Heiliger Bernhardin von Siena Missionar

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

20. Mai

Der heilige Bernhardin von Siena steht in seiner Zelle; in den Händen hält er ein großes Kreuz, eine Leiter, ein Speer sowie ein Buch; an der Wand steht einKniepult zum Beten und Lesen

Der heilige Bernhardin von Siena

Der heilige Bernhardin (= der kleine Bernhard), zu seiner Zeit nach dem Zeugnis des römischen Martyrologiums durch Lehre und Beispiel das Licht Italiens, wurde zu Massa im Gebiete von Siena in Italien den 8. September 1380 geboren; daher sein Beiname. Seine vornehmen Eltern verlor er frühzeitig; deswegen wurde er der Obsorge seiner frommen Base übergeben, die ihn durch ihr gutes Beispiel, ihre Belehrungen und Abhaltung von bösen Beispielen zu allem Guten erzog. Diese fromme Erziehung und seine treue Mitwirkung mit der göttlichen Gnade halfen bald dem Bernhardin im Jünglingsalter zur Herrschaft über seine sinnlichen Neigungen. Als Knabe hatte er seine Freude am Gebet, Lernen und Kirchenbesuch. Er pflegte andern Knaben dasjenige, was er in der Predigt gehört, ganz ordentlich mit solcher Geschicklichkeit vorzutragen, daß auch Erwachsene sich darüber verwunderten. Aus allen seinen Reden, Tun und Lassen leuchtete eine besondere Liebe zur Sittsamkeit hervor, und eine englische Reinigkeit. Als Jüngling spiegelte sich auf seinem Angesicht die Unschuld so lebhaft ab, daß bei seiner Ankunft seine Mitschüler die unschamhaften Reden, wenn sie solche führten, unterbrachen und sich zuriefen: „Still! Still! Bernhardin kommt!“ Einem erwachsenen Mann, der sich nicht schämte, unkeusche Reden zu führen, gab er eine kräftige Ohrfeige. Seine Tante Diana hatte eine sehr gottesfürchtige Tochter, Tobia mit Namen, welche Bernhardin zu Zeiten besuchte, um geistliche Lehren zu empfangen. Zu dieser sagte einst der heilige Jüngling: er wäre bis in den Tod verliebt in eine schöne Jungfrau; wenn er selbe nicht täglich besuchte, so könnte er weder Tag noch Nacht Ruhe haben. Die fromme Tobia entsetzte sich über diese Rede, ließ sich jedoch nichts merken, sondern schlich ihm heimlich nach, um zu erfahren, wer diese Jungfrau sei, und wo sie wohne; erkannte aber bald zu ihrem größten Trost, daß diese keine andere sei, als die seligste Jungfrau Maria; denn es stand auf einem Stadttore zu Siena ein ungemein annehmliches Bild der Mutter Gottes. Zu diesem begab sich Bernhardin täglich, als er dort studierte, und rief sie um ihre Fürsprache an in den Gefahren der Unschuld. In dieser Absicht fastete er alle Samstage und verrichtete viel andere gute Werke.

20 Jahre alt, pflegte er vier Monate lang die mit der Pest behafteten Personen in dem Spital freiwillig mit größter Liebe und bewog durch sein Wort und Beispiel auch andere, das gleiche furchtlos zu tun. Man nannte ihn den Spital-Engel. Zwei Jahre danach verteilte er seine Güter unter die Armen und begab sich dem Rufe Gottes folgend, bei den Observanten in den Orden des heiligen Franziskus von Assisi. Zwei Jahre nach abgelegter Profeß ernannten ihn seine Oberen zum Prediger, und dieses Amt versah er fast bis an sein Ende. Seine schwache und heisere Stimme heilte die Mutter Gottes, welche er innig verehrte, wunderbar. Beinahe täglich predigte er einmal, bisweilen auch öfters mit solchem Eifer und Nachdruck, daß man ihm den Namen eines Apostels von Italien einstimmig beilegte. Fast in allen Städten verlangte man ihn, und er musste von einer zur andern sich begeben. Der Zulauf von Zuhörern war so groß, daß er öfters unter dem freien Himmel predigen musste, weil die Kirche viel zu klein waren. Er predigte mit apostolischer Freimütigkeit wieder die öffentlichen Missbräuche und Laster mit großem Nutzen. Zu einer gewissen Stadt stellte er den Seelenschaden, welcher aus dem Würfel- und unmäßigen Kartenspiel entsteht, so nachdrücklich vor, daß in dieser Stadt niemand mehr spielte. Ein Krämer, der sich mit Verfertigung solcher Waren bis dahin ernährt hatte, beklagte sich bei dem heiligen Mann, daß ihm auf solche Weise seine Nahrung entzogen würde. Der Heilige ermahnte ihn zum Vertrauen auf Gott und riet ihm, er sollte den heiligsten Namen Jesus malen, oder auf andere Weise vorstellen und feilbieten; denn die Verehrung und Anrufung desselben pflegte der Heilige in vielen Predigten seinen Zuhörern anzuempfehlen. Der Apostel Italiens zeigte auf der Kanzel seinen Zuhörern den hl. Namen Jesus, auf einem Täfelchen mit goldenen Buchstaben gemalt, weil ihm derselbe in solcher Gestalt einmal, von Sonnenstrahlen umgeben, erschienen war. Der Krämer kam dem Rate nach und bekannte später, er hätte daraus weit mehr Gewinn gezogen, als aus den Karten und Würfeln. Außer seinen Predigten stiftete der heilige Bernhardin sehr viel Gutes in den Klöstern; in ihnen erneuerte er den Geist des heiligen Stifters und die alte Glut der Liebe, der Armut und Demut.

