Gott ist der Urheber des Papsttums
II. Das Papsttum ist Gottes Werk, daher ein sicherer Beweis für die Göttlichkeit unseres Glaubens
Erster Beweis – Ursprung des Papsttums
Diesen Satz beweist erstens der Ursprung des Papsttums. Gehen wir die Reihe der Päpste durch, verfolgen wir sie durch den Lauf der Jahrhunderte zurück, so kommen wir zu Petrus. Vor Petrus hat es keinen Papst, nach Petrus hat das Papsttum weder einen Anfang genommen, noch zu existieren aufgehört. Wenn Petrus nicht der erste Papst gewesen, wer war es dann? Wer hat sich dann zuerst als Papst, als Oberhaupt der von Christus gestifteten Kirche ausgegeben? Wer sich als solcher zuerst aufgeworfen? Zu welcher Zeit ist das geschehen? Auf diese Fragen hat man bisher noch keine vernünftige Antwort zu geben vermocht. Wenn somit vor Petrus das Papsttum nicht existiert, nach Petrus nicht angefangen hat, so muss es offenbar mit Petrus seinen Ursprung genommen haben. Petrus hat sich dann entweder selbst zum Oberhaupt der Kirche gemacht, oder aber er wurde von Christus dazu erwählt. Daß ein armer galiläischer Fischer es weder gewollt noch vermocht hätte, sich zum Oberhaupt der Kirche aufzuwerfen, leuchtet wohl jedem ein. Erstens hätte er nach dem, was wir von ihm wissen, nicht den Mut gehabt. Er war, so schildern ihn uns die Evangelien, zu einfältig, zu gutmütig und zu furchtsam. Zweitens hätten sich die übrigen Jünger diese Überhebung von Seiten des Petrus nicht gefallen lassen. Sie waren ja eifersüchtig auf einander und stritten sich um den Vorrang. Es bleibt somit nichts anderes übrig, als die Tatsache anzuerkennen, daß Christus der Herr selbst den Petrus zu seinem Stellvertreter und zum Oberhaupt der Apostel und der Kirche eingesetzt hat. Glauben wir, daß Christus wahrer Gott ist, so müssen wir auch glauben, daß das Papsttum, weil sein Werk, auch Gottes Werk ist.
Zweiter Beweis – Dauer ungeachtet aller Umwälzungen
Daß das Papsttum Gottes Werk ist, beweist zweitens dessen Dauer ungeachtet aller Umwälzungen im Laufe der Jahrhunderte und aller Angriffe, durch die man es zu vernichten suchte. Alles, was von der Welt ist, nimmt am Los der Welt teil. Es entsteht, entwickelt sich, welkt ab und vergeht. Städte, von denen man hätte glauben mögen, sie werden dem Zahn der Zeit wie den feindlichen Gewalten trotzen, sind im Staub zerfallen; die mächtigsten Völker sind vom Schauplatz der Erde verschwunden; Staaten, die sich auf Hunderttausende von tapferen Kriegern stützen, gehören nur mehr der Geschichte an. Die stolzesten Dynastien sind ausgestorben: Das Papsttum besteht. Es wurde von mächtigen Völkern, von gewaltigen Machthabern angegriffen; man wollte es mit Stumpf und Stiel ausrotten. In den ersten Jahrhunderten hieß Papst werden nichts anderes, als sich dem Martertod weihen. Einer nach dem anderen wurde getötet oder starb im Elend. Wie viele Verfolgungen hatten die Päpste nicht später zu bestehen! Sie wurden mißhandelt, ins Gefängnis geworfen, verbannt. Doch immer wieder trieb der Stamm neue Sprossen. Im 18. Jahrhundert stellte ein Spötter die Frage: Wie viele Stunden wird Roms Ewigkeit noch dauern? Er hielt das Ende des Papsttums nahe. Er endete in Verzweiflung, der Papst besteht. Als Pius VI. 1799 in Valence als Verbannter starb, rief der Totengräber, als er die Sargnägel hinein schlug: Der letzte Papst. Ein Jahrhundert von Stürmen ist seither über das Papsttum dahin gebraust, doch der Stamm steht fest. Was beweist dies? Wenn du ein Gebäude wahrnimmst, das allen Stürmen der Zeit und der Elemente Trotz bietet, so schließest du auf einen trefflichen Baumeister, auf ein vorzügliches Material. Und wenn du eine Wirkung siehst, die allen natürlichen Ursachen spottet, so nötigt dich die Vernunft, eine übernatürliche Ursache anzunehmen. Hier siehst du nun im Papsttum eine Einrichtung, die sich auf schwache, gebrechliche Menschen stützt, und die nichts desto weniger der Zerstörungs-Arbeit der Jahrhunderte, wie allen Angriffen der irdischen Machthaber siegreich widersteht. Was folgt daraus? Kann diese Einrichtung von Menschen-Witz und Menschen-Klugheit ersonnen und ins Leben gerufen worden sein? Wie wäre es möglich gewesen, sie zu erhalten? Was Menschenhände schaffen, vermögen Menschenhände wieder zu zerstören. Du findest keinen anderen Erklärungs-Grund, als daß jene Worte, die zu Petrus gesprochen wurden: „Auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen“ (Matth. 16,18), daß diese Worte wahr und wirksam, daß sie Gottes Worte sind, und daß das Papsttum Gottes Werk ist.
