Heiligenkalender
22. März
Die heilige Katharina von Schweden
Katharina war die Tochter des angesehenen Grafen Ulpho von Schweden und der durch ihre Gottseligkeit und vielen Offenbarungen sehr berühmten heiligen Brigitta. Ihre ausnehmende Vorliebe für die jungfräuliche Reinigkeit gab sich dadurch wunderbar kund, daß sie – noch ein Wiegenkind – von einer Amme, welche heimlich in Unzucht lebte, durchaus keine Nahrung annahm. Kaum konnte sie reden, betete sie schon mit gefalteten Händlein as Ave Maria; und sobald sie des Lesens kundig war, betete sie täglich die kirchlichen Tagzeiten zu Ehren der Mutter Gottes.
Im Frauenkloster Reisberg erhielt Katharina eine vortreffliche, religiöse Erziehung und wissenschaftliche Bildung und wünschte dort – zur blühenden Jungfrau voll Liebreiz und Anmut aufgewachsen – eine Braut Christi zu werden; allein der Vater nötigte sie, den ihrer würdigen Edelmann, Edgar, zu ehelichen. In dieser peinlichen Lage kniete Katharina mit nassen Wangen und zitterndem Herzen vor Jesus, ihrem himmlischen Bräutigam, und vor Maria, ihrer milden, süßen Mutter und flehte um Schutz der Jungfräulichkeit. Und siehe, mit dem besten Erfolg gelang es ihr schon am Hochzeitstage, ihren Gemahl zu bewegen, daß er mit ihr ewige Keuschheit gelobte und wie ein innig liebender Bruder mit ihr lebte. Um dieses Gelübde gegen jede Versuchung der Natur und des bösen Feindes sicher zu stellen, beteten sie viel, fasteten streng, wachten einen großen Teil der Nacht und schliefen selbst im kältesten Winter auf bloßem Boden; sie waren zwei schöne Lilien, welche im Boden des Ehestandes wundersam blühten, welche vor dem Auge des Allgegenwärtigen im Glanz der Keuschheit strahlten, welche ihre Mitmenschen mit dem stärkenden Wohlgeruch der Tugend und des guten Beispiels erfreuten.
Weil die Eitelkeit in der Kleidung und der Wechsel ihrer Formen auch eine Art Unzucht ist und die jungfräuliche Seele befleckt, so wählte die junge, ungemein schöne Frau sorgfältig für sich die einfache, allgemein übliche Tracht. Obwohl sie deshalb in den vornehmen Kreisen, denen sie nach Adel, Reichtum und Bildung angehörte, mit spöttischen Reden scharf angegriffen wurde, blieb sie doch ihrer religiösen Überzeugung treu und hatte bald die süße Freude, daß viele edle Damen sich aus der gemeinen Sklaverei des tyrannischen Kleiderluxus zur Freiheit der Kinder Gottes empor arbeiteten; nur die eigene Schwägerin weigerte sich trotzig, ihrem Beispiel und ihren Bitten zu folgen. Als diese eines Tages mit Katharina vor dem Altar der Mutter Gottes beten wollte, schlief sie ein und sah im Schlaf, wie Maria huldvoll auf Katharina herab schaute, ihr aber zürnende Blicke zuwarf. Erschrocken fragte sie die göttliche Mutter, warum sie ihr zürne. Maria tadelte sie: „Warum folgst du nicht der Bitte und dem Beispiel meiner lieben Tochter? Ändere nach ihrem Vorbild deine Sitten und deinen Aufzug, und ich werde auch dich huldvoll ansehen.“ Die Dame besserte sich standhaft.
Als nach dem Tode ihres Vaters die Mutter Birgitta, durch göttliche Eingebung gedrängt, die weite Wallfahrt nach Rom machte, durfte Katharina mit Zustimmung ihres Gemahls sie dorthin begleiten, um an ihrer Seite die kostbaren Heiligtümer der ewigen Stadt andächtig zu verehren. Nach dem opferreichen Aufenthalt von einigen Wochen wollte sie von der Mutter Abschied nehmen und zu den Lieben in die Heimat zurückkehren. Da kam wie ein Blitzstrahl die Trauerbotschaft, daß ihr heiß geliebter Edgar selig gestorben sei. Herzbrechend war der Schmerz der erst 19jährigen Witwe über diesen Verlust und zog sie wie mit Stricken heimwärts an das teure Grab ihres Gemahls; doch noch stärker war ihre Gottesliebe. Großmütig beugte sie sich unter den heiligen Willen des himmlischen Vaters, opferte Ihm ihre natürliche Anhänglichkeit an die Heimat auf und bat ihre Mutter, sie unter ihre Leitung zu nehmen.
