Heiliger Emmerich Prinz von Ungarn

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

5. November

Heiliger Emmerich von Ungarn

(Vererbung sittlicher Anlagen)

Unter allen Fürsten, welche schon zur Heiligkeit gelangt sind, ist einer der berühmtesten der hl. Stephan, König von Ungarn. Wegen des Eifers, womit er durch Wort und Tat das Christentum in dem halb heidnischen Ungarland verbreitete, heißt man ihn auch den Apostel von Ungar. Der erstgeborenen Sohn dieses heiligen Königs hieß Emmerich. Schon in der Jugend zeigte derselbe eine wunderbare Frömmigkeit; so z. B. war es seine Gewohnheit um Mitternacht aufzustehen, die Kerzen anzuzünden und die Psalmen zu lesen; beim Schluß eines jeden Psalms begehrte er mit reuigem Herzen von Gott Vergebung seiner Sünden.

Der hl. Stephan hat öfters diese frommen Übungen seines Sohnes heimlich beobachtet und große Freude darüber empfunden.; wie einst Zacharias, so lobte der König Gott und sagte Dank, daß er ihn mit einem so gottseligen Sprössling gesegnet habe. Sonst aber behielt er die Sache für sich; denn es ist gefährlich, unnötiger Weise das Gute oder Ausgezeichnete, was man von seinen Kindern und Angehörigen bemerkt, bei Andern zu rühmen.

In der Gegend, wo der hl. Stephan eine schwere Schlacht über die heidnischen Rebellen gewonnen hatte, ließ er ein Kloster zu Ehren des hl. Martin bauen, weil er diesen Heiligen besonders um seinen Beistand vor der Schlacht angerufen hatte. Einst machte er nun mit seinem jungen Sohn eine Wallfahrt in dieses Kloster. Als die Mönche solches hörten, wollten sie dem Gründer und Stifter ihres Klosters möglichst große Ehre erweisen und zogen ihm deshalb in Prozession entgegen. Der Vater wollte aber solchem ausweichen und sandte deshalb seinen Sohn ihnen entgegen, daß dieser sie in seinem Namen begrüße. Als nun die Mönche dem königlichen Erbprinzen viele Ergebenheit bezeugten, küßte er einen jeden derselben, um ihnen seine Hochachtung und Liebe zu beweisen. Allein es war hierbei auffallend, daß der junge Emmerich nicht gleichmäßig verfuhr, sondern dem einen Mönch weniger, dem andern mehr Küsse gab; ja, einen derselben, Namens Maurus, küßte er sogar siebenmal. Sein Vater, der hl. Stephanus, dachte, solches müsse seine Bedeutung haben, und Gott werde der unschuldigen heiligen Seele seines Sohnes etwas geoffenbart haben, was ihn zu solchem ungleichartigen Benehmen den Mönchen gegenüber veranlaßt habe. Der König fragte daher Emmerich darüber; dieser antwortete, die Mönche seien alle fromm und tugendhaft, aber nicht in gleichem Grad; je heiligmäßiger einer sei, desto mehr Küsse habe er ihm gegeben, am meisten dem Maurus, weil dieser an Reinheit alle Andern übertreffe.

Dem König schien diese Äußerung seines Sohnes sehr merkwürdig; er wollte aber Gewissheit haben, ob solches nur Einbildung sei, oder ob wirklich Gott seinem Sohn einen übernatürlichen Blick und Unterscheidung der Geister verliehen habe, so daß er den Seelenzustand der Leute durchschaue. Deshalb kehrte er zwei Tage nachher, als sie schon wieder zu Haus waren, noch einmal in das Kloster zurück in Begleitung von zwei Reisegefährten, um genauer die einzelnen Klosterbrüder kennen zu lernen, und ob Emmerich sie richtig beurteilt habe. Im Kloster wurden die Metten stets um Mitternacht gehalten; der fromme König wohnte denselben bei. Nun bemerkte er, daß manche Brüder nach Beendigung der Metten fort gingen, um sich in ihren Zellen wieder zur Ruhe zu legen; Andere aber blieben in der Kirche, um in der Stille die übrige Nachtzeit sich der Betrachtung, dem Gebet und Lob Gottes hinzugeben. Dies waren aber gerade diejenigen, welchen der hl. Emmerich mehr Küsse gegeben hatte, als den Übrigen. Der König nahte sich nun diesen gottseligen Männern und grüßte freundlich; sie ihrerseits unterbrachen ihr Gebet, um ebenso den König zu begrüßen und ihm Ehre zu erweisen. Als er aber auch zu Maurus kam, welchen Emmerich siebenmal geküßt hatte, wurde sein Grüßen nicht erwidert, ja der Mönch ließ sich nicht aus dem Stillschweigen bringen, als ihm der König ernstlich drohte, wenn er ihm keine Antwort gäbe.

Den andern Tag begab sich der König in den Konvent, wo alle Klosterbrüder beisammen waren; um nun den Maurus noch in anderer Weise zu prüfen, so machte er demselben in Gegenwart der Übrigen derartige Vorwürfe, wie wenn Maurus ein unordentlicher ausgearteter Mönch wäre. Dieser verteidigte sich mit keinem Wort, sondern in Demut nahm er den Verweis an, während er doch in allen Beziehungen unschuldig war. Der König war nun vollkommen überzeugt, daß sein Sohn wahrhaftig in Erleuchtung des hl. Geistes Jeden in seinem Wert erkannt habe. Er sagte nun den Mönchen, was ihn noch einmal hierher geführt habe, gab dem Maurus die größten Lobsprüche und machte ihn nach einiger Zeit zum Bischof von Fünfkirchen.

