Der zweite Kreuzzug unter Papst Eugen III.

Das Pontifikat des seligen Papstes Eugen III.: Porträt

Der zweite Kreuzzug unter Papst Eugen III.

Dieser tatkräftige Mann war ein Schüler des heiligen Bernhard von Clairveaux. Die in so schwerer Zeit erfolgte Wahl eines der Welt abgestorbenen Ordensmannes auf den erhabensten Thron der Welt erschien vielen wunderbar und wie eine Fügung Gottes. Wenige Tage nach dem Regierungsantritte musste der Papst aus der Hauptstadt fliehen und hielt sich acht Monate in Viterbo auf, weil es ihm unmöglich war, nach Rom zurückzukehren. In Viterbo traf Papst Eugen eine niederschmetternde Nachricht.

Im Morgenlande hatte sich ein Mohammedaner-Fürst erhoben, mit Namen Nureddin, der gelobte, nicht eher in seine Hauptstadt zurückzukehren, als bis er die Christen vernichtet habe. Und wirklich eroberte er im Jahre 1146 die christliche Stadt Edessa. Sechzehntausend Christen, welche das dabei angerichtete Blutbad überlebten, führte er in die Sklaverei ab. Nun erhob sich im Abendland der laute Ruf nach einem neuen Kreuzzug. Alsbald predigte wieder der heilige Bernhard, der auch das ganze Abendland für einen neuen Kreuzzug begeisterte.

Bernhard setzte besonders Frankreich und Spanien in Bewegung; denn er verstand es mit solcher Macht in den Versammlungen zu reden, dass ihm niemand widerstehen konnte. Der französische König Ludwig VII. entschloss sich sogleich, das Kreuz zu nehmen. –
aus: Chrysostomus Stangl, kath. Weltpriester, Die Statthalter Jesu Christi auf Erden, 1907, S. 442

Der hl. Bernhard kniet im Dom zu Speyer vor dem Altar und betet; hinter ihm sieht man ein Schar von Kreuzrittern

Die Begeisterung für einen zweiten Kreuzzug

Dem Rufe des Papstes folgend, verließ Bernhard wieder die Stille seines Klosters und begab sich zunächst nach Vezelay, wo Ludwig VII. einen großen Reichstag versammelt hatte. Da kein Raum hinreichte, um die ungeheure Menschenmenge zu fassen, wurde auf freiem Felde ein Gerüst aufgeschlagen, von welchem herab Bernhard eine flammende Rede hielt. Er hatte sie noch nicht beendet, als von allen Seiten der Ruf erscholl: „Kreuz, gebt uns Kreuze!“

Die Menge der Kreuze, welche bereits auf dem Gerüst lagen, reichten nicht hin, um der stürmischen Forderung der Anwesenden zu genügen. Bernhard musste sein eigenes Gewand in Kreuze zerschneiden. Des Königs Gemahlin Eleonore, die Mehrzahl der Großen, unzählige Ritter und Scharen aus dem Volk legten das Gelübde der Pilgerfahrt ab. Von da zog Bernhard von Stadt zu Stadt, begab sich nach Flandern und Deutschland und predigte den Rhein entlang das Kreuz.

Wunder ohne Zahl bezeichneten seinen Weg. Im Dom zu Speyer war der Andrang des Volkes so groß, dass er erdrückt worden wäre, wenn König Konrad ihn nicht, nachdem er den Königsmantel abgeworfen, auf seine Arme genommen und durch die Menge getragen hätte. Gleichwohl weigerte sich der König längere Zeit, das Kreuz zu nehmen. Nachdem Bernhard im Dom zu Speyer vor dem König, den Fürsten und allem Volke das Hochamt zelebriert hatte, hielt er eine erschütternde Predigt. Dann wandte er sich an Konrad selbst und wies ihn hin auf das letzte Gericht, wo er sich über seine Untätigkeit werden verantworten müssen.

Der deutsche und der französische König in Einheit für den Kreuzzug

Da liefen dem bis ins Innerste ergriffenen König die hellen Tränen über die Wangen, er sprang vom Stuhle auf, nahm auf der Stelle das Kreuz und rief: „Ich erkenne die Wohltaten Gottes und mit Hilfe seiner Gnade will ich nicht undankbar sein.“ Das Volk, das bis dahin in staunender Erwartung da gestanden, brach in solche Jubelrufe aus, dass das Gewölbe des Domes erdröhnte. Alles war von Begeisterung hingerissen. Bernhard nahm eine Fahne vom Altar, weihte sie, drückte sie dem König in die Hand und heftete ihm das Kreuz auf. „Man sah Diebe und Räuber herbeieilen, Buße tun und schwören, ihr Blut für Jesus Christus zu vergießen.“

Ein deutscher König und der König von Frankreich standen diesmal an der Spitze des Kreuzheeres, das weit glänzender und zahlreicher war als das erste. Die Deutschen brachen zuerst auf. Sie sammelten sich im Frühjahr 1147 in Regensburg. Man zählte 80.000 Geharnischte, denen sich der Herzog Wladislaw von Böhmen, und Markgraf Ottokar von Steier anschlossen. Der Zug ging bis ins griechische Reich glücklich vonstatten.

