Das Fest Mariä Geburt – Heilige schauen das Fest im Himmel
(8. September)
Die hl. Franziska Romana ward an heutigen Tage nach der hl. Kommunion in den Himmel verzückt und wohnte der Feierlichkeit bei, welche da begangen wurde. Zwei Seraphinen sangen:
Ista est illa navicella
Quae est tantum pulcherrima,
Quod fuit facta Dei cella
Et Dei humilis ancilla.
Dieses ist das Schufflein,
Diese ist die Schönste,
Welche Gottes Brautgemach
Und demütige Dienerin geworden!
Die Seligen besangen abwechselnd die Vorrechte, mit denen die hochheilige Dreifaltigkeit Maria ausgestattet, und sie begrüßten sie nach und nach durch zwei Patriarchen, und zweinPropheten durch den hl. Petrus und Paulus, den hl. Stephan und Laurentius, durch den hl. Hieronymus und Gregor, und durch die Chöre der Jungfrauen. Ihrerseits dankte Maria Gott und dem Erlöser, daß er sich „zum Sohne des Weibes aus Liebes zu den Menschen gemacht hat.“
Die heilige Gertrudis sah, als man im Chorgesang „Adest namque festivitas“, denn das Fest ist da, bei den Worten: „Ispa intercedat pro peccatis nostris“, „Sie bittet für unsere Sünden“, die Mutter unseres Herrn ein Papier, das die Engel ihr gebracht, in der Hand halten, worauf die nämlichen Worte mit goldenen Buchstaben geschrieben waren, und dieses Papier dann ihrem Sohn darreichen: worauf dieser unter den zärtlichsten Liebesbezeigungen antwortete: „Ich habe dir volle Gnade gegeben, mich denen günstig zu machen, welche sich dir andächtig anbefehlen werden.“ –
Welche Verehrung und Andacht aber unserer gebenedeiten Mutter an ihrem Geburtstag am meisten gefällt, das hat sie selbst den beiden hl. Schwestern Gertrudis und Mechtildis angezeigt. –
Als die heilige Gertrudis ebenso viele Ave Maria als die allerseligste Jungfrau Tage unter dem herzen ihrer heiligen Mutter zugebracht, gebetet und derselben aufgeopfert hatte, fragte sie, welches Verdienst sich wohl die erwerben, die das Nämliche wie sie tun werden? Und die allerseligste Jungfrau antwortete: „Sie verdienen an denselben Freuden Teil zu haben, womit ich im Himmel überhäuft bin, und die mir allzeit neu vorkommen.“ (Leben und Offenbarungen der hl. Gertrudis Teil II, S. 202 u. 2054)
Die heilige Mechtildis fragte am heutigen Tage die Königin der Herrlichkeit in ihrem Gebet, was sie wolle, daß an ihrem Fest gebetet werden möchte. Zur Stunde erschien ihr die gütige Jungfrau und sprach: „Bete mir so viele Ave, als ich Tage im mütterlichen Leib gewesen bin (*) und erinnere mich der Freude, welcher ich mich jetzt erfreue, da ich die Freude der heiligen Dreifaltigkeit schaue und erkennen, jene Freude, die sie an mir gehabt durch das Wohlgefallen, mit welchem sie mich von Ewigkeit bevorzugte.
Doch ganz besonders frohlockte sie in meiner Geburt, so daß ob des Reichtums ihrer Freude auch Himmel und Erde und alle Kreaturen, obwohl des Grundes ihres Frohlockens nicht bewußt, mit aufjubelten. Denn gleichwie ein Werk-Meister, der da ein wundervolles Werk herzustellen gedenkt, es in sich betrachtet mit großem Fleiß, und es voraus in seinem Herzen mit Lust erschaut; also ward auch die heilige Dreifaltigkeit in mir ergötzt, und freute sich, da sie mich zu einem solchen Gebilde erschaffen wollte, in welchem alle Kunst ihrer Macht, Weisheit und Güte auf das Herrlichste erschien, und dazu wußte sie, daß ihr Werk in mir nimmermehr verdorben würde. Sie hat auch so gnädig und mit so großer Wonne meine Geburt und Kindheit begabt, daß alle die Werke meiner Kindheit von ihr geachtet sind als ein Freudenspiel nach dem Ausspruch: „Spielend vor dem Herrn zu aller Zeit“.