Wie an Jahren, so nahm Emmerich zu an Tugenden und Verdiensten. Einmal, da er sich in Vesprim aufhielt, nahm er Nachts seinen Diener mit sich und ging zu der uralten Kirche des hl. Georg; dort fällt er vor dem Altar nieder und beratschlagt im Gebet, was er Gott wohl als Opfer darbringen könnte, das ihm am wohlgefälligsten wäre. Da wurde es, so berichtet die alte Legende des hl. Emmerich, in der Kirche tageshell, und es war ihm, als spreche von Oben eine Stimme. „Die Jungfrauschaft ist eine preiswürdige Sache, darum fordere ich von dir jungfräuliche Keuschheit des Leibes und des Gemütes; diese opfere Gott und verharre in derselben mit beständigem Vorsatz.“

Emmerich aber wußte wohl, daß man nie auf seine eigenen Kräfte vertrauen dürfe; deshalb suchte er nun den Beistand dessen an, bei dem alle Dinge möglich sind, und bat Gott inständig, daß er in ihm völlig auslöschen möge alle unreinen Anreizungen und bösen Gelüste. Mit göttlichem Trost erfüllt verließ der gottselige Jüngling die Kirche verbot aber seinem Diener ernstlich etwas von dem, was er gesehen und gehört hatte, Andern zu offenbaren, so lange er noch bei Leben sei. So mögen noch viele christliche Werke von Emmerich vor der Welt verborgen geblieben sein, weil er sie verbarg aus Sorge, Tugend und Verdienst nicht durch eitle Ehre zu zerstören.

Da Emmerich der erstgeborene Sohn des Königs war, so wollte dieser, um für die Regierung des Landes vorzusorgen, daß sein Sohn in den Ehestand trete. Da Emmerich Gott schon ewige Jungfräulichkeit gelobt hatte, so war ihm dieses Begehren höchst widerwärtig, und nur die anhaltenden dringenden Bitten seines königlichen Vaters bewogen ihn endlich seine Einwilligung zu geben. Allein wenn er einerseits aus Ehrerbietung und kindlichem Gehorsam gegen seinen Vater nachgab, so wollte er anderseits noch viel weniger das Gott geweihte Opfer steter Jungfräulichkeit zurück nehmen; er trat deshalb gleichsam nur vor der Welt in den Ehestand, ließ sich nämlich trauen mit einer schönen tugendhaften Jungfrau aus königlichem Stamm; mit dieser lebte er nun zusammen wie ein Bruder mit einer Schwester, und brachte dieselbe zu eben solcher Verachtung der Weltlust und Heiligkeit des Lebens, wovon er selbst schon lange beseelt war. Beide waren darin gleich gesinnt, daß sie lieber eine Ehe führen wollten, welche an Tugenden, als eine solche die an Kindern fruchtbar wäre.

Eine seltsame Geschichte soll sich am Grab des hl. Emmerich zugetragen haben, nachdem auch der König Stephan schon im Ruf der Heiligkeit gestorben war. Ein Deutscher, Namens Konrad, der ganz außerordentliche Lastertaten begangen hatte, wurde durch Gottes unermessliche Barmherzigkeit zur Erkenntnis und Sinnesänderung gebracht. In der Angst seiner Seele und in großer Zerknirschung reiste er nach Rom und bat den Papst selbst, er möge ihm eine recht große Buße auferlegen. Es wurde ihm nun aufgegeben, sich eiserne Ketten an den Leib schmieden zu lassen; mit diesen solle er so lange an die Gräber großer Heiligen wallfahren, bis an einem derselben die Ketten von selbst zerreißen und abfallen würden. Konrad nahm in aufrichtigem Bußgeist gern diese tausendmal verdiente Buße auf sich. Bei seinen Wanderungen, die er nun an verschiedene Begräbnisorte von berühmten Heiligen machte, kam er auch nach Ungarn zu den Grab des hl. Stephan. Hier betete er nun in großer Inbrunst des Herzens und in Hoffnung, daß er doch hier endlich durch Zerbrechen der Ketten der Verzeihung seiner Missetaten getröstet werde. Nach langem Ringen im Gebet schlief er endlich ein vor Müdigkeit und Ermattung des Leibes und der Seele. Da erschien dem Schlafenden der hl. Stephanus und forderte ihn auf, er solle zu dem nächsten Grab seines Sohnes Emmerich gehen, dort werde sein Gebet erhört werden. Konrad erwachte und tat, was ihm im Traum befohlen worden. Sobald er nun dem Grab des hl. Emmerich sich genaht hatte, zersprangen plötzlich mit Krachen die Ketten und fielen auf den Boden, so daß alle Anwesenden in der Kirche zusammen liefen, um zu sehen, was vorgefallen sei. –
aus: Alban Stolz, Legende oder der christliche Sternhimmel, Bd. 4 Oktober bis Dezember, 1872, S. 213 – S. 217

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