nun sehr gemeine Kleider von blauer Wolle, und zwar wählte sie deswegen die blaue Farbe, weil auch die Muttergottes in dieser Farbe gekleidet war, und sie in Allem ihr gleichförmig werden wollte.
Ihre Verehrung des heiligsten Herzens Jesu
Da sie nicht bloß selbst fromm und Gott wohlgefällig sein, sondern auch andere auf gleichen Weg bringen wollte, so suchte sie jede Gelegenheit, ihre Mitmenschen durch Wort und Beispiel zu allen guten Übungen anzueifern. Sie besuchte oft die Kirchen, wohnte den Prozessionen bei und ließ sich in die verschiedenen Bruderschaften einschreiben. Die Bruderschaft zum heiligsten Herzen Jesu führte sie in Turin ein, um alle Stunden dieses göttliche Herz zu verehren. Sie war eine Mutter der Armen, denen sie auf alle mögliche Art beisprang. Zu Turin war eine Bruderschaft unter dem Namen des heiligen Ludwig entstanden, welche den Zweck hatte, die armen Kranken zu pflegen und zu unterstützen. In diese Bruderschaft ließ sie sich sogleich eintragen. Wo sie immer einem Unglücklichen Trost und Hilfe gewähren konnte, da fehlte sie gewiß nicht.
Die Leiden der ehrwürdigen Clotildis
Aber auch sie suchte Gott mit großen und schweren Leiden heim. Ihres Vaters Bruder, König Ludwig XVI. starb auf dem Schafott, seine Gemahlin ward ebenfalls hingerichtet, ihre Verwandte verbluteten entweder unter dem Schwert des Henkers oder lebten verbannt vom Vaterland im Elend. Die schreckliche Revolution Frankreichs, welche den Weg, den sie betrat, überall mit Blut und Verderben bedeckte, schonte auch ihrer und ihres Gemahls nicht. König Emmanuel musste sein Land verlassen, Clotilde begleitete ihn. Den tiefsten Schmerz über all die Gräuel, die sie sah und hörte, im Herzen, blieb sie doch standhaft und ließ den Mut nicht sinken. Was ihr aber diesen standhaften Mut verlieh, das war die Betrachtung der Schmerzen, welche die Mutter Gottes unter dem Kreuz gelitten. Diese Schmerzen stellte sie sich immer vor Augen, und um die Andacht der schmerzhaften Mutter in diesen Tagen der Trübsal unter dem Volk in Aufnahme zu bringen, bewirkte sie, daß man an einem bestimmten Tag im ganzen Königreich das Fest der sieben Schmerzen feierte. –
Während sie mit ihrem Gemahl wie ein Fremdling, fern vom Vaterland, herum zog, unterließ sie ihre gewohnten Andachts-Übungen nicht, und fand darin ihren größten Trost. Wo sie immer hinkam, bewunderte man ihre Frömmigkeit, ihre Ergebung in Gottes Willen und ihren Starkmut in den größten Leiden. – Es glänzten aber an ihr, ohne daß sie es selbst wußte, die herrlichsten Tugenden.
Mit 16 Jahren, blühend und schön, an einem königlichen Hof, vermählt mit einem Pracht liebenden Fürsten, wandelte sie immer in der Gegenwart Gottes; die ersten und letzten Gedanken des Tages gehörten ihm.
Ihre Verehrung für das Allerheiligste
Der Tabernakel, wo Jesus im heiligsten Sakrament wohnt, war ihr liebster Aufenthalt. Da fand man sie täglich auf den Knien liegend, in Betrachtung ganz versunken. Sie begleitete das Allerheiligste gerne bei Prozessionen, und wenn es zu einem Kranken getragen wurde, und sie demselben begegnete, dann stieg sie immer aus dem Wagen und warf sich mitten auf den mit Kot bedeckten Boden zur Anbetung hin. Auf jedes Fest der Kirche bereitete sie sich jedesmal neun Tage vor. Den Priestern bezeugte sie immer die größte Ehrerbietung, und ihre Freude war es, mit Ordenspersonen sich über Gott und über göttliche Dinge zu unterhalten. Dagegen fühlte ihr Herz immer die tiefste Trauer, wenn sie von den Übeln und Leiden hörte, mit denen damals die heilige katholische Kirche und ihr Oberhaupt heim gesucht wurde. Sie richtete die inbrünstigen Gebete zu Gott, er möge doch diesen Übeln Einhalt tun und der Kirche den Frieden schenken. Das Alles aber ging aus ihrem lebendigen, unerschütterlichen Glauben hervor, den sie von Kindheit an im Herzen trug.
