Heiligenkalender
15. März
Der heilige Soldat Longinus Märtyrer
Dieser Longinus, der mit seiner Lanze die Seite Jesu öffnete, hieß vor seiner Bekehrung Cassius und stammte aus Isaurien in Klein-Asien. Die Wunder bei der Kreuzigung und am Grabe Christi, deren Augenzeuge er war, bewogen ihn zum Glauben an den Gekreuzigten und zur Buße für sein früheres Leben. Von den Aposteln unterrichtet und getauft, verließ er den Waffendienst, ging nach Caesarea in Kappadozien und lebte dort in tätiger Gottes- und Nächstenliebe. Sein leuchtendes Beispiel der zartesten Gewissenhaftigkeit, Sanftmut, Keuschheit und Mildtätigkeit während achtundzwanzig Jahren, bekehrte Viele zum Glauben an Christus.
Der Statthalter Octavius zog hierüber den Longinus zur Verantwortung und befahl ihm, den Göttern des Staates zu opfern. Dieser erklärte: „Ich bin ein Christ und kann nicht zwei Herren dienen: ich werde nie den toten Götzen opfern, sondern treu bleiben meinem Gott und Erlöser.“ Für diese Reden wurden ihm die Zähne eingeschlagen und die Zunge aus dem Halse geschnitten. Longinus ertrug diese Qual freudig und rief – ohne Zunge – mit lauter Stimme: „Octavius, erlaube mir einen Kampf mit deinen Göttern: wenn diese mich besiegen, so will ich an sie glauben und ihnen opfern; wenn aber ich sie besiege, so glaube du an meinen Gott, als den allein wahren.“ Der Statthalter ging auf diesen Vorschlag ein. Longinus zerschlug mit einer Axt die Götzenbilder und Altäre in tausend Stücke und siehe, die Teufel, welche in diesen Bildern gewohnt hatten, fuhren in die anwesenden Gerichtspersonen. Diese fingen an, wie Rasende zu toben. Das zuschauende Volk schrie voll Schrecken und Angst: „Groß ist der Gott der Christen: wir beschwören dich, seinen Diener, laß doch die Dämonen nicht unsere Stadt zu Grunde richten!“ Longinus betete zu Jesus und trieb die Teufel aus den Besessenen aus. Freudig dankte ihm das Volk, und Viele glaubten an Christus. Octavius schrieb seine und seiner Diener Befreiung von den bösen Geistern der Zauberei des Longinus zu, verurteilte ihn zum Tode mit demSchwert und ließ ihn ins Gefängnis abführen.
Der Kerkermeister Aphrodisius, ein eifriger Christ, machte dem Statthalter ernste Vorwürfe wegen dieses ungerechten Urteils, durch welches er sich selbst mit der Schande des Undankes entehre und sein gegebenes Wort breche. Voll Zorn ließ Octavius dem kühnen Mahner die Zunge ausschneiden, wurde aber auf der Stelle blind und von fürchterlichen Schmerzen in den Eingeweiden befallen. Aphrodisius, der durch ein Wunder auch ohne Zunge zu sprechen vermochte, pries laut die Gerechtigkeit des allmächtigen Gottes.
Der blinde Statthalter flehte demütig und reuevoll den Kerkermeister an, daß er den Longinus bewege, für ihn zu Gott zu beten. Longinus verlangte von Octavius, daß er ihn zuerst durch die Enthauptung der Märtyrerkorne teilhaftig mache; dann werde er – vor dem Angesicht Gottes stehend – um so wirksamer seine Heilung erflehen. So geschah es. Der Statthalter kniet voll Reue nieder vor die Leiche des Longinus und flehte zum Gott der Christen um Verzeihung. Augenblicklich wurde er sehend und frei von allen Schmerzen. Dankbar ehrte er seinen Wohltäter Longinus durch ein feierliches Begräbnis, blieb treu und standhaft im Glauben an Jesus Christus und wirkte eifrig für die Ausbreitung desselben.
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 196-197