Verhältnis des heiligen Geistes zur Kirche

Die Träger des Lehramtes der Episkopat: Ein Glasfenster aus Montserrat, welches die Taube als heiligen Geist darstellt

Vernunft und Offenbarung

Das Verhältnis des heiligen Geistes zur Kirche

(5.) Die Erklärungen und Verordnungen der Päpste, wenn sie ex cathedra oder als das Haupt der Kirche und zu der ganzen Kirche sprechen, sei es durch eine Bulle, oder einen apostolischen Brief, oder eine Encyclica, oder ein Breve, zu Vielen oder zu einer Person, sind unzweifelhaft ein Ausfluss göttlichen Beistandes und sind unfehlbar.“ …

„Nun stehen aber die Päpste als Stellvertreter Jesu Christi in einem zweifachen Verhältnisse: nämlich erstens in einem Verhältnisse zu dem göttlichen Haupte der Kirche, dessen Stellvertreter auf Erden sie sind, sodann aber zweitens in einem Verhältnisse zu dem ganzen Leibe. Und diese beiden Beziehungen verleihen dem Träger derselben ein besonderes Vorrecht der Gnade. Das Haupt besitzt, wie der heilige Augustin sagt, seine Gaben um des Leibes willen. Es ist wenig gesagt, wenn man behauptet: Die Gaben des Körpers sind die Vorrechte des Hauptes. Der Stellvertreter Jesu Christi würde in keinem richtigen Verhältnis zu dem Leibe stehen, wenn er, während dieser unfehlbar ist, es nicht wäre. Er würde auch keinen stellvertretenden Charakter haben, wenn er der fehlbare Zeuge eines unfehlbaren Hauptes wäre.

Obschon die vom heiligen Augustinus bemerkte Analogie vom Haupte und den Gliedern nicht genau auf den Stellvertreter Christi und die Glieder der Kirche auf Erden angewendet werden kann, so bekleidet sie ihn doch mit einem Vorrang der Leitung und Führung des ganzen Körpers, welche weder irgend einem anderen Glied des Leibes, noch dem ganzen Leibe ohne ihn gehören kann, und mißt ihm persönlich und allein als Repräsentanten des Leibes die Vorrechte seines göttlichen Hauptes bei. Die Unfehlbarkeit des Hauptes der Kirche erstreckt sich auf den ganzen Inhalt der Offenbarung, d. h. auf die göttliche Wahrheit und das göttliche Gesetz, und auf alle diejenigen Tatsachen oder Wahrheiten, welche mit dem Glauben und der Sittenlehre in Berührung stehen. Die Erklärungen der Kirche schließen Wahrheiten der natürlichen Ordnungen in sich, und die Offenbarung der übernatürlichen Wahrheit steht mit den natürlichen Sittengesetzen, mit der Politik und der Philosophie in Berührung. Die Lehren von der Wesensgleichheit des Sohnes, von der Verwandlung und von der Beschaffenheit der Menschheit berühren Wahrheiten der Philosophie und der natürlichen Ordnung, da sie aber mit dem Glauben in Berührung stehen, so fallen sie in den Bereich der Unfehlbarkeit der Kirche.

So verhält es sich auch mit den Urteilssprüchen der Päpste in Angelegenheiten, welche die Wohlfahrt der ganzen Kirche betreffen, wie z. B. die Verurteilung von aufgestellten Sätzen. In allen Erklärungen, daß solche Sätze je nach den bestimmten Fällen, ketzerisch oder an die Ketzerei streifend oder irrig, oder ärgerlich, oder beleidigend für fremde Ohren sind und ähnliches mehr, bewahrt der Beistand des heiligen Geistes die Päpste gewiß vor Irrtum; und solche Urteilssprüche sind unfehlbar und haben Anspruch auf die innere Zustimmung Aller. –
aus: Heinrich Eduard Manning, Erzbischof – Vernunft und Offenbarung oder: Das Wirken des heiligen Geistes auf Erden, 1867, S. 82 – S. 84

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