Verhör des heiligen Phileas Märtyrer

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

4. Februar

Der heilige Phileas von Thmuis, Märtyrer

(Maß der Verwandtenliebe)

Der Apostel Paulus schreibt im ersten Brief an Timotheus 5, 8: „Wenn Einer für die Seinigen, besonders für die Familienglieder, nicht sorgt, der hat den Glauben verleugnet und ist schlechter, als der Ungläubige.“ Es ist also eine heilige Pflicht, wozu die Natur selbst den Heiden treibt, daß man seine Verwandten liebe und für sie sorge. Aber daraus geht auch eine Versuchung hervor, welche oft gerade den besten Menschen gefährlich werden und sie zur Treulosigkeit gegen Gott bringen kann, weil zuweilen das, was Gott will und das, was die Verwandten wünschen, einander entgegen ist. Du sollst nun im Leben des hl. Phileas sehen, wie der wahre Christ bei solcher Versuchung denkt und handelt.

Derselbe hatte alles, was dem Menschen das Leben auf Erden angenehm machen konnte: ein außerordentlich großes Vermögen, ein hohes angesehenes Amt, große Kenntnisse und Wissenschaft, eine werte Familie und viele gute Freunde. Bei der allgemeinen Christenverfolgung unter Kaiser Diokletian wurde auch Phileas eingezogen. Der Richter hatte viele Achtung vor Phileas, und wollte ihm selbst noch helfen, sich auszureden, damit man ihn frei lassen könnte. Das Verhör, welches geführt wurde, ist aufgeschrieben worden und noch vorhanden; ich will das Wesentliche hier nun anführen:

Der Richter ließ den hl. Phileas aus dem Gefängnis holen und sprach: „Opfere den Göttern“ – Phileas antwortete: „Ich opfere nicht.“ – Richter: “Warum nicht?“ – Phileas: „Weil die hl. Schrift sagt: wer außer dem Herrn allein den Götzen opfert, wird ausgerottet werden.“ – Richter: „So opfere dem Herrn allein.“ Der Richter dachte nämlich, wenn er den Phileas nur zum Opfern brächte, sei es auch, daß dieses Opfer nicht den Götzen gelte, so könnte er ihn frei geben und vor den Heiden und der obersten Behörde sich rechtfertigen, als habe Phileas den Götzen geopfert, sei folglich dem Befehl des Kaisers nachgekommen. – Phileas aber sagte: „Ich opfere nicht; denn solche Opfer will Gott nicht.“ – Der Richter: „An welchen Opfern hat denn dein Gott Wohlgefallen?“ – Phileas: „Gott hat Wohlgefallen an einem reinen Herzen, an aufrichtigem Sinn, und an den Opfern wahrer Worte.“ – Der Richter: „Hör` auf mit diesen eitlen Reden und opfere jetzt.“ – Phileas: „Ich werde meine Seele nicht beflecken.“ – Der Richter: „Ist es eine Gewissenssache?“ – Phileas: „Ja.“ – Richter: „Warum beobachtest du aber nicht, was Gewissenssache ist in Betreff deiner Frau und Kinder?“ Der Richter wollte damit sagen, daß er als Familienvater doch die Pflicht habe für seine Familie zu sorgen, daher sei es auch Pflicht, sein Leben zu erhalten; dies könne er aber nur, wenn er den Götzen opfere; folglich solle er opfern.

Phileas antwortete: „Die Pflicht gegen Gott muss man bei weitem vorziehen; denn die hl. Schrift sagt: du sollst Gott deinen Herrn lieben, der dich erschaffen hat.“ – Der Richter: „Welchen Gott?“ – Phileas hob seine Hände gegen den Himmel und sprach: „Den Gott, welcher den Himmel und die Erde, das Meer und Alles, was darin ist, gemacht hat, den Schöpfer und Werk-Meister aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge, den Unaussprechlichen und Ewigen.“

Der Richter erklärte, daß er dem Phileas gern aus Rücksicht auf seinen Bruder das Leben schenken möchte. Phileas aber begehrte es als eine Gnade hingerichtet zu werden. Der Richter antwortete: „Wenn ich wüßte, daß du in Not wärest und dadurch in diese Verrücktheit geraten, so würde ich deiner nicht schonen. Aber da du so reich bist, daß du fast eine ganze Landschaft ernähren könntest, deshalb schone ich deiner, und rede dir zu, zu opfern.“ – Phileas sagte: „Ich opfere nicht und schone gerade dadurch meiner selbst.“

Die Heiden, welche auch gegen den Willen des Phileas denselben vor dem Tod bewahren wollten, behaupteten vor dem Richter, Phileas habe an einem andern Ort schon geopfert. Statt aber zu schweigen, was vor dem Richter vielleicht genügend gewesen wäre um ihn loszulassen, erklärte Phileas, daß er durchaus nicht heidnisch geopfert habe. – Der Richter sagte: „Denke doch an dein verlassenes Weib.“ – Phileas sagte: „Unser Heiland Jesus Christus, dem ich gefesselt diene, und der mich berufen hat zur Erbschaft seiner Herrlichkeit, ist mächtig auch diese zu rufen.“

Die griechischen Beistände des Phileas, welche ihm gern das Leben retten wollten, sagten zum Richter: „Phileas bittet um Aufschub.“ – Der Richter sagte zu Phileas: „Ich gebe dir Aufschub, daß du bei dir Erwägung anstellst.“ – Phileas sagte: „Ich habe es oft erwogen und habe vorgezogen für Christus zu leiden.“

Die Freunde und Verwandte baten nun den Phileas kniefällig, er möchte doch Rücksicht nehmen auf seine Frau und Kinder. Allein der Heilige wurde dadurch so wenig bewegt, als der Fels von den Wasserwellen; er wies die zureden zurück, dachte an Gott, und wollte an den Märtyrern und Aposteln neue Freunde und Verwandte gewinnen.

