Johannes Vianney über das Sakrament der Ehe

Johannes Baptist Maria Vianney: Predigten

Eine Porträtzeichnung des heiligen Pfarrers von Ars, Johannes Baptist Vianney, der in selig lächelnd auf dem Boden kniet und die Hände zum Gebet gefaltet hält

Johannes B. M. Vianney über das Sakrament der Ehe

Auszug

Evangelium von der Hochzeit zu Kana

Wie glücklich würden die Christen sein, wenn sie die Gnade hätten, wie diese beiden Leute, die den göttlichen Heiland baten, ihrer Hochzeit beizuwohnen! Aber, meine Brüder, sehr wenige tun, was sie tun müssen, um den göttlichen Heiland zu ihrer Hochzeit einzuladen. Im Gegenteil, es scheint, daß man alle Mittel anwendet, Ihn fern zu halten. Ach, wie viele sind verdammt, weil sie Jesum Christum nicht zu ihrer Hochzeit eingeladen, wie viele, welche ihr Hölle schon in dieser Welt beginnen! Ach, wie viele Christen treten in diesen Stand mit denselben Gesinnungen, wie die Heiden, ja, vielleicht mit noch schlimmeren! Ja, meine Brüder, mit Tränen muss ich es sagen, daß von allen Sakramenten kein einziges so viel entheiligt wird, als dieses. Es scheint, daß man dieses großes Sakrament fast nur empfängt, um einen Gottesraub zu begehen. Ach, wenn wir sehen, wie so viele schlechte Ehen geschlossen werden, so viele Leute unglücklich werden, so viele, welche durch die gegenseitigen Schmähungen wirklich ihre Hölle schon hienieden beginnen: suchen wir den Grund davon in nichts anderem, als in der Entheiligung dieses Sakramentes.

Ach, wenn von dreißig Ehen drei sind, welche alle Gnaden empfangen, so ist das schon viel. Was anders aber wird aus all dieser Schändung des heiligen folgen, als ein Geschlecht von Verworfenen? Mein Gott, kann man daran denken, ohne zu zittern, da man so viele arme Personen sieht, welche in diesen Stand treten nur, um in die Hölle zu fallen? Meine Absicht ist nun, meine Brüder, denjenigen, welche diesen Stand angetreten haben, ihre begangenen Fehler und denjenigen, die daran denken, ihn anzutreten, die Vorbereitung zu zeigen, welche sie mit hinein nehmen müssen.

Niemand zweifelt, meine Brüder, daß wir uns in allen Ständen, welche Gott geschaffen hat, retten können, wenn wir diejenige Vorbereitung mitbringen, welche Gott von uns fordert. Aber einige Stände bringen viel mehr Schwierigkeiten mit sich als andere. Wir wissen, welcher Stand die meisten Schwierigkeiten mit sich bringt, es ist der Ehestand. Und dennoch sehen wir, daß er es gerade ist, den man mit der schlechtesten Vorbereitung empfängt. Sobald ein junger Mann oder ein Mädchen daran denkt, selbständig zu werden, beginnen sie auch, sich von Gott zu entfernen, indem sie die religiösen Übungen, das Gebet und den Empfang der heiligen Sakramente vernachlässigen. Eitelkeiten und Vergnügen nehmen die Stelle der Religion ein, und die schändlichsten Verbrechen treten an die Stelle der heiligen Sakramente. Sie setzen diesen Weg fort, bis sie in die Ehe treten, wo die meisten ihr ewiges Unglück vollenden, indem sie drei Sakrilegien in zwei oder drei Tagen begehen, indem sie nämlich das Sakrament der Buße, des Altars und der Ehe entheiligen, wenn der Priester unglücklich genug ist, ihnen die beiden ersten zu spenden; ich sage, wenigstens die meisten, wenn nicht alle. Die meisten Christen bringen ein Herz dazu mit, welches tausendmal schlimmer vom schändlichen Laster der Unreinigkeit angesteckt ist, als eine große Anzahl von Heiden, welche nicht einmal wagen würden zu tun, was die meisten Christen begehen. Ein Mädchen, welches einen jungen Mann zu heiraten wünscht, kennt fast keine Zurückhaltung mehr. Ach, es verläßt den lieben Gott, und der liebe Gott verläßt es dann auch. Ach, was wird aus diesen armen Personen werden, welche das Sakrament der Ehe in einem solchen Zustand empfangen? O mein Gott, mit welchem Abscheu kann und muss der Himmel solche Ehen betrachten!