Ihr Vertrauen auf Gott und auf Maria
Nicht minder groß war auch ihre Hoffnung und ihr Vertrauen auf Gott und die heilige Jungfrau. Im Augenblick, wo die größten Stürme über sie herein brachen, blieb sie unbeweglich und erwartete, daß gerade da Gott mit seiner Hilfe nahe sei. „Gott ist nichts unmöglich, pflegte sie dann zu sagen, es braucht nur, daß ich mich an ihn wende, und ich werde mich mit dem lebhaftesten Vertrauen jedesmal an ihn wenden. Es ist dann an ihm, daß er Mittel treffe, alle Hindernisse weg zu räumen.“ Dabei war sie immer ganz in den heiligen Willen Gottes ergeben. „Es ist gewiß, schrieb sie einmal an einen Priester, daß, wenn es Gott gefallen würde, uns von so unglücklichen Begebenheiten zu befreien, ich ihm gerne ein Opfer mit meinem Blut machen wollte; aber auch dieses selbst überlasse ich Gottes heiligen Willen, im vollen Vertrauen, daß Alles durch seine Barmherzigkeit werde geleitet werden.“
Ihre Liebe zu Jesus
Die Liebe zu Gott erfüllte ihr ganzes Herz; mit ihm sich zu vereinen, war ihr ganzes Streben. Daher ihr beständiges Beten und Betrachten. Gar oft fanden sie ihre Kammerfrauen auf den Boden hingestreckt, mit ausgespannten Armen, ganz in Gott versenkt. Oft verließ sie des Nachts ihr Bett, um ihr Gebet fortzusetzen. In den Kirchen, die sie oft besuchte, kniete sie am liebsten auf bloßer Erde. Die Betrachtung des Leidens Christi preßten ihr immer die bittersten Tränen aus. In der Karwoche blieb sie im ganzen Gottesdienst auf den Knien im Gebet liegend.
Die Liebe zu Jesus trieb sie wie eine Heißhungrige zur heiligen Kommunion. Das göttliche Lamm zu empfangen, war ihr größtes Fest. Ebenso war es, wie schon gesagt, ihre Wonne, Jesum im heiligsten Sakrament anzubeten. Im königlichen Palast zu Turin pflegte sie sich in einem erhabenen Ort einzuschließen, wo man die Aussicht auf die Domkirche hatte; dort brachte sie den größten Teil des Tages und der Nacht zu, um das heilige Grab während der Karwoche im Geist zu besuchen und Jesum anzubeten.
Aus dieser Liebe entsproßten in ihrem Herzen noch viele andere schöne Tugenden, womit dasselbe geschmückt war; eine flammende Liebe gegen alle Arme und Kranke; eine aufrichtige Liebe gegen ihre Feinde und Verfolger; die tiefste Demut, die größte Sanftmut und der pünktlichste Gehorsam gegen ihre Beichtväter und Seelenführer. – Eine ganz besondere Probe ihrer flammenden Gottesliebe war die beständige Genauigkeit, mit welcher sie vom ersten Anfang ihrer Vernunft bis zu ihrem Tod die Gebote Gottes und der Kirche beobachtete. Obgleich ihre tiefe Demut sie sich selbst als eine große Sünderin vorstellte und öfters zur heiligen Beichte gehen hieß, so wachte sie doch ihr ganzes Leben lang über sich, um niemals einen freiwilligen Fehler zu begehen, so daß nach dem Urteil Aller, welche ihren Lebenswandel am besten beobachten konnten, sie niemals ihre Taufunschuld mit einer Makel befleckt habe.
