Heiligenkalender
17. August
Der heilige Hyacinth Apostel des Nordens
Haycinth, der Apostel des Nordens und einer der verdienstvollsten Männer seines Jahrhunderts, wurde 1185 zu Kamin im polnischen Schlesien aus dem gräflichen Geschlecht Odrowasz. Sein frommen Eltern sparten nicht Opfer und Sorgfalt, dem talentvollen Knaben eine wissenschaftliche und noch mehr eine religiöse Erziehung zu geben. Hyacinth lohnte ihnen ihre Güte mit unerwarteten Fortschritten im Unterricht, mit inniger Liebe zu Gebet und kindlicher Verehrung der gnadenvollen Mutter Gottes; er war ein Engel an Unschuld und blieb ein solcher auch auf den Hochschulen zu Prag und Bologna, wo er mit Auszeichnung die Doktorwürde im Kirchenrecht und in der Theologie erhielt. Zum Priester geweiht, wurde er von seinem Onkel Ivo, welcher inzwischen den bischöflichen Stuhl von Krakau bestiegen hatte, an der dortigen Domkirche angestellt.
Damals machten die heidnischen Preußen häufige Einfälle in Polen, zerstörten katholische Kirchen, mißhandelten die Priester und wüteten mit Feuer und Schwert. Deshalb reiste Ivo nach Rom, um aus dem frisch blühenden Dominikanerorden Missionare zu holen; der junge Hyacinth durfte ihn begleiten. Der hl. Dominikus, der gerade in Rom war, konnte der Bitte des Bischofs nicht entsprechen, weil er keine der polnischen Sprache mächtige und überhaupt viel zu wenig Ordenspriester hatte. Da entschloss sich Hyacinth zu dem heroischen Opfer, sogleich Dominikaner zu werden und sich für diese so gefährliche Mission bereit zu erklären. Sein Bruder Ceslaus und zwei deutsche Edelleute folgten seinem Beispiel.
Nachdem diese vier Jünglinge ihr Noviziat in Rom vollendet, schickte sie der hl. Dominikus auf die Mission unter Anführung des Hyacinth. Schon auf dem Wege wirkten ihre Predigten so mächtig, daß das Volk von Kärnten dringendst ein Dominikaner-Kloster zu besitzen wünschte, und der Erzbischof von Salzburg sofort das Gebäude dazu erstellte.
In der Heimat zu Krakau wurden die neuen Ordensmänner mit großen Ehren empfangen; man gab ihnen eine der schönsten Kirchen und baute sogleich ein geräumiges Kloster. Hyacinth strebte vor Allem seine Selbstheiligung an, fastete sehr streng bei Wasser und Brot, versagte sich jede Bequemlichkeit, schlief sehr wenig und nur auf dem Boden. Am Tage war er in der Kirche, auf der Kanzel, im Beichtstuhl, am Krankenbett; in der Nacht betete und studierte er. Bei aller Strenge gegen sich selbst achtete er sorgsam auf Sauberkeit seines Habits und auf edlen anstand im äußern Benehmen; er war so teilnehmenden Gemütes, daß er immer mit den Trauernden aufrichtig trauerte und kein Mittel unversucht ließ, ihnen Trost und Hilfe zu bringen. Weil er in den verschiedensten Vorkommnissen weisen Rat und wirksame Erquickung wußte, genoß er bei dem hohen Adel wie beim gemeinen Volk unbegrenztes Zutrauen. Seine Predigten waren mit so herrlichen Früchten gesegnet, daß man das Leben der ersten Christen wieder aufblühen sah.
Um diese Zeit wurde Hyacinth mit der ersten gnadenvollen Erscheinung der seligsten Gottesmutter beglückt, die ihn unbeschreibliche Seligkeit verkosten ließ, und empfing von ihr die Versicherung, daß er Alles, um was er in ihrem Namen Jesum bitte, erhalten werde. Im Vertrauen auf diese Zusicherung wirkte er von da an viele Wunder.
Sein brennender Eifer bewog ihn zu weiteren Missionsreisen nach Preußen, Pommern und an die Ufer der Ostsee; er gründete Klöster und Schulen, und die trefflichen Männer, die als Priester und Bischöfe aus denselben hervor gingen, waren die Beweise seiner außerordentlichen Wirksamkeit. Dann setzte er über`s Meer nach Schweden, Norwegen und Gotland, wo er viele Heiden für das reich Gottes gewann. Auf der Rückreise besuchte und befestigte er seine Eroberungen, wandte sich nach dem heutigen Galizien, vereinigte die schismatischen Griechen mit der römischen Kirche und stiftete zwei Ordenshäuser in Lemberg und Halitz. Dann drang er vorwärts bis an das schwarze und kaspische Meer, von wo er sich wieder gegen Norden wandte und in Schwarz- und Groß-Russland das Evangelium predigte.
In Kiew, der alten, prachtvollen Hauptstadt des Landes, arbeitete er fünf Jahre lang unermüdlich. Je größer die Ernte war, die vor ihm reif stand, desto mehr fastete und betete er. Da brachen die wilden Tataren in Russland ein, die überall durch ihre Grausamkeit Schrecken verbreiteten; sie umlagerten wie eine schwarze Gewitterwolke Kiew. Trotz der tapfersten Gegenwehr nahmen sie im Sturm die Stadt. Hyacinth feierte eben das heilige Messopfer, als die Feinde die Kloster Pforte zertrümmerten. Furchtlos nahm er das heiligste Sakrament aus dem Tabernakel in die eine Hand, das hoch verehrte Muttergottes-Bild von Alabaster auf den andern Arm, schritt im priesterlichen Gewand mitten durch die Tataren, ohne daß sie ihm das geringste Leid antun konnten, ging trockenen Fußes über den breiten Fluss Dniepr und kam glücklich in Krakau an.
Nur kurzes Ausruhen von seinen Arbeiten und Leiden gönnte er sich im Kreise der Seinen, wenn man sein fortgesetztes Beten, Fasten und Wachen in der Klosterzelle ein Ausruhen nennen darf; dann brach er wieder auf, besuchte die in Preußen und Pommern gegründeten Klöster und Anstalten, und ermunterte die jungen Christen-Gemeinden zur beharrlichen Nachfolge Jesu.
Kaum war dieses wichtige Geschäft abgetan, so drängte ihn die glühende Sehnsucht, für Jesus neue Anbeter zu suchen, zu weiterer Missions-Tätigkeit. Obwohl schon vorgerückt im Alter, durchwanderte er noch das Innere von Asien bis nach China, immer zu Fuß, ohne Führer, ohne Dolmetsch, ohne Geld, ohne Gepäck, nur den Rosenkranz in der Hand und den lieben Gott im Herzen. Die Leiden und Früchte dieser Reise, welche vierzehn Jahre dauerte und viele tausend Meilen weit sich erstreckte, sind nur dem allwissenden, allgegenwärtigen und treuen Vergelter bekannt. Ganz erschöpft kehrte der fleißige Arbeiter heim nach Krakau als ein Greis von 72 Jahren, legte sein müdes Haupt nieder zur Ruhe, hatte noch eine Erscheinung der Himmelskönigin Maria, umgeben von glänzenden Engeln, und starb am 15. August 1257. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 605 – S. 606