Heiligenkalender
25. Juli
Seliger Balthasar Alvarez, Jesuit
Der gottselige Balthasar war ein Mitglied des Jesuitenordens, also von der Regel dieses Ordens schon verpflichtet, Maria, die glorwürdige Jungfrau, zu verehren; aber bei ihm bedurfte es keiner Verpflichtung, ihn trieb von Kindheit an die Liebe zur Gottesmutter, sie mit aller Glut der Andacht zu ehren und ihr ergebenster Diener zu sein.
Geboren zu Cervera, einer Stadt Spaniens, war schon in seiner zartesten Jugend seine gewöhnlichste und liebste Beschäftigung, im elterlichen Haus Altäre zu bauen und zu schmücken, kleine Kreuze zu verfertigen und die Litanei der Lieben Frau zu singen und andere Gebet zu Jesus und Maria zu sprechen. – Nachdem er auf der Hochschule zu Alkala seine Studien vollendet hatte, trat er in den Orden der Jesuiten. – Schon bei seinem Eintritt sagte er mit größtem Ernst zu sich selbst: „Ich will ein heiliger Novize sein“, und oft hörte man ihn dann sagen: „Ich will bis zu meinem Tod ein heiliger Religiose bleiben“ Und mit der Gnade Gottes hielt er auch Wort. –
Durch die zwei Flügel „Gebet und Abtötung“ erschwang er sich bald zu den hohen Stufen der Vollkommenheit. Sein Verlangen nach dem Gebet glich dem heftigsten Durst, besonders aber war es das bittere Leiden des Herrn, das er Tag und Nacht betrachtete; er trug wahrhaft Jesus, den Gekreuzigten, in seinem Herzen. Um aber seinen Geist immer auf Jesus, den Gekreuzigten, gerichtet zu halten, suchte er der Welt gänzlich abzusterben. Er pflegte zu sagen: „Ein Ordensmann müsse sein wie der Priester Melchisedech, ohne Vater, ohne Mutter, ohne Verwandte; daher er denn nur durch den gehorsam gezwungen werden konnte, seine Eltern zu besuchen. Unaufhörlich tötete er seine Sinne, besonders seine Augen ab. Als er einst bei einem Verhör der Inquisition anwesend war, hatte er einen Platz, welcher ihm nicht erlaubte, die Angeklagten oder die Richter anzuschauen, ohne zugleich eine Anzahl Frauen zu sehen, welche ihm gerade gegenüber eine Bühne besetzt hatten. Da ihm dieses unschicklich vorkam und Unruhe verursachte, so zog er aus der Tasche ein Bildchen der allerseligsten Jungfrau hervor, welches er beständig bei sich trug und vertiefte ich so mit Aug und Herz in die Betrachtung desselben, daß er von allem, was vorgegangen war, Nichts verstanden und während des Verhöres von sieben vollen Stunden das Bild nie aus den Augen verlor. –
Wie groß und glühend aber seine Liebe und Verehrung gegen die allerseligste Jungfrau gewesen, beweist der Hass und die Verfolgung, welche er von Seite des bösen Feindes auszustehen hatte. Einst rief ihm derselbe zu: „Höre auf das Weib zu verehren, welches du Maria nennst, und ich will aufhören, dich zu verfolgen.“ Der fromme Balthasar aber hütete sich, dieser teuflischen Einflüsterung zu folgen, vielmehr sah er hierin einen Grund mehr, bei dieser Andacht zu verharren und alle Gelegenheit zu benutzen, um dieselbe zu verbreiten und zu vermehren. Hierin aber hatten zwei Tatsachen ihren Grund, die nicht mit Stillschweigen übergangen werden dürfen.
