Apostolischer Brief Epistola Tua (1885)

Hut, bischöflicher Krummstab, Kleidungsstücke eines Papstes

Papst Leo XIII., Apostolischer Brief Epistola Tua (1885)

Apostolischer Brief Epistola Tua (1885) von Papst Leo XIII.: Porträt

Apostolisches Schreiben Seiner Heiligkeit Papst Leo XIII. über die den Schriftstellern obliegende Unterwerfung in religiösen Angelegenheiten und über das Handeln der Kirche in Bezug auf die katholische Gesellschaft

LEO, BISCHOF,

DIENER DER DIENER GOTTES,

IN STÄNDIGER ERINNERUNG AN DIE ANGELEGENHEIT

Euer an Uns gerichteter kindlicher Brief, der von den feinsten Gefühlen der Liebe und aufrichtigen Hingabe erfüllt ist, hat Unseren Geist, der in letzter Zeit von einer schweren Traurigkeit heimgesucht wurde, mit süßem Trost besänftigt. Ihr wisst sehr wohl, dass Uns nichts mehr beunruhigen kann, als zu sehen, dass der Geist der Eintracht unter den Katholiken gestört, der Friede der Seelen erschüttert, das Vertrauen entleert und die kindliche Unterwürfigkeit gegenüber der väterlichen Autorität, die sie leitet, verworfen ist. Daher können wir nicht umhin, bei den ersten Anzeichen dieses Unglücks sehr beunruhigt zu sein und uns zu bemühen, die Gefahr sofort zu verhindern.

Die kürzliche Veröffentlichung einer bestimmten Schrift, die aus einer weniger erwarteten Quelle stammt und die auch Sie bedauern, das Aufsehen, das sie erregt hat, und die Kommentare, die sie hervorgerufen hat, veranlassen mich daher, keineswegs über eine Angelegenheit zu schweigen, deren Betrachtung, auch wenn sie vielleicht unangenehm sein mag, aus diesem Grund nicht weniger nützlich sein wird, sowohl in Frankreich als auch anderswo.

Gewisse Anzeichen lassen unschwer den Schluss zu, dass es unter den Katholiken – zweifellos als Folge der gegenwärtigen Missstände – einige gibt, die mit dem Zustand des „Untertanen“, der ihnen in der Kirche zukommt, keineswegs zufrieden sind, sondern meinen, an ihrer Regierung teilhaben zu können, oder zumindest meinen, die Handlungen der Autorität nach ihren eigenen Vorstellungen prüfen und beurteilen zu dürfen.

Das ist sicherlich eine unangebrachte Meinung. Würde sie sich durchsetzen, so würde sie der Kirche Gottes sehr großen Schaden zufügen, in der nach dem offenkundigen Willen ihres göttlichen Stifters zwei Parteien auf das absoluteste zu unterscheiden sind: die Lehrenden und die Gelehrten, der Hirte und die Herde, unter denen es einen gibt, der das Haupt und der oberste Hirte von allen ist.

Den Hirten allein wurde alle Macht gegeben, zu lehren, zu urteilen und zu leiten; den Gläubigen wurde die Pflicht auferlegt, ihrer Lehre zu folgen, sich ihrem Urteil mit Fügsamkeit zu unterwerfen und sich von ihnen leiten, korrigieren und auf dem Weg des Heils führen zu lassen. So ist es eine absolute Notwendigkeit für die einfachen Gläubigen, sich mit Herz und Verstand ihren eigenen Hirten zu unterwerfen, und für diese, sich mit ihnen dem Haupt und Obersten Hirten zu unterwerfen.

In dieser Unterordnung und Abhängigkeit liegen die Ordnung und das Leben der Kirche; in ihr liegt die unabdingbare Voraussetzung für das Wohlergehen und die gute Regierung. Wenn es dagegen vorkommt, dass diejenigen, die kein Recht dazu haben, sich selbst die Autorität zuschreiben, wenn sie sich anmaßen, Richter und Lehrer zu werden, wenn Untergebene in der Regierung der Gesamtkirche einen anderen Einfluss als den der obersten Autorität auszuüben versuchen oder anstreben, dann kommt es zu einer Umkehrung der wahren Ordnung, viele Gemüter werden in Verwirrung gestürzt, und die Seelen verlassen den rechten Weg.