Dieses junge Mädchen glaubte, wenn sie jenen jungen Mann hätte, oder dieser junge Mann jenes Mädchen, dann würde ihnen nichts mangeln. Aber ach, wenn sie zu Stand gekommen sind, welche Veränderung, welche Tränen! Welche Reue, welche Seufzer! Aber alles das ist umsonst, man ist unglücklich und muss es bleiben bis zum Tode. Man muss mit einer Person zusammen leben, welche man meistens nicht sehen und nicht ausstehen kann. Sagen wir lieber, meine Brüder, sie fangen ihre Hölle schon in dieser Welt an, um sie die ganze Ewigkeit hindurch fortzusetzen. Ach! Die Zahl solcher unglücklichen Ehen ist so groß, und dieses kommt nur von der Entheiligung dieses Sakramentes (der Ehe). Ach, bedächte man doch, wenn man in den Ehestand tritt, was man tun will, welche Pflichten man zu erfüllen hat, welche Schwierigkeiten man finden wird, um selig zu werden: o mein Gott, wie viel weiser würde man sich verhalten! Aber das Unglück der meisten ist, daß sie schon den Glauben verloren haben, wenn sie hinein treten. Anderseits tut der Teufel alles mögliche, um sie der Gnaden unwürdig zu machen, die ihnen Gott erteilen würde, wenn sie gut vorbereitet wären. Der Teufel hofft, nicht allein sie zu haben, sondern hofft auch, die Kinder, welche von ihnen geboren werden, als Schlachtopfer zu bekommen.

Dennoch, meine Brüder, obgleich es so schwer ist, im Ehestande selig zu werden, so können diejenigen, welche Gott dazu beruft, sich darin retten, wenn sie das Glück haben, die Vorbereitung mitzubringen, welche der liebe Gott von ihnen fordert, um ihnen die Gaben bewilligen zu können, die ihnen durch die Sakramente versprochen sind. Jeder muss in den Stand treten, wohin der liebe Gott ihn beruft, und man kann wohl sagen, daß die meisten Christen verloren gehen, weil sie ihrem Berufe nicht folgen, sei es daß sie Gott nicht darum bitten, oder sei es, daß sie durch ein schlechtes Leben sich unwürdig machen, ihn zu erkennen.

Aber handeln wir jetzt eingehender von dem, was dieses heilige Sakrament betrifft. Wenn ich ein Kind fragte, was das Sakrament der Ehe sei, würde es mit antworten: „Es ist ein von unserm Herrn Jesus Christus eingesetztes Sakrament, welches die notwendigen Gnaden verleiht, um diejenigen, zu heiligen, welche sich nach dem Gesetz der Kirche und des Staates verheiraten.“ Aber welches sind die Bedingungen, um die Gnaden zu empfangen, die Gott uns durch dieses Sakrament mitteilt? Es sind folgende:

Erstens: Man muss im Stande der Gnade sein, also eine gute Beichte abgelegt haben über alle seine Sünden, mit einem wahrhaften Verlangen, sie nicht mehr zu begehen. Wenn ihr mich fragt: „Warum muss man im Stande der Gnade sein, um zu heiraten?“, so antworte ich euch: 1. weil es ein Sakrament der Lebendigen ist, d. h. die Seele muss beim Empfang frei von schwerer Sünde sein; 2. wenn man nicht im Stande der Gnade ist, so begeht man einen Gottesraub. Außerdem muss man auch hinreichend und gut unterrichtet sein. Diejenigen, welche dieses Sakrament würdig empfangen wollen, müssen notwendig unterrichtet sein, um sowohl ihre eigenen Pflichten zu kennen, als auch ihre Kinder zu einem christlichen Leben zu erziehen.

Ein zweiter Grund, welcher den Empfänger zu einer guten Vorbereitung antreiben muss, um alle Gnaden zu empfangen, welche dieses große Sakrament bietet, sind die vielen Leiden, welche man im Ehestand zu tragen hat…

Ihr werdet mir beistimmen, daß eine außerordentliche Gnade dazu gehört, um alles ohne Murren zu tragen, in einer Weise, daß es für den Himmel verdienstlich wird. Aber, woher kommt es, daß dieser Mann die Fehler, welche er an seiner Frau bemerkt, nicht ertragen kann und daß diese Frau jeden Augenblick ihren Gatten als einen Trunkenbold beschimpft? Es kommt daher, daß diese Personen nicht die Gnaden des heiligen Sakramentes der Ehe empfangen haben; sie können daher während der Zeit ihres Lebens nur unglücklich sein und werden nach ihrem Tode verdammt.

Ein größeres Unglück aber ist es noch, daß außerdem auch ihre Kinder ihnen ähnlich werden. Ach, wer könnte den beweinenswerten Zustand der Kinder beschreiben, welche aus solchen Ehen hervor gehen! Ihr seht, sie leben fast wie Tiere. Ihre Eltern haben die Religion niemals gekannt; deshalb können sie dieselbe auch ihre Kinder nicht lehren.

Ach, Kinder von zehn, zwölf Jahren wissen nicht zu beten, kennen kein Wort von Religion und haben bereits schon lauter Schwüre und schlechte Worte im Munde. Ach, wie viele Eheleute und Kinder gehen verloren! Wären jene nicht geheiratet, so würden sie wenigstens allein verdammt worden sein. Wie bevölkert die Entheiligung dieses Sakramentes die Hölle!