Ihre Andachten zur allerseligsten Jungfrau Maria
Damit ihr aber das gelänge, hatte sie sich die mächtigste und treueste Helferin und Beschützerin ausgewählt, die allerseligste Jungfrau Maria. Sie war eine ihrer treuesten Dienerinnen von Kindheit an. Immer nahm sie den lebhaftesten Anteil an den Freuden und Schmerzen der gebenedeiten Mutter des Herrn, die sie als ihre beste, liebste Mutter betrachtete.
Zu Anfang eines jeden Jahres begab sie sich auf eine ganz besondere Art neuerdings unter den Schutz der Himmelskönigin, und entrichtete mit den lebhaftesten Gefühlen die Andacht, welche man insgesamt das „marianische Jahr“ nennt, das in Lesestücken aus dem Leben heiliger Diener Mariens und in Gebetsübungen zu Ehren der lieben Frau auf jeden Tag des Jahres besteht.
So schrieb sie an einen Priester: „Gestern in aller Frühe entrichteten wir, um das Jahr recht gut anzufangen, und uns wieder auf eine ausgezeichnete Art unter den Schutz der heiligen Jungfrau zu begeben, unsere Andacht bei St. Katharina in der Kapelle, welche man die „göttliche Schäferin“ nennt. Gestern fingen wir das marianische Jahr an mit großer Begierde, es uns gut zu Nutzen zu machen. Es ist wahr, daß wir im gegangenen Jahr es erst in der Mitte des Jänners anfingen; allein da wir durch fünfzehn Tage unsere Betrachtungen verdoppelten, brachten wir uns wieder so in Ordnung, daß wir es ganz vollständig gelesen haben… Aber gewiß, ein einziges Jahr reicht nicht hin. Ich versichere Sie, daß ich es wieder mit größter Freude begann.“
Täglich betete sie die Tagzeiten, den Rosenkranz und überdies noch fünf Ave zur Ehre des heiligen Namens Mariä, wie sie es der Schwester Maria Agnes, einer Klosterfrau von St. Paul, berichtete, der sie ihr Inneres aufdeckte. „Die fünf Ave zur Ehre des heiligen Namens Mariä beten wir gemeinschaftlich Morgens und Abends.“ Sie fügte denselben noch drei andere wegen eines besonderen Anliegens hinzu, wie sie dies eben dieser Schwester offenbarte.
Auf gleiche Weise bereitete sie sich neun vorher gehende Tage auf die Feste der seligsten Jungfrau durch besondere Andachten vor, worüber sie einem ihrer Seelenführer Nachricht gibt: „Wir sind in der neuntägigen Andacht vom Schutz und der Opferung Mariä begriffen“; und in einem andern Schreiben sagt sie: „Wir werden um vier Uhr zu St. Katharina gehen, wo wir täglich wegen der neuntägigen Andacht vor der unbefleckten Empfängnis uns dorthin zu begeben pflegen.“
Sie war gewohnt die Zeit dieser neuntägigen Andacht ganz in der Kirche zuzubringen, wie sie der Schwester Maria Agnes schreibt: „Ich hatte verschiedene Briefe zu schreiben und am Dienstag war das Fest der allerseligsten Jungfrau. Der Morgen ward, wie ihr wohl denken könnt, in der Kirche zugebracht… Ich hoffe, daß die heilige Jungfrau uns beistehen werde, ihr Namensfest gut zu feiern. Wir werden in die Kirche gehen und kommunizieren.“
Damit an solchen Tagen das Abgehen der Briefpost ihre Andachtsübungen nicht störte, war sie besorgt, ihre Briefe schon Tags vorher fertig zu machen. Dieses meldete sie dem Seelenführer. „Ich arbeitete der Post zuvor, weil morgen ein Muttergottes-Fest ist. – – Ich komme der Post vor, weil morgen das Vermählungsfest der seligsten Jungfrau gefeiert wird; um es zu begehen, werde ich mich zu den Kapuzinern vom herzen Jesu begeben.“
Während dieser Tage war sie beflissen, ihren Geist mit Betrachtung jener Glorie zu unterhalten, welche die seligste Jungfrau genießt. Die Freude, welche sie in diesen Betrachtungen fühlte, läßt sich nicht ausdrücken. „Wie bin ich Ihnen verbunden“, schreibt sie an ihren Seelenführer, „daß Sie mir Neues wissen lassen, so sehr ich auch wegen des Festtages der unbefleckten Empfängnis beschäftigt war. Dieser schöne Tag war doch recht ergötzend für mich. Am Morgen genoss ich die heilige Kommunion zu Ehren der seligsten Jungfrau, und diese Tage sind gewöhnlich sehr glücklich für mich.“
Da sie in den letzten Jahren ihres Lebens mit vielen und großen Trübsalen heimgesucht wurde, so darf man sich nicht verwundern, wenn sie besonders zur schmerzhaften Mutter Gottes ihre Zuflucht nahm, und bei diesem mit tausendfachen Schmerzen durchbohrten Mutterherzen Trost und Kraft zu finden suchte.
