Heiligenkalender
8. Oktober
Die heilige Birgitta von Schweden
Heute ladet die Kirche ein, zu schauen und zu ehren die anmutige und erhebende Gestalt des christlichen Weibes in seiner dreifachen Schönheit als Jungfrau, als Gattin und als Witwe. Birgitta ist es, welche das Frauengeschlecht in diesen drei Beziehungen verherrlicht hat.
Sie war die jüngste Tochter sehr vornehmer Eltern und wurde 1302 bei Upsala in Schweden geboren. Außerordentliche Umstände bei ihrer Geburt deuteten ihre künftige Berühmtheit an. Die ersten drei Jahre war sie ganz stumm, erhielt dann aber auf einmal die Sprache und redete nicht bloß sehr geläufig, sondern auch sehr vernünftig wie eine Erwachsene. Sie verlor frühzeitig ihre fromme Mutter und wurde deren Schwester zur Erziehung anvertraut. Das Kind glich mehr einem Engel als einem Menschen, so schön war seine Bescheidenheit, Demut und Holdseligkeit.
Im siebenten Jahr wurde Birgitta schon einer Erscheinung der seligsten Jungfrau Maria gewürdigt, welche ihr eine kostbare Krone auf`s Haupt setzte und für das ganze Leben eine außerordentliche Liebe zu ihr einflößte. Als sie in ihrem zehnten Jahre durch eine Predigt über das Leiden Jesu zu Tränen wurde, erschien ihr in der folgenden Nacht der göttliche Erlöser voll Wunden und Blut. „Ach, liebster Jesu“, schluchzte sie, „wer hat Dich so grausam mißhandelt?“ Jesus antwortete: „Die, welche meine Gebote übertreten und meine Liebe verachten.“ Von da an betrachtete sie die Leiden des Herrn täglich und nie ohne heiße Tränen des Mitleids; oft stand sie auch in der Nacht auf, um vor dem Kruzifix ihr stilles Gebet zu verrichten. Aber ungeachtet ihrer strengen und bußfertigen Lebensweise wuchs Birgitta heran zur kräftigen Jungfrau, deren Wohlgestalt und Schönheit Aufsehen erregte. Ulpho, Fürst von Nericien, ein Jüngling von achtzehn Jahren, ausgezeichnet durch Frömmigkeit, bat um ihre Hand. Birgitta, erst vierzehn Jahre alt, musste auf Befehl ihres Vaters einwilligen, so schwer ihr dieses Opfer fiel. Gott segnete ihre Ehe mit vier Söhnen und vier Töchtern, welche sie eifrig in der Furcht des Herrn erzog; sie verdiente sich das schöne Lob des heiligen Geistes: „Sie aß ihr Brot nicht in Müßiggang.“ (Sprichw. 31,27) Zwei ihrer Söhne starben in der reinsten Unschuld, die beiden andern erst später, aber reich an Tugenden: die zwei ältesten Töchter leuchteten als Muster der christlichen Vollkommenheit am fürstlichen Hofe, die dritte weihte sich Gott in einem Kloster und die vierte, Katharina, steht im Verzeichnis der Heiligen. (siehe 23. März)
Birgitta floh die arge Welt, aber ihren Würden konnte sie sich doch nicht ganz entziehen, sie musste das Amt einer Oberst-Hofmeisterin bei der jungen Königin in Stockholm übernehmen. Allein sie fühlte sich in der Hofluft unbehaglich und sah, daß ihre Tätigkeit fast nutzlos war. Deshalb verließ sie nach einigen Jahren ihr hohes Amt, um nur Gott und ihrer Familie zu leben. Sie gewann auch den Gemahl für ihren frommen Plan, daß er ebenfalls seine Ämter niederlegte, vollkommene Enthaltsamkeit gelobte und alle ihre Andachtsübungen mitmachte.