Dritter Beweis – Der Einfluss der Päpste
Denselben Schluß nötigt dich die Vernunft zu ziehen, wenn du drittens den Einfluß betrachtest, den die Päpste bis zu Gegenwart ausgeübt haben. Was nimmst du wahr, wenn du die Jahrbücher der Geschichte durchgehst? Millionen siehst du, die sich freiwillig der Autorität des Papstes unterworfen, geglaubt, was er gelehrt, und getan, was er befohlen, die auf sein Geheiß angebetet, was sie früher verbrannt, und verbrannt, was sie früher angebetet hatten… Und wer ist der Papst? … Denke da nur an den Frevel, der an der Leiche des seligen Papstes Pius IX. bei deren Überführung nach St. Lorenzo unter den Augen seines Nachfolgers Leos XIII. verübt wurde.
Wie läßt sich das erklären? Nicht anders, als daß auch hinter diesem schwachen Mann eine Macht steht, und da keine irdische, so notwendig eine überirdische.
Jeder Mensch liebt die Freiheit zu denken, die Freiheit zu tun. Er will glauben, was ihm beliebt, und tun, was ihm gefällt. Er betrachtet diese Freiheit als sein höchstes Gut. Niemand leistet gerne darauf Verzicht. Wie viele Tausende opferten lieber das Leben als die Freiheit! Und wenn du hier siehst, wie dem Papst Millionen sich unterwerfen, ihren Verstand, in dem sie glauben, was er lehrt, ihren Willen, indem sie tun, was er befiehlt, und wenn du siehst, daß das geschieht, seit Päpste existieren, so fragst du wohl nach dem Grund dieser Erscheinung. Zum Heiland kam eines Abends Nikodemus und sprach zu ihm: „Wir wissen, Meister, daß du von Gott gekommen bist.“ (Joh. 3) Warum? Nikodemus gibt auch den Grund an: „Denn niemand kann solche Werke tun, die du tust, es sei denn Gott mit ihm.“ (Joh. 3)
Aus den Taten und Werken Jesu schloß dieser vornehme Jude ganz vernünftig, daß Gott mit ihm sein müsse. Musst du nicht das Gleiche sagen, wenn du diese Tatsache, diese Gewalt des Papstes über Millionen Geister, über Millionen Herzen betrachtest, musst du da nicht sagen: „Das ist ein Werk, das über menschliche Macht und Kraft hinaus geht! Niemand kann solche Werke tun, es sei denn Gott mit ihm.“…
So wenig die Tatsache, daß viele die Gottheit Christi leugnen, ein Beweis gegen dieselbe ist, ebenso wenig ist die Verwerfung des Papstes von so manchen ein Beweis gegen seine göttliche Einsetzung. Wohl aber ist die Tatsache, daß es zu allen Zeiten Unzählige gegeben hat, die sich selbst unter den größten Opfern der Autorität des Papstes unterwarfen und lieber die größten Qualen, selbst den Martertod, erduldeten, als daß sie sich dem Gehorsam gegen den Papst entzogen hätten, ein unwiderleglicher Beweis, daß das Papsttum Gottes Werk ist, daß der Papst im Namen Gottes lehrt und regiert, daß Gott selbst es ist, der dem menschlichen Geist erleuchtet und das menschliche Herz kräftigt, sich der Autorität des Papstes, des von Christus eingesetzten Oberhauptes seiner Kirche, zu unterwerfen.
Vierter Beweis – Lehramtliche Unfehlbarkeit
Ein vierter Beweis für die göttliche Einsetzung des Papsttums ist die lehramtliche Unfehlbarkeit des jeweiligen Nachfolgers des hl. Petrus… Kein einziger der xxx Nachfolger des hl. Petrus hat eine Irrlehre den Gläubigen verkündet. Bedenken wir, daß die Päpste Männer waren von verschiedenen Altersstufen, aus verschiedenen Nationen, von verschiedenem Charakter und Bildungsgrad, und doch hat keiner von ihnen einen Irrtum als Glaubenslehre vorgetragen, die ein Nachfolger hätte berichtigen müssen! Bedenke ferner die Tatsache, daß gar oft der Versuch gemacht wurde, sie zu täuschen, zu hintergehen, sie für einen Irrtum zu gewinnen und sie zu bestimmen, einen solchen als wahre Lehre zu erklären: und doch ist dies im Laufe der 1900 Jahre nie gelungen! Hast du darin nicht den deutlichsten Beweis für die Wahrheit unseres Glaubenssatzes? Für die Wahrheit, daß in besonderer Weise Gott dem Papst beisteht und ihn vor Irrlehren schützt?