Sie nahm an den Schmerzen der Lieben Frau immer den lebhaftesten Anteil. Sie drückt hierüber ihre Empfindungen in einem Schreiben an ihren Gewissensrat aus: „Ich will mich äußerst bestreben, meiner liebsten Mutter, der seligsten Jungfrau, in ihren Leiden nachzufolgen. Sie flößt mir hierzu eine große Begierde ein. Alle Freitage begehen wir hier (in Neapel) dieses Fest in einer Kirche, wo man die Messe singt, und verschiedene Gebete verrichtet.“ Und in einem andern Schreiben. „O, mein Vater! Wie glücklich würde ich sein wenn ich in etwas meiner lieben Mutter in ihren Schmerzen gleich kommen, und wie sie, ihrem anbetungswürdigen Jesus auf den Kalvarienberg folgen könnte! Der einzige Gedanke, in die Fußstapfen des auf den Kalvarienberg steigenden Jesus und meiner zärtlichen Mutter Mariä zu treten, erfüllt mich mit Mut.“
Clotildis findet Trost und Stärke beim schmerzenreichen Herzen Mariens
Ihr ganzer Trost war, an die Schmerzen Mariä zu denken, wie sie es auch selbst sagt: „Mein ganzer Trost ist, an meine liebe Mutter zu denken, wie sie mit Schmerzen überhäuft ist, und dann, wie Sie es mir, mein Herr, erlaubt haben, meine Schmerzen mit den übrigen zu vereinigen.“
Hier also, in dem schmerzenreichen Herzen Mariens suchte ihre Seele die Stärke und den Mut zu schöpfen, den heiligen Beispielen Mariens durch eine gänzliche Ergebung in den Willen Gottes nachzufolgen. Dieses meldete sie auch selbst in einem ihrer Briefe, der also lautet: „Die Mahnungen, welche sie mir geben, sind ein köstlicher Balsam für mich. Sie flößen mir Mut und Stärke ein, den Kummer und das Kreuz, welches der Herr beleibt, mir zu senden, wie es scheint, mit Freuden zu ertragen. Vorzüglich durch Beihilfe des rührenden Beispiels, welches mir die heilige Jungfrau in ihren Schmerzen gibt. Sie will ich allezeit für meine Mutter haben.“
Und was sie in dem Schmerz erfüllten Herzen ihrer geliebtesten Mutter suchte, das fand sie auch: Trost, Mut und Stärke. – Sie war es, welche in Mitten der schrecklichsten Umwälzungen, welches damals in Sardinien, sowie in andern Ländern durch die französische Revolution stattfanden, standhaft blieb, Alle tröstete Allen Mut einsprach, Allen Riet, ihr Vertrauen auf Gott zu richten. Als man ihr den schauderhaften Tod Ludwig XVI. und ihrer Schwester Elisabeth meldete, war sie auf dem Weg, einer Bußprozession beizuwohnen. Sie unterdrückte ihren tiefen Schmerz und begleitete dieselbe mit ganz ruhigem Antlitz, obgleich ihr Herz an der schmerzlichsten Wunde blutete.
