Aus den Briefen des heiligen Ludwig an seine Kinder
1. Seinem Kronprinz und Nachfolger Philipp III. schrieb der heilige König also:
„Das erste, was ich dir, lieber Sohn, an`s Herz lege, ist, daß du Gott liebest aus ganzem Herzen und aus allen Kräften; denn ohne dieses gibt es kein Heil. Sei so gesinnt, daß du um Nichts in der Welt eine Todsünde begehen möchtest, sondern lieber dir alle Glieder abhauen und unter den grausamsten Qualen das Leben nehmen lassest. Wenn dir Gott Trübsale oder Krankheiten schickt, so danke Ihm dafür und bedenke, daß Er es zu deinem Heile tut, und daß du weit Ärgeres verdienst, weil du Ihm schlecht gedient und oft seinem Willen entgegen gehandelst hast; schickt dir Gott Gutes, so danke Ihm dafür und hüte dich, deshalb durch Stolz oder ein anderes Laster schlechter zu werden; denn es ist eine große Sünde, mit den Wohltaten wider den Wohltäter zu streiten. Gewöhne dir an, oft deine Sünden zu beichten, und wähle nur heilige und gelehrte Männer zu deinen Beichtvätern; gehe gerne in den Gottesdienst und bete mit Herz und Mund bei der heiligen Messe. Sei liebevoll gegen alle armen und hilf ihnen nach Kräften mit Rat und Tat. Fliehe die Gesellschaft der Gottlosen, und dulde in deiner Gegenwart keine Reden, welche zur Sünde führen, oder Böses über Andere aussagen. Kommst du auf den Thron, so sei vor Allem gerecht. Wenn ein Reicher mit einem Armen streitet, so schütze eher den Armen: ist aber der Handel klar, so sprich dem das recht zu, dem es gebührt. Wenn du siehst, daß du durch dich oder deine Vorfahren etwas mit Unrecht besitzest, so gib es sogleich zurück, sei es viel oder wenig. Schütze alle deine Untertanen gegen Unrecht und Gewalt, vorzüglich die Geistlichen; sei nicht leichtgläubig, wenn man die Klagen vorbringt wider Priester; sondern ehre und schütze sie, damit sie ungestört ihrem heiligen Dienst obliegen können. Liebe und ehre deine Mutter und befolge ihren weisen Rat; liebe deine Brüder mit großem Wohlwollen; aber hüte dich, aus Liebe zu ihnen gegen Andere ungerecht zu sein. Sorge für gute Beamte und Richter, und erkundige dich oft nach ihrem Betragen. Verbanne alle öffentlichen Ärgernisse aus dem Reiche, namentlich: Gotteslästerungen, Flüche, Würfelspiel, Unzucht, Trunkenheit; und befördere die Tugend. Sei ein demütiges Kind der heiligen Kirche und erweise alle Ehre dem Papst und den Bischöfen…“
2. An seine Tochter Isabella, Königin von Navarra, schrieb er:
„Meine Tochter, liebe Gott, der seinen Sohn für uns in den Tod gegeben, um uns von dem ewigen Tode zu erretten. Himmelweit irrt, wer einem andern Wesen als Ihm seine zuwendet; Ihn müssen wir ohne Maß lieben: denn Er verdient eine maßlose Liebe. O teure Tochter, verlange mit heißer Inbrunst, Ihm mehr und mehr zu gefallen, und fürchte über Alles, Ihm zu mißfallen. Höre gerne in Predigten und Privatgesprächen von Gott reden, und vermeide alle Gespräche, außer mit Männern von erprobter Tugend. Gehorche demütig deinem Gemahl und deinen Eltern in Allem, was Gott gefällt, gehorche um Gottes willen. Ich ermahne dich, daß du nicht zu viel Kleider und Schmucksachen anschaffst, sondern viel nützlicher das, was du über Stand und Notwendigkeit erübrigst, zur Unterstützung der Armen verwendest. Mache es dir zur Regel, für Putz lieber zu wenig als zu viel auszugeben. Nochmals wiederhole ich es, liebe Tochter, trachte danach, wie du deinem Jesus besser gefallen mögest, tue Alles mit der Gesinnung, daß, wenn du auch gewiß wüßtest, daß du für das Gute keinen Lohn oder für das Böse keine Strafe erhieltest, du doch das Gute tun und das Böse meiden wollest aus reiner Liebe zu Ihm.“ – O glückliche Kinder, die so gesinnte Eltern haben! –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 629 – S. 630