Unter den Tugenden diese Heiligen leuchteten besonders hervor seine Demut, Geduld und Reinigkeit. Dreimal wurden ihm ansehnliche Bistümer angetragen, und einmal von dem Papst selbst; er schlug aber dieselben mit größter Standhaftigkeit aus, indem er sagte: „Er hoffe mehr Gutes durch seine Predigten wirken zu können.“ Mehr als einmal wurde er bei der geistlichen Obrigkeit, ja bei dem Papst selbst verklagt und einer Irrlehre beschuldigt. Von andern, deren Laster er in seinen Predigten gerügt hatte, wurde er auf das Empfindlichste verleumdet und verfolgt; dennoch sah man ihn niemals verstört, niemals ungeduldig. Er widerlegte die falschen Anklagen und empfahl das übrige Gott dem Herrn. Als er zum ersten Male zu Siena mit dem Bettelsack über die Gassen ging, liefen ihm und seinem Gefährten einige mutwillige Buben nach, verspotteten und verfolgten ihn mit Kot- und Steinwürfen. Sein Gefährte fing zu murren an; der Heilige aber sprach: „Bruder! Laß den Knaben ihre Freude. Sie helfen uns auf diese Weise durch Geduld den Himmel erwerben.“ Zur Zeit, da er in Siena Almosen sammelte, wurde er von einer adeligen Frau in ihr Haus gerufen. Der Heilige glaubte, die Frau würde ihm ein reichliches Almosen geben wollen, musste aber etwas ganz anderes erfahren. Die Unverschämte reizte den keuschen Ordensmann zu dem abscheulichsten Laster mit der Drohung, wenn er nicht einwillige, so wolle sie überlaut schreien und vorgeben, er hätte ihr Gewalt antun wollen. Bernhardin erblaßte vor Schrecken und wußte nicht, wie er dieser Gefahr entgehen könnte, wendete seine Augen zum Himmel und bat um Rat und Beistand. Auf einmal ganz beherzt, zog er seine sehr scharfe Geißel hervor und schlug auf die unverschämte Person so kräftig los, daß dieser bald die böse Lust verging. Auf diese Weise rettete er damals seine Unschuld und seinen guten Ruf.

Als sein Lebensende nahe war, befand er sich auf dem Wege in das Königreich Neapel, um da zu predigen. Unweit von der Stadt Aquila ergriff ihn ein heftiges Fieber. Der heilige Cölestinus, Schutzpatron dieser Stadt, erschien ihm und zeigte ihm an, daß seine letzte Stunde nahe sei. Der heilige Missionar erfreute sich über diese Botschaft; er empfing die heiligen Sakramente mit größter Andacht, verlangte dann auf die mit mit Asche bestreute Erde gelegt zu werden, richtete seine Augen zum Himmel empor und starb am 20. Mai im Jahre 1444. Sechs Jahre nach seinem Tode wurde er schon wegen der Menge der Wunder, welche Gott auf dessen Anrufung gewirkt hatte, vom Papst Nikolaus V. in dasVerzeichnis der Heiligen gesetzt. Er verfaßte auch herrliche Schriften. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 373 – S. 376

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