„Aber“, antwortet ihr mir, „was muss man denn tun, um diesen Stand heilig anzutreten.“ Folgendes, mein Freund! Vernimm es wohl. Heil dir, wenn du es befolgest! Eure Ehe darf nicht einer heidnischen Ehe gleichen; es ist wahrhaftig für gewöhnlich nicht der Geist der Frömmigkeit, der die christlichen Ehen zu schließen pflegt. Man muss es tun im Namen Jesu Christi, in der Absicht, Ihm zu gefallen und seinem Berufe zu folgen, indem man das Heil seiner Seele vor Augen hat und nichts anderes. Es darf also nicht irdische Absicht sein, nicht das Verlangen, den Leidenschaften des Herzens zu folgen, welches einen Christen bewegen muss, sich zu verheiraten, sondern die Absicht, der Stimme Gottes zu folgen, der ihn zu diesem Stand beruft, und die Kinder christlich zu erziehen, welche der liebe Gott ihm geben will.

… Man muss immer eine Person wählen, welche fromm ist; ihr muss man den Vorzug geben, selbst wenn sie weniger Hab und Gut besitzt, weil man dann sicher ist, daß Gott die Ehe segnen wird. Diejenigen aber, welche keine Religion besitzen, werden ihr Hab und gut in kurzer Zeit verlieren. Man muss es auch nicht machen, wie manche es tun, welche einen verkommenen und schlechten Menschen nehmen, indem sie sagen: „Er wird sich bessern, wenn er verheiratet ist.“ Im Gegenteil, er wird noch schlechter, und du wirst dein Leben in einer Art Hölle zubringen müssen. Ach, wie dicht gesät sind solche Ehen!

Durch Gebet und andere gute Werke müsst ihr den lieben Gott bitten, daß Er euch erkennen lasse, welche oder welche Er für euch bestimmt hat. Man sagt: „Damit eine Ehe gut geschlossen d. h. glücklich sei, muss sie im Himmel geschlossen sein, bevor sie auf Erden geschlossen wird.“ Von Anfang an dürfen die jungen Leute, wenn sie die Gnaden verdienen wollen, die der liebe Gott denen bereitet, welche sich heiligen wollen, nicht allein miteinander sprechen, weder über Tag noch bei Nacht, ohne die Gegenwart ihrer Eltern und sich nicht die geringste Vertrautheit oder das geringste Ungeziemende erlauben. Wenn sie das nicht tun, können sie versichert sein, daß sie den lieben Gott von ihrer Hochzeit entfernen und daß, wenn der liebe Gott nicht dabei ist, der Teufel sich einfinden wird. Ach! Es gibt von zweihundert nicht ein Paar, welches das beobachtet. Man kann auch wohl sagen, daß es von zweihundert nicht ein Haus gibt, welches wirklich so ist, daß Religion und Friede in demselben herrschen, so daß man von ihm sagen kann, dies sei ein Haus des lieben Gottes. Ach wie kann man hoffen, daß der liebe Gott, so mächtig Er auch ist, die Ehe von solchen Personen segnen werde, die seit wer weiß wie vielen Jahren in der schändlichsten Unkeuschheit leben, die vielleicht weder Abend- noch Morgengebet verrichten, die seit mehreren Jahren den Empfang der heiligen Sakramente vernachlässigt haben; oder wenn sie dieselben empfingen, geschah es nur, um sie zu entweihen. Ach, wie kann das anbetungswürdige Blut Jesu Christi auf solche Ehen herabsteigen, um sie zu heiligen und ihre Beschwerden süß und für den Himmel verdienstlich zu machen? Ach, wie viele Sakrilegien gibt es, wie viele Eheleute, die in der Hölle brennen werden! O, mein Gott, möchten doch die Christen ihr Unglück erkennen und ihre ewige Strafe! Ach, sie verlassen ihre schändlichen Sünden, die immer eben schändlich sind, auch nach der Hochzeit noch nicht und bleiben immer auf dem Wege zur Hölle, worin sie bald hinein fallen werden. (*)

Wir wollen, meine Brüder, nicht im einzelnen auf die Schändlichkeiten eingehen, welche man in der Ehe begeht, man sollte vor Schauder sterben! Ziehen wir einen Vorhang darüber, der sich in Wahrheit am Tage der Vergeltung heben wird, wo wirr alle diese Schändlichkeiten vernehmen werden, ohne fürchten zu müssen, unsere Einbildungskraft zu besudeln. O, ihr Eheleute, verliert es doch nicht aus dem Auge, wie am Tage des Gerichtes alles offenbar wird und daß eine ungeheure Zahl von Personen in Staunen geraten wird, weil Christen sich derartige Schändlichkeiten erlaubt haben!

(*) Manche Eheleute halten in der Ehe alles für erlaubt. Das ist aber ein Irrtum. Sie sollen deshalb einen Beichtvater um Belehrung bitten. –

aus: Janssen, Joh., Der selige Pfarrer von Ars, Joh. Bapt. Maria Vianney, in seinem Leben und Wirken, 1905 S. 212 – S. 221

siehe auch den Beitrag: Aus einer Trauungsrede an ein katholisches Brautpaar

Tags: Ehestand

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