Beide wallfahrteten oft, meistens zu Fuß, an geheiligte Gnadenorte, 1340 sogar nach Compostella in Spanien zum Grabe des hl. Apostels Jakobus. Mehr und mehr abgelöst von dem Irdischen und hingezogen zum Göttlichen, faßten sie den hochherzigen Entschluss, nach der Rückkehr in die Heimat ihre noch übrigen Lebenstage in klösterlicher Abgeschiedenheit zu heiligen. Ulpho begab sich in das Zisterzienser-Kloster Alvastra, wo er am 12. Februar 1344, noch nicht fünfzig Jahre alt, im Rufe der Heiligkeit starb. Birgitta nahm ihren Aufenthalt ebenfalls beim Kloster Alvastra, trug ein sehr geringes Gewand, schlief auch in der härtesten Winterszeit auf dem bloßen Boden und hielt ihre Sinne in sehr strenger Zucht, um desto freier dem Gebete und Lobe Gottes sich zu widmen. Hier war es, wo sich ihr die himmlischen Erscheinungen erneuerten, wo sie in einer Vision von Jesus Christus förmlich als seine Braut aufgenommen wurde, wo sie auf göttliche Eingebung den Plan faßte, ein Doppelkloster zu bauen und einen Orden zu stiften zu Ehren des Leidens Jesu Christi mit dem Titel: „Orden des heiligsten Erlösers und der allerseligsten Jungfrau Maria“.
Im Jahre 1369 führte sie diesen Plan aus. Jedes Kloster aus zwei streng gesonderten Konventen mit sechzig Frauen und fünfundzwanzig Brüdern bestehend und von einer Äbtissin regiert, sollte ein Abbild der katholischen Kirche sein. Wie Maria nach der Himmelfahrt ihres Sohnes das Haupt der jungen apostolischen Kirche war, so sollte jedes dieser Doppelklöster von einer Äbtissin geleitet werden. Von den fünfundzwanzig Brüdern sollten dreizehn Priester sein, und das Collegium der Apostel (mit Einschluss des hl. Paulus) darstellen. Von den übrigen zwölf Brüdern waren viere Diakone – zum Andenken an die vier großen Kirchenväter; Ambrosius, Augustinus, Gregor, Hieronymus. Die zwölf Brüder und die sechzig Schwestern zusammen sollten die 72 Jünger sein. Das erste Kloster gründete sie mit päpstlicher Bewilligung zu Wastein. Der Orden verbreitete sich in Flandern, Preußen, Polen, Russland und England, erlag aber den Stürmen der Reformation: in Bayern wurde das Birgittenkloster Altomünster in neuerer Zeit wieder hergestellt.
Im Jahre 1346 pilgerte Birgitta nach Rom, lebte dort in strenger Buße und tätiger Liebe zu den Mitmenschen. Auf Befehl ihres Bräutigams Jesus Christus redete sie den Päpsten eindringlich ans Herz, daß sie von Avignon nach Rom zurückkehren, daß sie tätiger für das Wohl der Kirche sorgen sollten: sie sprach scharfe Mahnungen und prophetische Drohungen gegen hoch gestellte Personen aus, weshalb sie oft verleumdet und verfolgt, aber von Jesus liebreich getröstet wurde.
Schon siebenzig Jahre alt und von den Bußübungen geschwächt, machte Birgitta noch eine Wallfahrt nach Jerusalem. Diese lange und mühevolle Reise verzehrte die letzten Kräfte ihres Lebens. Im Frühjahr 1373 kehrte sie krank nach Rom zurück und erwartete mit Sehnsucht den Tag ihres Heimganges in das himmlische Vaterhaus, den ihr Jesus angekündigt hatte; es war der 23. Juli 1373. Ihre Tochter Katharina begleitete im folgenden Jahre die Leiche der Mutter nach Schweden in das Kloster Wastein, wo viele Wunder an körperlich und geistig Kranken geschahen, und betrieb deren Heiligsprechung bei Papst Gregor XI., welche jedoch erst von Bonifaz IX. am 7. Oktober 1391 vollzogen wurde. Ihre vielen Offenbarungen, welche teils sie selbst aufgeschrieben, teils der Mönch Peter von Alvastra gesammelt hat, wurden zu wiederholten Malen geprüft und zuletzt vom Konzil zu Basel genehmigt, d. h. es wurde erklärt, daß sie nichts der katholischen Glaubens- und Sittenlehre Widersprechendes enthalten. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 747 – S. 749