Die Päpste werden unabhängige Fürsten
Heiliger Papst Paschalis (regierte von 817-824)
Zwei Tage nach Stephans Tod wurde Paschalis trotz seines Widerstrebens einstimmig zum Papst gewählt und sogleich geweiht. Er war der Sohn des Römers Bonosus. Von Jugend auf unter den Klerikern erzogen und in den heiligen Wissenschaften unterrichtet, wurde er unter Leo III. zum Subdiakon, Diakon und Priester geweiht. Wegen seiner Frömmigkeit und strengen Lebensweise übertrug ihm Leo die Leitung des Klosters St. Stephan in der Nähe von St. Peter. Nach seiner Weihe schickte Paschalis eine Gesandtschaft an Ludwig, um seine Wahl anzuzeigen und den bestehenden Bund zu erneuern. Der Kaiser erteilte die dem Vorgänger zugesicherte Bestätigung der Gerechtsame des Heiligen Stuhles. Es ist das die erste uns erhaltene Urkunde über den Besitzstand der römischen Kirche. Als Ludwigs Sohn Lothar, den der Kaiser zum Mitregenten angenommen hatte, nach Italien und Rom kam, setzte ihm der Papst im Dom von St. Peter die Kaiserkrone auf. Nach Lothars Abreise brach in Rom ein Aufruhr aus und zwei angesehene Männer wurden als Anhänger der fränkischen Partei ermordet, der Papst selbst der Mitwissenschaft geziehen. Paschalis reinigte sich mit einer großen Anzahl Bischöfen durch einen feierlichen Eid vor den Gesandten Ludwigs von dem Verdacht der Teilnahme an den verübten Gewalttätigkeiten, erklärte aber anderseits die Gemordeten als Majestäts-Verbrecher, die den Tod verdient hätten. Auf dieses hin wurde keine weitere Untersuchung mehr gepflogen.
Im Orient war unter Kaiser Leo dem Isaurier neuerdings der Bilderstreit (815) ausgebrochen, der auch unter seinem Nachfolger fortdauerte. Die rechtgläubigen Katholiken wurden vielfach bedrängt, die Mönche arg verfolgt. Paschalis richtete Trostbriefe an die Verfolgten und nahm viele der flüchtigen Mönchen mit opferwilliger Liebe auf.
Wie sein Vorgänger Leo III. war Paschalis darauf bedacht, zu Rom und in anderen Städten Kirchen zu restaurieren und zu schmücken. Die Kirche zur hl. Praxedis baute er von Grund aus neu auf, ebenso das durch einen Brand zerstörte englische Hospiz; das von Leo III. gegründete Hospital des hl. Peregrin, nahe bei St. Peter, und das Nonnenkloster der heiligen Märtyrer Sergius und Bachus wurden wieder hergestellt und reich dotiert. Besondere Sorgfalt wendete Paschalis der Kirche der hl. Cäcilia, infolge der Auffindung der Reliquien dieser Heiligen, zu. Seit dem Jahre 500 gab es eine Kirche der hl. Cäcilia in Trastevere, auf dem rechten Tiberufer, welche Titelkirche eines Priesters, später Titularkirche eines Kardinalpriesters war. Der Papst begann die dem Einsturz nahe Kirche zu restaurieren und gab sich viele Mühe, den Leib der Heiligen aufzufinden. Man befürchtete damals gar sehr, daß die Langobarden, welche unter dem König Aistulf im Jahre 755 die Stadt belagerten, auch diesen Leib wie so viele andere heilige Leiber aus den Cömeterien Roms mitgenommen hätten. Als der Papst eines Sonntags seiner Gewohnheit gemäß der Matutin in St. Peter beiwohnte, fiel er in einen Schlaf und sah im Traum die hl. Cäcilia, die ihm sagte, daß die Langobarden ihren Leib vergebens gesucht hätten, und daß er ihn finden werde. Er fand ihn auch wirklich an der Appischen Straße, bedeckt mit einem aus Goldfäden gewebten Kleid, zu Füßen desselben die in das Blut der Heiligen getauchten Leintücher und neben ihr ihren Bräutigam Valerianus. Paschalis ließ die heiligen Reliquien wie auch die der Märtyrer Tiburtius und Maximus und der Päpste Urbans und Lucius I. nach Rom in die Kirche der hl. Cäcilia übertragen. Zu Ehren aller dieser Heiligen gründete er neben der Kirche ein Kloster, in welchem die Mönche Tag und Nacht das heilige Offizium beten sollten. Die Kirche selbst schmückte er auf das prächtigste mit silbernen Gefäßen, deren Gesamtgewicht mehr als 900 Pfund betrug; unter anderen schenkte er der Kirche einen silbernen Tabernakel von 500 Pfund und viele kostbare Gewänder; auf einem derselben war der Engel dargestellt, wie er die Heiligen Cäcilia, Tiburtius und Valerianus krönte, eine Szene, welche der Erzählung der Märtyrerakten entnommen war. (s. „Rohrbachers Universalgeschichte der kath. Kirche“, 12. Band, S. 207)
Nicht minder als die Zierde des Gotteshauses ließ sich der Papst die Bekehrung der Dänen angelegen sein. Er bevollmächtigte den Erzbischof Ebbo von Reims für dieses Missionswerk durch apostolische Briefe. Ebbo arbeitete daselbst mit segensreichem Erfolg im Jahre 823 in Jütland und bereitete dem hl. Ansgar die Wege. Am 10. Februar 824 schied der Papst aus diesem Leben. Als man ihn bestatten wollte, entstand ein Streit in Rom; seine Gegner hinderten seine Beisetzung in St. Peter. Sein Nachfolger ließ ihn daher in der Kirche der hl. Praxedis begraben. So fand Paschalis in der von ihm erbauten und herrlich ausgeschmückten Kirche eine würdige Ruhestätte. Das Papstbuch preist seine Wohltätigkeit und rühmt ihn wegen vieler Wunder. –
aus: P. Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste II. Band, 1907, S. 257 – S. 259