Und um diese heiligste Pflicht zu verletzen, ist es nicht notwendig, eine Handlung in offener Opposition zu den Bischöfen oder zum Oberhaupt der Kirche vorzunehmen; es genügt, wenn diese Opposition indirekt wirkt, umso gefährlicher, weil sie verborgener ist. So verfehlt eine Seele diese heilige Pflicht, wenn sie bei allem Eifer für die Macht und die Vorrechte des souveränen Papstes den mit ihm vereinigten Bischöfen nicht die gebührende Achtung entgegenbringt oder ihre Autorität nicht genügend berücksichtigt oder ihre Handlungen und Absichten in verfänglicher Weise auslegt, ohne das Urteil des Apostolischen Stuhls abzuwarten.

Ebenso zeugt es von einer Unterwerfung, die alles andere als aufrichtig ist, wenn man eine Art Opposition zwischen einem Papst und einem anderen aufbaut. Wer angesichts zweier unterschiedlicher Weisungen die gegenwärtige verwirft, um an der vergangenen festzuhalten, beweist nicht den Gehorsam gegenüber der Autorität, die das Recht und die Pflicht hat, ihn zu leiten, und gleicht in gewisser Weise jenen, die sich nach einer Verurteilung an ein künftiges Konzil oder an einen besser informierten Papst wenden wollen.

In diesem Punkt ist daran zu erinnern, dass in der Leitung der Kirche, abgesehen von den wesentlichen Pflichten, die allen Päpsten durch ihr apostolisches Amt auferlegt sind, jeder von ihnen die Haltung einnehmen kann, die er je nach Zeit und Umständen für die beste hält. Darüber ist er allein der Richter.

Freilich hat er dafür nicht nur ein besonderes Licht, sondern mehr noch die Kenntnis der Bedürfnisse und Verhältnisse der ganzen Christenheit, für die seine apostolische Fürsorge sorgen muss, wie es sich gehört. Ihm obliegt das allgemeine Wohl der Kirche, dem jedes besondere Bedürfnis untergeordnet ist, und alle anderen, die dieser Ordnung unterworfen sind, müssen sich dem Handeln des obersten Leiters unterordnen und dem Zweck dienen, den er im Auge hat. Da die Kirche eins ist und ihr Haupt eins ist, ist auch ihre Leitung eine einzige, und alle müssen sich dem fügen.

Wenn diese Grundsätze in Vergessenheit geraten, stellt man unter den Katholiken eine Verminderung der Achtung, der Verehrung und des Vertrauens zu demjenigen fest, der ihnen als Führer gegeben ist; dann löst sich jenes Band der Liebe und der Unterordnung, das alle Gläubigen an ihre Hirten, die Gläubigen und die Hirten an den Obersten Hirten binden soll, das Band, in dem vor allem die Sicherheit und das gemeinsame Heil zu finden sind.

In gleicher Weise wird durch das Vergessen oder die Vernachlässigung dieser Grundsätze der Spaltung und der Zwietracht unter den Katholiken Tür und Tor geöffnet, zum schwerwiegenden Schaden der Einheit, die das Unterscheidungsmerkmal der Christgläubigen ist und die in jedem Zeitalter, besonders aber heute wegen der vereinten Kräfte des Feindes, von höchstem und allgemeinem Interesse sein sollte, zu dessen Gunsten jedes Gefühl der persönlichen Bevorzugung oder des individuellen Vorteils beiseite gelegt werden muss.

