Das Glaubensbekenntnis des heiligen Hormisdas

Die Bedeutung des Glaubensbekenntnisses des heiligen Hormisdas

Die der Zeit nach erste Tatsache dieser Art ist das auf Anordnung des heiligen Papstes Hormisdas im Jahre 519 den Bischöfen des Orients zur Unterschrift vorgelegte und von ihnen unterschriebene Glaubensbekenntnis. Diese Formel, welche die Glaubenseinheit und den kirchlichen Verband mit dem apostolischen Stuhl für jene ungeheuren Länderstrecken wieder herstellte, welche durch den Einfluß des eutychianischen Patriarchen Akazius von Konstantinopel davon getrennt gewesen waren, wurde von mehr als tausend orientalischen Prälaten, Patriarchen, Erzbischöfen und Bischöfen unterzeichnet. Sie wurde noch zu wiederholten Malen unter mehreren folgenden Päpsten unterschrieben und endlich vom achten allgemeinen Konzil nochmals bestätigt. Sie lautet folgendermaßen:

„Die erste Bedingung des Heiles ist, die Regel des rechten Glaubens zu beobachten und von der Überlieferung der Väter in keiner Weise abzuweichen; weil der Ausspruch unseres Herrn Jesu Christi nicht außer Acht gelassen werden darf, da er spricht: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen. Was hier gesagt ist, wird durch den Erfolg bewährt, da auf dem apostolischen Stuhl die Religion allzeit unbefleckt bewahrt wurde.“

Hierauf folgt die Aufzählung der Irrlehren, denen der Unterzeichner widersagt; darauf fährt die Formel also fort:

„Demgemäß in allem dem apostolischen Stuhle folgend und alle seine Entscheidungen bekennend, hoffe ich, würdig zu sein, mit Euch (dem Papste) derselben Kirchengemeinschaft teilhaftig zu sein, nämlich der Gemeinschaft des apostolischen Stuhles, in welchem die unversehrte und wahre Festigkeit der christlichen Religion sich findet; auch verspreche ich, bei der Feier der heiligen Geheimnisse die Namen derjenigen nicht zu nennen, welche von der Gemeinschaft der katholischen Kirche getrennt sind, das ist, welche nicht in allem mit dem apostolischen Stuhl übereinstimmen. Dieses mein Bekenntnis habe ich eigenhändig geschrieben und dir Hormisdas, dem heiligen und ehrwürdigen Papste der Stadt Rom übergeben.“

Wer sich die Mühe gibt, in den Sinn dieser Worte einzudringen, dem wird die Wichtigkeit dieses Glaubensbekenntnisses, worin vom apostolischen Stuhle erklärt wird, daß in ihm die unversehrte und wahre Festigkeit der wahren Religion sei, nicht entgehen. Auf der anderen Seite zeigen die zahllosen Zustimmungen und Bestätigungen, welche es während mehrerer Jahrhunderte im ganzen rechtgläubigen Orient gefunden hat, genugsam, daß es sich hier nicht von einem obskuren Dokument handelt, dessen Autorität man zurückweisen könnte. Das hat auch Bossuet gefühlt und darüber folgendes Urteil gefällt:

„Man weiß, sagt er, daß man dieses Glaubensbekenntnis mit demselben Eingange und demselben Schlusse in den folgenden Jahrhunderten gebraucht hat. Man fügte nur die Namen jener Irrlehren und Irrlehrer, welche damals die Kirche in Verwirrung setzten, hinzu. So wie es sämtliche Bischöfe an den heiligen Papst Hormisdas, an den heiligen Agapet und an Nikolaus I. gerichtet hatten, ebenso in denselben Ausdrücken wurde es auch auf dem achten allgemeinen Konzil dem Papst Hadrian II. übergeben. Da es mithin überall verbreitet, während so vieler Jahrhunderte gebraucht, und durch ein allgemeines Konzil geheiligt ist, wie könnte ein Christ dieses Glaubensbekenntnis zu verwerfen wagen?“

Hauptsächlich auf dieses Dokument gestützt, verteidigte Bossuet dasjenige, was er die Indefektibilität des römischen Stuhles nannte, gegen die extremen Gallikaner. Wenn man aber mit Aufmerksamkeit die Ausdrücke erwägt, so läßt es sich unmöglich mit jener zeitweiligen Unterbrechung des wahren Bekenntnisses vereinigen, welche Bossuet beim apostolischen Stuhle zugeben zu können glaubte. Wenn die Festigkeit (soliditas) der christlichen Religion beim römischen Stuhle sich findet, so ist es unmöglich anzunehmen, daß dieser Stuhl auch nur einen Tag vom wahren Glauben abweichen könne, ohne das ganze Christentum mit sich in den Untergang zu ziehen. Wenn die Beharrung des apostolischen Stuhles im Glauben auf das Wort Jesu Christi selbst gegründet ist, wie kann man da eine Suspension dieses Glaubens auch nur während eines Tages annehmen? Wenn man um katholisch zu sein, immer und in allem mit dem apostolischen Stuhl übereinstimmen muss, wie kann man dann annehmen, es könne dieser Stuhl auch nur einen Tag dem Irrtum unterliegen?

Hören wir auch noch Fenelon:

„… Es handelt sich darum, daß die katholische Religion auf dem apostolischen Stuhle allezeit unversehrt und rein sich erhält; daß diese Kirche,…, allezeit jungfräulich ist, daß Petrus allezeit auf seinem Stuhle spricht, und daß der römische Glaube stets der Glaube der Kirche ist; daß wenn man mit Rom in Gemeinschaft steht, man festhält an der ganzen und vollen Festigkeit der christlichen Religion; und daß zwischen denen, die der Gemeinschaft der katholischen Kirche beraubt sind, und denen, die nicht in allem mit diesem heiligen Stuhl übereinstimmen, kein Unterschied ist. Wer daher dem römischen Glauben, welcher der Mittelpunkt der allgemeinen Überlieferung ist, widerspricht, der widerspricht dem Glauben der ganzen Kirche. Wer dagegen in der Einheit der Lehre mit dieser allzeit jungfräulichen Kirche beharrt, der läuft für seinen Glauben keine Gefahr. Dieses Versprechen, wie allgemein und unbedingt es auch in einem Glaubens-Bekenntnisse lautet, hat nichts Übertriebenes oder Verwegenes für die Bischöfe, die man zu dessen Unterschrift bei ihrer Wiedervereinigung verpflichtet. Hütet euch also wohl, meine teuersten Brüder, denen Gehör zu schenken, welche da behaupten, daß diese Formel des heiligen Papstes Hormisdas, die vor zwölfhundert Jahren zur Beilegung des akazianischen Schismas abgefaßt wurde, nur ein vorübergehendes Unternehmen des römischen Stuhles gewesen sei. Dieses für die Einheit so entscheidende Glaubens-Bekenntnis wurde mehr als dreihundert Jahre später von Hadrian II. zur Beendigung des Schismas des Photius erneuert und von dem achten allgemeinen Konzil einmütig bestätigt.“

Dom Prosper Guéranger, Abt von Solesmes, Die höchste Lehrgewalt des Papstes, 1870, S. 183-187

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