In Rom herrschte damals, da die Päpste zu Avignon wohnten, die traurigste Unordnung; schlechtes Gesindel tyrannisierte die Bürger und Pilger; Mädchen und junge Frauen durften ohne große Gefahr sich öffentlich nicht sehen lassen. Die besorgte Birgitta verbot deshalb ihrer Tochter, das Haus zu verlassen, oder ohne ganz sicheres Geleit die Kirchen der Stadt zu besuchen. Dieses Verbot fiel der frommen Katharina überaus schwer; in Rom leben und die heiligen Stätten nicht besuchen, die großen Ablässe nicht gewinnen, die reichen Verdienste nicht erwerben können – wie die Mutter – schien ihr unerträglich, und das Heimweh nach Schweden zernagte ihr das herz; weinend flehte sie zu Maria um Hilfe. Diese erschien ihr und sprach: „Wie kann ich dir helfen, da du so eigensinnig bist und, deinem versprechen untreu, nach deiner Heimat zurück verlangst. Gehorche nur der Mutter und dem Beichtvater, das ist dir das Beste und mir das Angenehmste.“
Voll Reue über ihren Eigensinn bat Katharina die himmlische und die leibliche Mutter um Verzeihung, gelobte vollkommenen Gehorsam bis zum Tode – und hielt Wort. Was ihr der Gehorsam auftrug, befolgte sei freudig und schnell, und Gottes Wohlgefallen lohnte ihr diese Tugend durch mehrere Wunder.
Die inbrünstige Andacht, mit welcher Mutter und Tochter das Leiden Jesu Christi betrachteten, entflammte sie zu solchem Opfermut, daß sie die weite Wallfahrt nach Jerusalem wagten, um dort die schmerzvollen Wege des göttlichen Erlösers mit den Tränen ihres Mitleids zu verehren. Auf dem Rückweg erkrankte Birgitta und starb bald nach ihrer Ankunft in Rom. Die verwaiste Tochter heiligte ihre Kindestrauer dadurch, daß sie die Leiche ihrer teuren Mutter vom fernen Rom bis nach Schweden brachte, in dem von der Seligen gestifteten Kloster Wadstein unter großer Feierlichkeit beisetzte und dann demütig die Klosterfrauen um Aufnahme in den heiligen Orden bat. Die Bitte wurde ihr gerne gewährt. Katharina entfaltete eine so gewinnende Bescheidenheit, liebevolle Sanftmut und abgetötete Anspruchslosigkeit, daß schon bei der ersten Wahl die Schwestern sie nötigten, ihre Äbtissin zu sein.
Inzwischen leuchtete das Grab ihrer Mutter durch zahlreiche Wunder; der König und das Volk verlangten ihre Heiligsprechung. Katharina wurde zur Förderung dieses Prozesses nach Rom gesandt und von Papst Urban VI. wie eine Heilige empfangen. Sie musste fünf Jahre dort verweilen, bis alle Zweifel und Hindernisse gehoben waren. Während dieser zeit war sie die Zuflucht aller geistig und körperlich bedrängten Römer. Als einmal der angeschwollene Tiber seine tobenden Wogen über die Ufer wälzte und der Stadt Verderben drohte, eilten die geängstigten Bürger zu Katharina um Hilfe. Diese erklärte ihr Unvermögen und ermahnte zum Gebet. Allein die Bittenden hoben Katharina auf, trugen sie an den Tiber, senkten ihre Füße ins Wasser, und augenblicklich hörte die Gefahr auf.
Nach ihrer Rückkehr ins Kloster Wadstein erkrankte sie und starb im März 1381. Bei ihrem Tode erschien ein herrlicher Stern über dem Kloster, bestrahlte während der Totenmesse ihre Bahre und verschwand erst, als das Grab sich über ihrer Leiche schloß. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 220 – S. 221