Es stand aber ein römischer Hauptmann, Namens Philoromus, dabei. Da dieser sah, wie Phileas durch die Tränen der Verwandten bestürmt, durch die Schlauheit des Richters angefochten wurde und sich doch nicht beugen ließ, rief er aus: „Was wollt ihr nutzlos die Standhaftigkeit dieses Mannes versuchen? Was wollt ihr den, der Gott treu ist, treulos machen? Was zwingt ihr ihn, Gott zu leugnen, um den Menschen zu Willen zu sein: Seht ihr nicht, daß seine Augen eure Tränen nicht sehen, daß seine Ohren eure Worte nicht hören? Daß durch irdische Tränen der nicht gebeugt wird, dessen Augen die himmlische Herrlichkeit sehen?“ – Die Heiden gerieten über diese Rede in wilden Zorn und begehrten vom Richter, daß dieser Hauptmann gleichmäßig wie Phileas verurteilt werde, was auch geschah. Beide wurden zum Tode des Schwertes verurteilt.

Als sie auf den Richtplatz hinaus geführt wurden, rief der Bruder des Phileas: „Er bittet um Gnade.“ Der Richter ließ den Phileas zurück führen und fragte, ob es wahr sei. Phileas sagte: „Durchaus nicht, höre nicht auf meinen unglückseligen Bruder. Im Gegenteil, ich danke meiner Obrigkeit, daß ich durch ihre Verurteilung ein Miterbe Christi werde.“ – Dann wurde er wieder abgeführt und voll Mut und Fröhlichkeit empfing er mit seinem Gefährten den Todesstreich.

Phileas musste also wählen zwischen der Rücksicht auf seine Freunde und Verwandte, und zwischen der Rücksicht auf Gott, und hat gut gewählt; er hat Gott Allem, auch den liebsten Menschen vorgezogen, und hat dadurch, wie er selbst sagte, edlere Freunde und Verwandte gewonnen, die Heiligen im Himmel.

Sieh` du hast hier ein Vorbild, wie du dich als Christ benehmen musst, wo der Wille Gottes dem Willen oder zeitlichen Vorteil deiner Angehörigen entgegen steht. Wenn du das Unglück hast, daß dein Vater oder deine Mutter ohne Gottesfurcht sind und dir zumuten, du sollst ihnen behilflich sein bei einem ungerechten Erwerb, oder du ihnen zum Vorteil lügen sollst; so kann es sein, daß sie dich schimpfen und mißhandeln, wenn du ihnen nicht gehorchst. Was willst du tun in diesem Fall? – Wenn dir von deinen Angehörigen zugemutet wird, du sollst dich mit Jemanden verehelichen, der sehr reich ist, aber deinen Glauben nicht hat, und der zugleich darauf besteht, die Kinder dürften nicht in deiner Religion erzogen werden: wirst du deinen Angehörigen oder deinem Gewissen folgen? – Wenn dein Ehegatte voll unvernünftiger weichlicher Liebe gegen die Kinder ist und es deshalb nicht leiden will, daß du die Kinder für ihre Verfehlungen oder Bosheit strafst; wirst du mehr die Vorwürfe und das Schimpfen deines Ehegatten fürchten oder mehr die Sünde, deine Kinder an der Seele verderben zu lassen? Wenn du Geistlicher bist, und hast viele Verwandte, die auf dich zählen und dir viel anliegen, daß du sie reichlich unterstützest: wirst du ihnen das geben, was du viel Ärmeren in deiner Gemeinde geben solltest, oder wirst di ihretwegen suchen auf eine sehr einträgliche Pfarrei zu kommen, zu welcher vielleicht deineKräfte nicht gewachsen sind? –

Bedenke wohl: wer verdient mehr deine Liebe, Gott oder deineVerwandte? – wen musst du mehr fürchten, Gott oder deine Verwandte? – wenn das finstere Tor des Todes und der Ewigkeit aufgeht, wem fällst du in die Hände, Gott oder deinen Verwandten?

Bedenke wohl: Es gibt eine Verwandtschaft des Leibes und eine Verwandtschaft des Geistes; wie aber der Geist unendlich mehr ist als der Leib, so musst du den Vater deines Geistes unendlich vorziehen dem Vater deines Leibes und allen leiblichen Verwandten. Gott aber ist der Vater deines Geistes; er hat dem Menschen den gottähnlichen Geist eingehaucht. Und es gibt eine große Bruderschaft des Geistes, die Gemeinschaft der Heiligen im Himmel, wo niemals eine Trennung durch Zwietracht oder Tod ist; willst du auch darin aufgenommen werden, so darfst du nicht deiner armseligen Verwandtschaft auf Erden zu Gefallen eine Sünde tun. Und es gibt noch eine tiefere und edlere Blutsverwandtschaft, als den leiblichen Vater und Mutter; es gibt eine Blutsverwandtschaft mit Demjenigen, welcher sein Blut für dich vergossen hat, und deine Seele wieder geboren hat durch ganz andere Schmerzen, als welche deine Mutter bei deiner Geburt gelitten hat, und der dich nährt nicht mit Milch, sondern mit seinem Fleisch und Blut. Es gibt eine geheimnisvolle heilige Blutsverwandtschaft jedes wahren Christen mit Jesus Christus, dem Gekreuzigten. Darum hat er ein hohes Recht gehabt, daß er für alle Zeiten und alle Menschen das Wort bei Matth. 10, 37 gesprochen: „Wer Vater und Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.“ –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 1 Januar bis März, 1872, S. 177 – S. 181

Tags: Heilige

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