Zu Loreto wird bekanntlich das heilige Haus von Nazareth verehrt, wo Maria den göttlichen Heiland empfing und wo sie mit dem Kindlein Jesu wohnte. Es ist dies einer der heiligsten Orte, die es auf Erden gibt, und deshalb wallfahrten die Gläubigen aus allen Ländern dahin, um dort ihre Andacht zu verrichten. Pater Balthasar konnte sich nicht entschließen, in Italien zu weilen, ohne dieses Heiligtum zu besuchen. Er begab sich also dahin und brachte daselbst mit seiner gewöhnlichen Andacht mehrere Stunden im Gebet zu. Von den Gnaden, welche er von der bekannten Freigebigkeit der Gottesmutter dort erhielt, entdeckte er zwar nichts, es entfiel ihm jedoch eine Äußerung, als er einige Jahre später an einer schweren Krankheit zu Valladolid lebensgefährlich darnieder lag. Als ihn nämlich ein anderer Pater ermunterte, sich dem heiligen Joseph, dessen Bild er ihm vorhielt, zu empfehlen, antwortete der Kranke: „Sie haben Recht, gerade dasselbe hat mir bei einem gewissen Anlass die Mutter Gottes gesagt.“ Erstaunt über diese Antwort, wandte sich der Pater an den Bruder Krankenwärter und fragte ihn, ob er etwas von der Andacht des Kranken zu dem heiligen Joseph wisse. Der Krankenwärter war damals gerade der Bruder Sancio, welcher Balthasar auch auf seiner Reise nach Loreto begleitet hatte. Dieser antwortete: „Ich erinnere mich, daß der Pater Balthasar mir beim Herausgehen aus dem heiligen Haus zu Loreto sagte, die allerseligste Jungfrau habe ihm eine große Andacht gegen den heiligen Joseph eingeflößt.“ Diese Andacht des Paters Balthasar zum heiligen Joseph, die ihm die Mutter Gottes einflößte, ist ein deutlicher Beweis seiner Liebe zu ihr. Denn, wie der Sohn Gottes seine Freunde zu der Verehrung seiner heiligsten Mutter anhält, und diese für einen Beweis ihrer Liebe gegen ihn nimmt; ebenso flößt die göttliche Mutter denen, die sie lieben, die innige Andacht gegen ihren Bräutigam Joseph ein und sieht hierin einen Beweis ihrer Ehrfurcht und Liebe gegen ihn selbst.
In seinem letzten Lebensjahr wurde Balthasar von seinen Oberen zum Provinzial von Toledo ernannt. Alsbald reiste er dahin ab. Die Väter dortselbst kannten ihn nur vom Hörensagen, und sahen seiner Ankunft mit Schrecken entgegen, weil man ihnen gesagt hatte, als sei er gegen andere ebenso streng als gegen sich selbst; allein seine Demut und Sanftmut widerlegten bald dieses irrige Vorurteil. Als er das Haus betreten hatte, war seine erste Sorge, die alten Patres auf ihren Stuben aufzusuchen. Indem er sie anredete, ließ er sich vor ihnen auf die Knie nieder und küßte ihnen die Hände. Diese Demut erbaute sie alle. –
Groß war der Segen, den er auch hier verbreitete. Das Feuer der göttlichen Liebe, wovon sein Herz entbrannt war, ergriff Alle, die sein Wort annahmen und sein Beispiel machte den gewaltigsten Eindruck auf die Gemüter.
Obschon seine Gesundheit von den vielen Anstrengungen sehr angegriffen war, wollte er noch die vierzehntägige Fasten halten, welche der Papst zur Feier des Jubiläums, welches damals für die ganze Kirche ausgeschrieben war, angeordnet hatte. Dieses anhaltende fasten erschöpfte den letzten Rest seiner Kräfte und es befiel ihn ein Fieber, das die Ärzte nicht für bedenklich hielten; allein die Gefahr zeigte sich gar bald. Er wartete jedoch so lange nicht, um sich auf den Tod vorzubereiten, sondern empfing alsbald die heiligen Sterbesakramente und beschäftigte sich nur mehr mit dem Himmel. Ein Pater, der seine Seelenruhe sah, fragte ihn, ob er gern das Opfer seines Lebens bringe. „Da man ja doch einmal sterben muss“, versetzte er, „warum denn nicht heute noch?“ Obwohl seiner Sprache noch mächtig, sagte er doch kein Wort mehr, sondern die Augen zum Himmel gerichtet, lag er stille da, in tiefe Betrachtung versunken, bis ihn der Herr zu sich rief am 25. Juli 1580 im 47. Jahr seines Lebens. – (Sein Leben von Ludwig de Ponte.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Zweiter Teil, 1869, Sp. 1662 – Sp. 1667