Heiligenkalender
27. März
Der heilige Johannes Damascenus, Kirchenvater
Bis zum Jahre 673 befand sich die Stadt Jerusalem mit den heiligen Orten, wo Jesus gelitten und gestorben, in den Händen der Christen; ebenso auch die Stadt Damaskus, wohin einst der hl. Paulus, als er noch ein Saulus, gezogen, um die Christen zu verfolgen. Im Jahre 637 wurde Jerusalem von den ungläubigen Arabern erobert und bald darauf auch Damaskus, wo die Kalifen oder Oberherren der Araber ihren Sitz aufschlugen und die Christen hart bedrückten.
In dieser Stadt erblickte Johannes das Licht der Welt, daher sein Beiname Damascenus. – Seine Eltern, edel und reich, waren treue Anhänger Jesu und verwendeten all ihr Vermögen auf Verpflegung der Armen und Loskaufung der gefangenen Christen-Sklaven. Dies und ihre Rechtschaffenheit gewann ihnen die Achtung des Kalifen, der den Vater des Johannes zum Geheimschreiber erhob. Unter den Augen seiner Eltern wuchs Johannes in aller Gottesfurcht auf; ein frommer Ordensmann, namens Kosmas, war sein Erzieher. Er wurde auf dem Sklavenmarkt von einem Araber zum Verkauf angeboten; da sah ihn der Vater des Johannes, kaufte ihn los und übergab im seinen Sohn. Unter der Leitung des frommen Kosmas reifte Johannes zu einem tugendhaften und gebildeten Mann heran. Auch ihn schätzten die Araber hoch wie seinen Vater, und der Kalif übertrug ihm sogar die Würde eines Statthalters von Damaskus. Am zeitlichen Glück fehlte es Johannes nicht, alle Wünsche konnte er befriedigen, jede Freude genießen, aber dennoch fühlte er sein Herz leer und ohne wahren Frieden. Er betrachtete nämlich die Vergänglichkeit alles irdischen Glückes und tief nahm er sich zu Herzen das Wort des Herrn: „Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, aber an seiner Seele Schaden leidet.“ Die Furcht, seine Seele zu verlieren, trieb ihn an, in der Einsamkeit dem ewigen Herrn und höchsten König zu dienen; deshalb legte er auch seine Würde nieder, verteilte alle seine Güter unter die Armen und Gotteshäuser und begab sich in der Stille zur Einsiedelei des heiligen Sabas bei Jerusalem. Sein Begleiter war sein Erzieher, der fromme Kosmas. – Der Obere der Einsiedler nahm ihn mit Freuden auf und übergab ihn der Leitung eines tüchtigen Ordensmannes, der ihn in seine Zelle führte und folgende Regel gab, die auch du, lieber Leser, zu Herzen nehmen mögest.
Nie, sprach er, darfst du deinen eigenen Willen tun; lerne dir selbst in Allem absterben und trenne dein Herz los von den Geschöpfen. –
Opfere Gott deine Handlungen, Leiden und Gebete immer auf. Sei nie stolz auf deine Kenntnisse oder einen andern Vorzug, sondern überzeuge dich immer mehr, daß du aus dir selber schwach und unwissend bist. Entsage aller Eitelkeit; mißtraue deiner eigenen Einsicht und verlange nie Erscheinungen oder außerordentliche Gunstbezeugungen vom Himmel. Beobachte ein strenges Stillschweigen und bedenke, daß man selbst, wenn man ohne Notwendigkeit auch Gutes redet, sündigen kann.“
Diese Lehren befolgte nun Johannes treu und bald machte er große Fortschritte auf dem Weg der Gottseligkeit. Er musste aber auch von seinem Lehrer strenge Prüfungen aushalten, um ihn an vollkommenen Gehorsam zu gewöhnen. Eines Tages befahl er ihm, acht Stunden weit nach Damaskus zu gehen und dort Körbe zu verkaufen, welche die Mönche geflochten hatten. Er verbot ihm aber, sie wohlfeiler zu geben als um den bestimmten Preis, der sehr hoch war. Der heilige Johannes gehorchte ohne Murren, nahm die Körbe auf den Rücken und ging in die Stadt, wo er früher eine so hohe Stelle bekleidet hatte. Er bot seine Körbe feil; wegen des übermäßigen Preises aber, den er forderte, wurde er verlacht und verhöhnt; er aber schwieg und duldete Alles, niemand wollte ihm abkaufen; da erbarmte sich seiner ein ehemaliger Bedienter seines Hauses und kaufte ihm die Körbe um den festgesetzten Preis ab. Auf diese Weise überwand Johannes die Eitelkeit und übte die schöne Tugend der christlichen Demut.
Als sein Lehrer sah, wie vollkommen Johannes jede Tugend übte, hielt er ihn der Würde des Priestertums wert und erlaubte ihm auch zur Erbauung des Nächsten und zum Besten der Kirche nützliche Bücher zu schreiben.
Nun war auch die Zeit gekommen, wo Johannes sein Licht leuchten lassen sollte. – Der rohe, ungebildete Kaiser Leo, der Isaurier, hatte es gewagt, die Verehrung der Bilder der Heiligen zu verbieten und sie aus den Kirchen entfernen zu lassen: ja er befahl sogar unter Todesstrafe, daß alle Bilder aus Häusern und Kirchen weggenommen und verbrannt oder zerstört werden sollten. Sogleich ergriff Johannes die Feder, um gegen dieses wahnsinnige Unternehmen des Kaisers zu schreiben und die Verehrung der Bilder zu verteidigen. Ja er blieb dabei nicht stehen! Er verließ seine geliebte Einsamkeit und durchreiste das heilige Land, um die Gläubigen, welche treu an dem alten Gebrauch der Kirche fest hielten und schwer verfolgt wurden, im Glauben zu stärken. –
Obschon der Kaiser Todesstrafe auf die Verteidigung der Bilder-Verehrung gesetzt hatte (siehe Bilderstreit), so ging er doch selbst nach Konstantinopel, um sich den Feinden der Bilder zu widersetzen und den Martertod dafür zu sterben. Doch Gott hatte es anders beschlossen; man tat ihm nichts zuleide und unversehrt kehrte er wieder in seine Zelle zurück, wo er im Jahre 780 im Frieden starb. –
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 1, 1904, S. 718 – S. 720