Diese Verpflichtung, wenn sie auch allgemein allen obliegt, ist, wie man sagen kann, besonders drückend für die Journalisten. Wenn sie nicht mit dem fügsamen und unterwürfigen Geist durchdrungen wären, der für jeden Katholiken so notwendig ist, würden sie dazu beitragen, die beklagenswerten Dinge noch weiter zu verbreiten und sie noch belastender zu machen.

Die Aufgabe, die ihnen in allen Dingen, die die Religion betreffen und eng mit dem Wirken der Kirche in der menschlichen Gesellschaft verbunden sind, zukommt, besteht darin, wie alle anderen Gläubigen ihren Bischöfen und dem Papst in Geist und Willen völlig untertan zu sein, ihre Lehren zu befolgen und bekannt zu machen, sich ihrem Einfluss voll und ganz unterzuordnen, ihre Gebote zu achten und dafür zu sorgen, dass sie respektiert werden.

Wer anders handeln würde, um den Zielen und Interessen derer zu dienen, deren Geist und Absichten Wir in diesem Brief gerügt haben, würde die edle Mission, die er übernommen hat, verfehlen. Er würde sich dann vergeblich rühmen, für das Wohl der Kirche zu sorgen und ihrer Sache zu helfen, nicht weniger als jemand, der danach strebt, die katholische Wahrheit zu schwächen oder zu vermindern, oder gar jemand, der sich als ihr allzu ängstlicher Freund erweisen würde.

Deine innersten Gedanken, die wir sehr gut kennen, und die diskrete Art und Weise, in der du dich in diesen sehr schwierigen Zeiten tapfer verhalten hast, haben uns dazu bewogen, diese Angelegenheiten mit dir, geliebter Sohn, zu besprechen, abgesehen von dem Vorteil, den sie dort in Frankreich haben mögen.

Stets standhaft und mutig in den wichtigen religiösen Angelegenheiten und bei der Wahrung der heiligen Rechte der Kirche, hast du sie bei einer bestimmten Gelegenheit, die sich vor kurzem bot, energisch verteidigt und mit deiner angesehenen und mächtigen Stimme für ihre Verteidigung gekämpft. Mehr noch, Ihr habt geschickt eine ruhige und friedliche Haltung, die der Sache, die Ihr verteidigt, würdig ist, mit Tapferkeit verbunden, indem Ihr einen Geist bewahrt habt, der frei von ungeordneten Emotionen ist und sich ganz den Aufträgen des Apostolischen Stuhls und Uns widmet.

Es ist uns eine Freude, Euch erneut einen Beweis unseres Glücks und höchsten Wohlwollens Euch gegenüber zu geben. Uns betrübt nur die Tatsache, dass Eure Gesundheit nicht so ist, wie wir es uns sehr wünschen würden. Wir richten unsere inbrünstigen Bitten an Gott und beten unablässig, dass er Ihnen die beste Gesundheit wiedergibt und dass er Sie sehr lange gesund erhält. Und als Unterpfand der göttlichen Gunst, die wir in Fülle auf dich herabrufen, erteilen Wir dir, lieber Sohn, und deinem ganzen Klerus und Volk aus dem tiefsten Grunde Unseres Herzens Unseren Apostolischen Segen.

Gegeben zu Rom, im Petersdom, am 17. Juni des Jahres 1885, dem achten Tag Unseres Pontifikats.

Leo XIII., Papst

Quelle: Acta Sanctae Sedis XVIII (1885): S. 3-9. Übersetzung ins Englische von Novus Ordo Watch und Mutter E. O’Gorman, RSCJ, in Benediktinermönche von Solesmes, Hrsg., Papal Teachings: Die Kirche (Boston, MA: St. Paul Editions, 1962).

siehe weitere Enzykliken und Rundschreiben von Papst Leo XIII.

sowie: Apostolischer Brief „Testem benevolentiae“ und seine Bedeutung

Bildquellen

Verwandte Beiträge

Das besondere Gericht vor dem ewigen Richter
Buch mit Kruzifix
Irrtum in Bezug auf Gottes Barmherzigkeit