Zum anderen gemahne mich der Freude, welche mir darin zukommt, weil Gott mich über alle seine Geschöpfe so sehr geleibt hat, daß er mir zu Liebe oft der Welt schonte, noch ehe denn ich geboren ward. Auch hat er aus gar freigebiger Liebe zu mir meinen Eintritt in die Welt beschleunigt, und ist mir mit seiner Gnade zuvor gekommen im Mutterleib. Zum Dritten gemahne mich der Freude, die ich darin habe, daß Gott mich am würdigsten geehrt hat über alle Engel und über alle Kreaturen. Auch von der Stunde an, in welcher meine Seele meinem Leib eingegossen war, hat er mich mit dem heiligen Geist erfüllt, der mich gänzlich vor der Erbsünde bewahrte und mich durch besondere Heiligung zu einem heiligen Hause weihte, so daß ich hinaus trat in diese Welt als eine Rose ohne Dornen und dem Morgenstern gleich.“
Auch hatte die heilige Jungfrau Maria Haare von wundervoller Schönheit. Und da Mechtildis diese Haare berührte, sprach die glorreiche Jungfrau: „Berühre immerhin meine Haare! Denn je mehr du sie berühren wirst, desto höhere Zierde wird dir selber werden. Denn diese meine Haare sind Sinnbild meiner unzählbaren Tugenden. Und je mehr du diese anrührst und mir selbst nachahmst, desto mehr werden sie in dir die Schönheit und Anmut erhöhen.“
Hierauf sprach Mechtildis: „O Königin aller Tugenden! Ich bitte dich, sage, welches war die erste Tugend, welche du in der Kindheit geübt hast?“ Sie antwortete: „Demut, gehorsam und Liebe. Von Kindheit an war ich so demütig, daß ich mich keiner Kreatur vorgezogen habe. Ich war meinen Eltern so gehorsam, daß ich sie auf keine Weise betrübte. Weil der heilige Geist mich im Mutterleib geheiligt hatte, war ich geneigt zu allem Guten, und liebte es wunderbar über alle Güter; nur demjenigen allein, was tugendhaft war, folgte ich fleißig nach, und es war mir wundersam Lust, dasselbe mir anzueignen.“ (Buch der Gnaden, Kap. 36)
(*) Der heiligen Brigitta offenbarte die allerseligste Jungfrau Folgendes:
„Wenn in Hoffnung gehende Frauen den Vorabend ihres Geburtsfestes mit Fasten und dem frommen Gebet von neun Ave Maria zu Ehren ihres neun monatlichen Verweilens im Mutterleib feierten und diese Andacht öfters bis zu ihrer Niederkunft und am Vorabend derselben erneuerten und dabei die hl. Sakramente andächtig empfangen, so wolle sie ihr Gebet vor Gott bringen, und ihnen, selbst unter schwierigen Umständen, eine glückliche Niederkunft erflehen.“ –
Der gottseligen Katharina Emmerich sagte die heilige Jungfrau: wer heute Nachmittag (Vorabend vor Mariä Geburt) neun Ave Maria in Andacht und Liebe zu Ehren ihres neunmonatigen Verweilens im Mutterleib und ihrer Geburt bete, und diese Andacht neun Tage fortsetze, der gebe den Engeln neun Blumen zu einem Strauss, den Maria im Himmel empfange und der heiligen Dreifaltigkeit überreiche, dem Betenden eine Gnade dadurch zu erflehen. –
aus: Georg Ott, Marianum, Legende von den lieben Heiligen und gottseligen Dienern Unserer Lieben Frau und den berühmtesten Gnadenorten der hohen Himmels-Königin, 1869, Zweiter. Teil, Sp. 2038 – Sp. 2041