Unterricht für das hochheilige Fronleichnamsfest
Was ist das für ein Fest?
„Fronleichnam“ ist ein altdeutsches Wort und heißt soviel als „Leib des Herrn“. Unter Fronleichnamsfest versteht man daher ein Fest zu Ehren des Leibes des Herrn, wie derselbe nämlich im heiligsten Altarsakrament zugegen ist.
Wann und von wem wurde dieses Fest eingesetzt?
Die Erinnerung an die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes wurde zwar von den Zeiten der Apostel an immer am Gründonnerstag gefeiert.
Aber an diesem Tage ist die Kirche vorzugsweise mit der Betrachtung des Leidens Jesu beschäftigt und in Trauer versenkt; darum ist in dieser Zeit eine angemessene Feier dieses großen Geheimnisses nicht möglich. Gott, der sich gewöhnlich schwacher Werkzeuge bedient, um seine Absichten zu erfüllen, offenbarte in der Mitte des dreizehnten Jahrhunderts einer armen Klosterfrau zu Lüttich, der seligen Juliana, daß zur Verherrlichung des heiligsten Altarsakramentes ein eigenes Fest gefeiert werden sollte. Infolgedessen wurde das Fronleichnamsfest im Jahre 1246 im Bistum Lüttich eingeführt, im Jahre 1264 aber von Papst Urban IV. (1261-1264) auf die ganze Kirche ausgedehnt und am ersten Donnerstag nach der Pfingstoktav zu feiern befohlen.
Warum wird dieses Fest gerade um diese Zeit gefeiert?
Weil sie für dasselbe sehr passend ist. Denn das Pfingstfest ist der Geburtstag der Kirche; das Fest der heiligsten Dreifaltigkeit zeigt uns die drei göttlichen Personen, welche zusammen wirken, um die Kirche zu schützen, auszubreiten und zu erhalten bis zum Ende der Welt; das Fronleichnamsfest zeigt uns den Lebensquell der Kirche, das heiligste Altarsakrament, die Bundeslade des neuen Bundes, in der Gott selbst wohnt, das Herz der Kirche, von dem jeder Augenblick Leben ausströmt in alle ihre lebendigen Glieder.
Wodurch ist die Feier dieses Festes besonders ausgezeichnet?
Durch die feierliche Fronleichnams-Prozession. Das Allerheiligste wird mit möglichst großer Feierlichkeit unter Glockengeläute und Absingen von Lobgesängen durch die öffentlichen Straßen getragen, begleitet von der Geistlichkeit im Ornat und dem gläubigen Volk im Festgewand. Wege und Häuser sind in mannigfacher Weise geschmückt. In deutschen Landen werden im Freien nach den vier Himmelsgegenden hin Altäre errichtet und an denselben die Anfänge der vier Evangelien gesungen und jedesmal am Schluß der heilige Segen erteilt.
Warum wird an diesem Fest eine so feierliche Prozession gehalten?
1) Um den Triumph der Wahrheit über Lüge und Irrtum auf solche Weise zu feiern, daß ihre Gegner beim Anblick so großen Glanzes und so allgemeiner Freude sich bekehren;
2) um den Glauben an die wirkliche und wesentliche Gegenwart Jesu im heiligsten Altarsakrament öffentlich zu bekennen;
3) um demjenigen, vor dem alle Knie sich beugen sollen, im Angesicht des Himmels und der Erde Ehrfurcht und Anbetung zu erweisen;
4) um öffentlich Gott Dank zu sagen für die Einsetzung des heiligsten Altarsakramentes und für alle durch dasselbe den Gläubigen zufließenden Gnaden;
5) um die in diesem heiligsten Sakrament Christus zugefügten Unbilden durch feierliche Anbetung einigermaßen gutzumachen;
6) um den Segen Gottes über Land und Leute herabzuflehen;
7) um anzuzeigen, daß Jesus als wahrer Gott, nicht bloß in Tempeln, gebaut von Menschenhänden, wohne, sondern, daß der Himmel sein Thron, die Erde sein Fußschemel, die ganze Welt sein Tempel sei;
8) um jenes Vorbild des alten Bundes, in welchem die Arche mit dem in ihr eingeschlossenen Manna, dem Sinnbild des heiligsten Altarsakramentes, umher getragen wurde, zu erfüllen.
Warum werden an den vier Altären die Anfänge der vier Evangelien gesungen?
Um anzudeuten, daß die Lehre vom heiligsten Altarsakrament in dem Evangelium begründet ist, und daß die Kirche aus diesem Sakrament die Kraft schöpft, das Evangelium in der ganzen Welt auszubreiten und in den einzelnen Christenherzen wirksam zu machen. – in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 337-338