Die feindselige Haltung der Griechen gegenüber den Kreuzfahrern

Dort begegneten sie aber einer feindseligen Stimmung. Der arglistige Kaiser Manuel hatte keine andere Absicht, als die Kreuzfahrer und die Türken sich gegenseitig schwächen zu lassen. Selbst ein griechischer Geschichtsschreiber sagt: „Es gab keine Bosheit, die der Kaiser nicht gegen die Kreuzfahrer anwendete oder anordnete, um die Abendländer für immer von einem Zug ins Morgenland abzuschrecken.“ Die Griechen zeigten sich im Handel und Verkehr betrügerisch und arglistig. Dadurch wurden die Deutschen erbittert; sie nahmen weg ohne zu zahlen, wenn ihnen der Preis zu hoch schien, plünderten und raubten und schlugen drein. So wurde die gegenseitige Feindseligkeit noch mehr gesteigert.

Als endlich die Deutschen auf dem Boden Asiens landeten, sollen griechische Beamte 900.000 Mann gezählt und dann zuzählen aufgehört haben. Nun aber ging das Elend an. Je weiter sie vorwärts drangen, in um so größere Bedrängnis gerieten sie durch den Verrat der Griechen und durch die eigene Uneinigkeit. Hunger und Wassermangel, Seuchen und das Schwert der Türken lichteten derart die Reihen, dass von den 80.000 Geharnischten nur 7.000 Nizäa erreichten.

Erfolglos kehren die Kreuzfahrer wieder in ihre Heimat

Ludwig, der später aufgebrochen war, fand nur mehr Trümmer des deutschen Heeres in Kleinasien. Weinend umarmten sich Ludwig und Konrad und beschlossen gemeinsam weiterzuziehen. „Bruder“, sprach Ludwig, „ich trenne mich nicht mehr von dir, mein Zelt sei neben dem deinigen; gestatte, daß meine Waffengefährten sich den deinigen anschließen.“ So geschah es.

Aber trotz der herrlichsten Waffentaten einzelner – Konrad hieb mit einem Schwertstreich einen gepanzerten Türken entzwei – erzielte das gemeinsame Heer keine Erfolge; die Verluste wurden mit jedem Schritt, den es im Feindesland vorwärts tat, immer größer. Selbst der Versuch, Damaskus zu erobern, misslang; schmählicher Verrat vereitelte auch dieses Unternehmen. Der größte Teil der beiden stolzen Heere war zugrunde gegangen; nur wenige sahen die Heimat wieder. Traurig und schmerzlich enttäuscht kehrten die Könige in ihre Länder zurück. Der traurige Ausgang dieses so hoffnungsvoll unternommenen Kreuzzuges hatte nicht bloß dem hl. Bernhard die bittersten Vorwürfe eingetragen, sondern auch dem Papst selbst.

Warum ließ Gott das Unternehmen scheitern?

Unwillkürlich erhebt sich beim Anblick auf dieses entsetzliche Unglück die Frage:

Warum ließ Gott ein Unternehmen, zu welchem er durch die Worte eines Heiligen begeisterte, so kläglich enden?

Die Antwort gab schon damals der fromme Otto von Freisingen: „Wenn wir sagen, dass der hl. Abt vom Geiste Gottes erleuchtet war, als er uns zu diesem Kriege beredet hat, dass aber unser Stolz und unser Leichtsinn seine heilsamen Ratschläge vergessen ließen und wir also mit Recht für unsere Unordnungen den Verlust der Güter und Menschen durch so vieles Elend verdient haben, so sagen wir nichts, was nicht vernünftig und durch die Beispiele der Alten bestätigt wäre.“

Übrigens weiß Gott trotz der Menschen Torheit und Bosheit seine heiligen Absichten zu erreichen.

Den hl. Bernhard tröstete in seinem Jammer über den Untergang so vieler Tausender der fromme Abt Johannes von Casa-Mario in Italien, der ihm folgendermaßen schrieb:

„Es scheint mir, als habe Gott viele Frucht aus diesem Zuge gezogen, wenn auch in anderer Weise, als die Pilger es dachten. Hätten sie ihr Unternehmen in Ausführung gebracht, wie es Christen geziemt, in Gerechtigkeit und Frömmigkeit, so wäre Gott mit ihnen gewesen und hätte durch sie Großes getan. Da sie aber in große Unordnungen verfielen, benützte Gott ihre Bosheit, um seine Barmherzigkeit zu zeigen und schickte ihnen Trübsale, um sie zu reinigen und fürs ewige Leben zu retten.

Die Zurückkehrenden haben uns versichert, dass sie eine große Anzahl Kreuzfahrer gesehen, welche mit Freuden starben und nicht hätten zurückkehren mögen, weil sie in die alten Sünden zu fallen fürchteten. Damit du aber nicht zweifelst an dem, was ich dir schreibe, so bekenne ich dir als meinem geistlichen Vater im Vertrauen, dass die beiden Patrone unseres Klosters, die sel. Johannes und Paulus uns wiederholt heimgesucht haben. Ich habe sie bezüglich dieses Ereignisses gefragt und sie haben mir gesagt, dass eine Unzahl der gefallenen Engel durch die Seelen derer ersetzt wurde, die in diesem Kreuzzug starben. Sie sprachen auch von dir und verkündigten dein nahes Ende.“

Dieses Schreiben war sicher geeignet, den hl. Abt, wie auch den ehrwürdigen Papst, dem es gewiss auch mitgeteilt wurde, in ihrem Kummer aufzurichten. –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, II. Band, 1907, S. 384 – S. 386

siehe auch den Beitrag: Die Gründe für die Kreuzzüge ins heilige Land

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Tags: Religion

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