Das Herz des Katholiken (2)
Das Leiden des Katholiken ist eine Gnade
Was von allen den gegenwärtigen Leiden der Katholiken nicht Buße ist, kommt als „Gnade“. – … ich rede zu Leuten, die christlichen Verstand haben sollten, und darum sage ich nur so viel:
Ärger geschlagen und gekreuzigt ist noch nie ein Mensch geworden, wie der arme Heiland am letzten Tage seines jungen Lebens. Was das zu bedeuten habe, verstanden die Jünger gar nicht, sie waren noch recht unmündig. Den beiden aber, die nach Emmaus gehen, legt Christus sein Leiden selber aus. Er lehrt sie, daß sein Leiden eigentlich nur der Kampf gewesen, der ihm zum glorreichen Sieg verholfen habe; das Kreuz habe ihm statt der Leiter gedient, auf der er zu seiner ewigen Herrlichkeit emporgestiegen sei. „Musste denn nicht Christus leiden, und so in seine Herrlichkeit eingehen.“
Wie dem Meister, so geht`s durch alle Zeiten durch auch seiner Braut, der katholischen Kirche. Die ersten dreihundert Jahre haben die Heiden wütigen Kulturkampf gegen die Katholiken geführt, und recht heidenmäßig sie geprellt und mit Feuer und Wasser und Rad und Schwert und in jeglicher Marter ausrotten wollen. Das war traurige Karwoche. Aber nach dreihundert Jahren kam die Herrlichkeit der katholischen Kirche für tausend Jahre hinein. Da ist sie groß geworden und glorreich; sie blüht wunderbar auf in Kunst und Gelehrtheit und Tugend und Heiligkeit und schafft Segen über Segen in ganz Europa, wo sie schalten und walten darf mit ihrem himmlischen Geiste.
Jetzt aber ist für sie wieder eine stürmische Nacht gekommen; das Schifflein Petri wird hin und her geschleudert, und der Herr scheint zu schlafen. Aber es scheint nur so. In Wahrheit heißt es auch wieder: Muss nicht Christus in der Kirche leiden und so zur Herrlichkeit kommen? Was Gott nun Herrliches vor hat mit der katholischen Kirche, weiß ich nicht und du auch nicht. Aber die Sonne steht gewiß schon hinter den Bergen, denn es dämmert schon. Einer ihrer Strahlen leuchtet bereits über die Welt hin…
Er stellt sich, als wollte er fort aus Europa, und fort mit seinem Schutze und mit seiner Macht von den Katholiken. Wenn man ihn wirklich fort läßt, wenn sich die Leute um ihn und seine gnadenreiche Lehre und um seine Sakramente nicht kümmern, so geht er wirklich fort; ganz gewiß geht er. So ist er einmal aus Afrika und aus dem heiligen Lande und aus Konstantinopel und später aus manchen Reiche in Europa fortgegangen; diese Landschaften und Städte gehören dem Irrglauben oder Unglauben oder dem Schisma. Dann kann eine Zeit kommen, wo einer von weitem herkommt und ihm in Wien Trümmer und Ruinen eines großen Gebäudes gezeigt werden, mit den Worten: „da ist ehemals die Stephanskirche gestanden; jetzt ist es nur mehr ein Pferdestall“.
Aber er, der Herr, will nicht fort; er möchte gerade jetzt so gerne in Europa bleiben, weil er weiß, man brauchte eben ihn so notwendig, um das gichtbrüchige Land zu heilen. – Aber er will aufgehalten sein, er will gebeten sein, er will, daß die Katholiken öffentlich sagen und zeigen, wie gerne sie ihn bei sich behalten möchten. Darum läßt er es ihnen so übel gehen, wie es ihnen wirklich geht, und scheint zu schlafen, oder gar schon fort zu sein. Halten sie ihn aber auf, dann kehrt er um, dann zeigt er in neuer Weise seine alte Liebe und Macht für die Kirche. Und darum sage ich jetzt: Auch das ist Gnade, wenn der Herr sich anstellt, als wollte er uns verlassen! Aber an uns ist es nun freilich, alles Ernstes ihn aufzuhalten, damit er nicht geht. Was ist also zu tun? –
aus: P. Franz Ser. Hattler SJ, Christkatholisches Hausbrod für Jedermann, der gut leben und fröhlich sterben will, Bd. II, VII. Teil, 1892, S. 152 – S. 155
Teil 1: Das Herz Jesu wacht