Als der schreckliche Befehl Napoleons ankam, daß König Karl Emmanuel, ihr Gemahl, seines Landes verlustig sei, las sie unerschrocken diesen grausamen ungerechten Befehl des Eroberers mit trockenen Augen, flößte Allen Mut ein, und ordnete Alles ruhig zur Abreise in die Verbannung. –
Sie verlangte nie von Gott, daß er ihre Leiden weg nehmen, sondern daß er ihr nur Mut und Kraft geben möchte, sie zu ertragen. „O hochwürdiger Vater, schrieb sie einmal, welche Freude würde es für mich sein, wenn ich nur in Etwas meiner schmerzhaften Mutter gleichen, und wie sie unserem anbetungswürdigen Jesus auf den Kalvarienberg und bis ans Kreuz nachfolgen könnte!“ –
Ein anderes Mal rief sie aus: „O mit welcher Lust bitte ich Gott, daß er mir das Kreuz nicht erleichtere, welches er mir zuschickt!“
Der liebe Gott erhörte sie auch; er zog sie durch Leiden immer mehr zu sich, und gab ihr einen Starkmut und eine Ergebung in allen Trübsalen, welche die ganze Welt in Erstaunen setzte.
Der Lohn für ihren Starkmut in allen Leiden
Endlich sollte sie auch den Lohn dafür erhalten. Sie kränkelte schon seit längerer Zeit, ohne aber die Schmerzen zu achten; auch unterließ sie aus diesem Grund nie ihre Andachtsübungen, worin ihre Seele eben Stärkung fand. Obschon unpäßlich, wollte sie doch am 1. März des Jahres 1802 das heiligste Altarssakrament besuchen, das in der Kirche der heiligsten Dreifaltigkeit ausgesetzt war. Obwohl sie heftige Kopfschmerzen hatte, verharrte sie doch nach ihrer Gewohnheit eine geraume Zeit in großer Andacht auf den Knien im Gebet. Bei ihrer Rückkehr in ihre Wohnung ward sie von einem heftigen Fieber befallen, welches sie ganz entkräftete und ihr die größten Schmerzen verursachte. Aber sie ließ sich von ihren Leiden nichts merken, vielmehr wandte sie sich mit ganz heiterem Gesicht zu ihrem Beichtvater und sprach: „Mein Vater! Unser Herr teilt mit mir seine Dornenkrone!“ und indem sie die Hände faltete, setzte sie bei: „Welche Ruhe, welchen Frieden empfinde ich. O wie ist der Himmel so schön! O Himmel! O Himmel!“ Da sie ihr Ende heran nahen fühlte, begehrte und empfing sie mit glühender Andacht die heiligen Sterbesakramente. –
Das selige Sterben der ehrwürdigen Clotilde
Nun hatte sie keinen Kummer mehr auf dem Herzen, als ihren geliebten Gemahl, der immer kränklich war, nach ihrem Tode so verlassen zu sehen, ohne ihn, wie früher, pflegen und trösten zu können. – Allein der König, plötzlich von einem himmlischen Licht erleuchtet, ließ den Pater Marian rufen, der ihr mit ihrem Beichtvater allen religiösen Beistand leistete, und befahl ihm, seiner geliebten Gemahlin Clotilde das Opfer bekannt zu machen, welches er Gott mit dem Leben seiner zärtlich geliebten Gattin darbrachte.
Seine Worte sind zu rührend und erbauend, als daß sie hier keinen Platz finden sollten. „Mein Vater! sprach er zu P. Marian, wenn die seligste Jungfrau ihres einzigen Sohnes, der zugleich Gottes Sohn war, sich beraubt sehen musste, um den Willen des himmlischen Vaters zu erfüllen: wie könnte ich mich weigern, mit ihr meinen Augapfel, meine Stütze ihm zum Opfer zu bringen? – Ich bin also bereit, meine noch einzige Freude Gott als Opfer hinzugeben!“
Als P. Marian diese Worte des Königs der sterbenden Clotilde verkündete, ward sie beruhigt, und zum Staunen aller Anwesenden rief sie aus: „O mein Vater! welche Freude! welche Ruhe genieße ich nun! Jetzt habe ich nichts mehr zu verlangen als das Paradies!“ Und dieses ward ihr auch zu Teil, als sie am 7. März 1802 ganz ruhig und sanft im Herrn entschlief. (Ihr Leben von Abt Bottiglia.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 567 – Sp. 574
(*) Papst Pius VII. erklärte sie im Jahre 1808 am 10. April für »ehrwürdig«.