Wirkungen der heiligmachenden Gnade

Die Wirkungen der heiligmachenden Gnade

Man kann sich wahrhaft nicht satt sehen und hören bei dem so ergreifenden Schauspiel, in welchem die erst im zwölften Frühling blühende Christina die Hauptrolle so meisterhaft spielt. Wie natürlich ist ihr herzliches Mitleid mit den blutenden Christen, die ihr Vater martern ließ! Wie übernatürlich ihre Weisheit, mit der sie die metallenen Götzenbilder zerschlägt und die Armen, die lebendigen Ebenbilder des ewigen Gottes, damit ehrt! Wie überaus lieblich ihr Freudengesang in der eisernen Wiege, im glühenden Ofen, unter den zischenden Schlangen! Die Ursache dieser erstaunlichen Wirkungen ist – die heiligmachende Gnade. Denn:

1. Die heiligmachende Gnade, durch deren Empfang der Mensch der göttlichen Natur und Wesenheit teilhaftig wird (2. Petr. 1,4), bewirkt in der Seele die drei göttlichen Tugenden, die drei übernatürlichen Fähigkeiten, an Gott den Vater zu glauben auf Jesus Christus, den Erlöser und Seligmacher zu hoffen, den heiligen Geist in in Ihm zugleich den Vater und den Sohn zu lieben, und nach einer kleinen Weile, wenn sie den noch nicht verklärten Körper ablegen kann, die beseligende Anschauung Gottes zu genießen. Der englische Lehrer Thomas von Aquin erklärt diese Wirkung der heiligmachenden Gnade sehr anschaulich in folgender Weise: „Gleich wie die natürliche Gnade, durch welche der Mensch ein Mensch wird, ihm die Kräfte und Fähigkeiten mitteilt, dasjenige zu tun und zu erreichen, was er als Mensch tun und erreichen soll; ebenso teilt ihm die heiligmachende Gnade, durch welche er eine neue Kreatur, ein Kind Gottes wird, die Kräfte und Fähigkeiten mit, vermittelst deren er das zu tun und und zu erreichen im Stande ist, was er als Kind Gottes zu tun und zu erreichen bestimmt ist, nämlich ewig in Gott glückselig zu sein.“ Bezeuge der Barmherzigkeit Gottes deinen Dank für diese Gnade dadurch, daß du deine natürlichen triebe und Neigungen durch lebhafte Akte des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe reinigst und heiligst.

2. Die heiligmachende Gnade bewirkt in der Seele zugleich auch die vier Kardinal-Tugenden: die Klugheit, die Gerechtigkeit, die Mäßigkeit und den Starkmut, mittels deren sie ihr Benehmen gegen den Nächsten – Freud oder Feind – und gegen sich selbst dem heiligen Willen Gottes gemäß zu regeln vermag. „Gleich wie von der Sonne“, sagt treffend der hl. Antonius, „die Strahlen ausgehen, welche die Erde erleuchten und beleben; so fließen aus der heiligmachenden Gnade alle Tugenden, welche die Seele veredeln und ausschmücken.“ Bewundere doch die Güte Gottes, der dich nicht bloß als sein Kind angenommen und befähigt hat, Ihn zu erkennen, Ihm dein volles Vertrauen zu schenken, Ihn aus allen Kräften zu lieben, sondern dir auch besondere Kräfte gegeben hat, als Glied der Gemeinde, in der du lebst, und in dem Stande, welchen du in derselben einnimmst, wohltuend, erbauend, heiligend auf deine Mitchristen einzuwirken. Benütze treu und standhaft diese dir von Gott geschenkten übernatürlichen Kräfte und Gnaden, wie die hl. Christina, damit Christus in dir und du in Christus verherrlicht werdest. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 554 – S. 555

Tags: Gnade

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