Heiligenkalender
13. Oktober
Der heilige Eduard König von England
Lieblich und ehrwürdig ist die Sanftmut, auch wenn sie nur an einem armen Kinde, an einem gemeinen Taglöhner, an einer einfachen Dienstmagd blüht: aber viel ehrwürdiger und lieblicher ist sie auf den höhen des Glückes, wenn sie Fürsten und Könige ziert. Ein solcher Fürst, in welchem der Glanz der reinsten Sanftmut mit der Größe der königlichen Macht gewetteifert hat, war der hl. Eduard, der Sohn Ethelred`s II., Königs von England, und der Emma, Herzogin der Normandie. Da der Dänenkönig Kanut seinem Vater Reich und Leben nahm, musste Eduard noch als Kind sich nach der Normandie flüchten, wo er am herzoglichen Hofe wegen seines frommen Sinnes, wegen seiner Sanftmut und Bescheidenheit sich die Liebe Aller erwarb.
Inzwischen schmachteten die Engländer unter dem drückenden Joch der Dänen. Mord und Krieg drängte sie an den Rand der Verzweiflung. Nur ein süßer Hoffnungs-Stern leuchtete ihnen: der Tugendglanz des Sohnes ihres ehemaligen Königs. Als wieder ein Thronwechsel stattfinden sollte, vereinigten sie sich und setzten ihre Krone auf das Haupt Eduard`s am heiligen Osterfest 1042.
Der neue König bestieg den Thron seines Vaters mit dem Grundsatz: „Der Wohlstand eines Reiches hängt von dem guten Zustand seiner Religion ab, und das beste Mittel, ein Volk glücklich zu machen, besteht in der Pflege des Gottesdienstes und der Gottesfurcht.“ Bereit, lieber das Land wieder zu verlassen, als das Blut eines einzigen Menschen zu vergießen, regierte er so, daß die Geschichte ihm nachrühmt: „Mit seiner Ankunft schien der Boden fruchtbarer, die Luft gesünder, das Meer ruhiger zu werden.“ Huldvoll gegen alle, mitleidig mit den Bedrängten, freigebig gegen die Armen, lebte er für sich höchst einfach und verwendete seine Einkünfte dazu, die Wunden der früheren Kriege zu heilen, die Kirchen zu schmücken, neue Schulen und Klöster zu gründen und wohltätige Anstalten zu stiften. Die Gesetze, welche er dem Volke gab, stehen jetzt noch in Kraft, ein ehrwürdiges Zeugnis seiner Milde und Weisheit.
Auf das Bitten und Drängen des Volkes und des Adels heiratete Eduard, der schon als Jüngling ewige Keuschheit gelobt hatte, dies aber seinen Untertanen nicht offenbaren wollte, die fromme und geistvolle Gräfin Editha, und bewog sie zu der freudigen Zustimmung, mit ihm in jungfräulicher Ehe zu leben.
Damals wurden noch keine regelmäßigen Steuern eingezogen, sondern nur in Kriegszeiten und Notfällen erhoben. Da die Mächtigen des Reiches die grenzenlose Mildtätigkeit ihres Königs kannten und sicher glaubten, seine Kasse müsse geleert sein, so besteuerten sie ohne sein Wissen die Untertanen bis zu einer bedeutenden Summe und brachten ihm dieselbe als freiwillige Gabe zur ferneren Ausübung seiner Freigebigkeit. Eduard sprach seine innigste Freude über den guten Willen der lieben Untertanen aus, gab aber Allen, welche beigesteuert hatten, ihr Feld wieder zurück. Ein noch rührenderes Denkmal seiner Liebe und Demut ist folgende Begebenheit. Ein armer Irländer, gelähmt an beiden Füßen, schleppte sich an den Weg, wo Eduard, von vielen Bischöfen und Grafen begleitet, vorbei zog, und rief: „Majestät, ich habe schon oft in der nahen Kirche den hl. Petrus um meine Heilung gebeten und von ihm die Antwort erhalten, daß ich erst dann werde geheilt werden, wenn mich der König selbst auf seinen Schultern in die Kirche bringe.“ Eduard beugte sich freundlich zu dem Bittenden nieder und hob ihn auf seine Schultern. Die Hofherren lachten bei diesem Schauspiel, einige spotteten über des Königs Leichtgläubigkeit, andere witzelten über dessen Missachtung seiner Würde; er aber trug freudig die Last zur Kirche und – sogleich war der arme Mann geheilt.
Eine besondere Verehrung hatte Eduard gegen den hl. Evangelisten Johannes, den Jünger der Liebe und der Jungfräulichkeit. Niemanden schlug er eine Bitte ab, der ihn im Namen des hl. Johannes anflehte. Einmal bat ihn der hl. Johannes selbst in Gestalt eines Armen um ein Almosen. Eduard, der gerade kein Geld bei sich hatte, schenkte ihm den Siegelring vom Finger. Bald darauf stellte ihm der hl. Johannes den Ring zurück und kündigte ihm den Tag seines nahen Todes an. Wirklich erkrankte der König und empfing mit großer Feierlichkeit und glühender Andacht die hl. Sterbesakramente. Dann empfahl er die Königin, seine teure Gemahlin, der Liebe und dem Schutze der Großen des Reiches, welche stumm vor Schmerz und Trauer ihn umstanden, beteuerte deren unversehrte Jungfräulichkeit und schloß seine milden Augen am 5. Januar 1066 im 64 Lebensjahr. Wohl kaum wurde je ein Fürst von seinen Untertanen so herzlich beweint, wie König Eduard von seinem ganzen Volke. An seinem Grabe in der von ihm erbauten prachtvollen Klosterkirche Westminster zu London geschahen viele Wunder. Seine Leiche, als sie im Jahre 1102 erhoben und von König Wilhelm, dem Eroberer, in einen prachtvollen Sarg gelegt wurde, zeigte gar keine Spur der Verwesung.
Papst Alexander III. nahm ihn im Jahre 1161 in das Verzeichnis der Heiligen auf, und ein Nationalkonzil zu Oxford im Jahre 1220 verordnete, daß das Andenken an den heiligen Eduard alljährlich am 13. Oktober durch einen gebotenen Feiertag in ganz England geehrt werde. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 760 – S. 761