Nehmen wir nur ein Dutzend gleichzeitig lebender gelehrter Männer, und lassen wir sie über eine Frage entscheiden. Begegnen wir da nicht der Wahrheit des Ausspruches: So viel Köpfe, so viel Sinne! Bei den Päpsten aber siehst du eine unabsehbare Reihe von Männern, die sich während der 1900 Jahre auf dem päpstlichen Stuhl folgten, und doch, kein einziger von ihnen hat einen Irrtum oder einen Sitten gefährlichen Grundsatz verkündet. Bedenke ferner, daß in der Zahl dieser Päpste es einige gegeben, die nichts weniger als erbaulich gelebt, die ihres erhabenen Amtes nicht würdig waren: und dennoch hat auch von diesen kein einziger einen Irrtum als Glaubens-Lehre aufgestellt, wie das in der kirchlichen Wissenschaft genau nachgewiesen wird! Es musste daher selbst der Protestant Herder gestehen: „Nie hat sich Rom vor Ketzereien gebückt, so oft diese es auch mächtig drängten, morgenländische Kaiser, Ost- und Westgoten, Burgunder und Langobarden waren Arianer, einige derselben beherrschten Rom. Rom aber blieb katholisch.“ …
Fünfter Beweis – Harmonie von Glaube und Vernunft
Einen weiteren Beweis dafür, daß das Papsttum Gottes Werk ist, finden wir endlich in der Harmonie, in der es mit den Forderungen unserer Vernunft steht. Die wahre Religion muss dem Volk ebenso zugänglich sein, wie den Gelehrten und Gebildeten; diese Forderung stellt unsere Vernunft. Eine Religion, die nicht Volksreligion ist, trägt das Merkmal der Falschheit an sich. Gott ist ja Herr und Vater aller Menschen, also der Armen, der Einfältigen, der Arbeiter, ebenso der Reichen, der Weisen, der Studierten. Der Papst als Oberhaupt der Kirche ist für jeden sichtbar und wahrnehmbar. Jeder sieht und hört ihn, wenn nicht in Person, so im Bischof, der mit ihm in Verbindung steht und durch den uns der Papst lehrt und regiert. Jeder sieht und hört ihn in seinem Seelsorger, durch den wir mit dem Bischof und dem Papst in Verbindung stehen. Durch den Papst aber sind wir mit Petrus, durch Petrus mit Christus verbunden. Wie natürlich, wie leicht faßlich, wie der menschlichen Natur angemessen ist nicht dieser Weg und dieser Beweis für die Wahrheit unseres Glaubens. Was hat der Protestant für einen Beweis, was für eine Bürgschaft von der Wahrheit seiner Religion? Gar keine! Er beruft sich auf die Bibel. Kann er sich aber mit Recht darauf berufen? Sie gehört ihm ja nicht. Die Bibel gehört uns Katholiken, weil wir sie von ihren Urhebern und Verfassern erhalten haben. Die Protestanten haben ja damals noch nicht existiert, sie sind ja erst seit dem sechzehnten Jahrhundert auf der Welt; denn damals erst ist der Protestantismus entstanden.Bei ihrem Austritt aus dem Vaterhaus haben sie die Bibel von uns Katholiken mitgenommen; sie können daher nur durch uns beweisen, daß sie Gottes Wort ist. Da sie aber die katholische Kirche verwerfen, so entziehen sie der Bibel das Fundament und hängen mit ihr in der Luft. Dann muss der Protestant, wenn die Bibel alles enthält, was er zu glauben hat, auch lesen können, und zudem, um sicher zu sein, müsste er die Heilige Schrift in der Ursprache lesen und verstehen. Den anderen Menschen kann er ja nicht sicher vertrauen, er weiß ja nicht, ob sie die Bibel nicht falsch übersetzen oder auslegen aus Unkenntnis oder Verkehrtheit; andere können ihn also täuschen und hintergehen. Weder ein einzelner protestantischer Pastor, noch alle Pastoren miteinander bieten die Bürgschaft, daß sie die Wahrheit, wie sie in der Bibel steht, recht verstehen oder recht verkünden. Daher gibt es unter den Protestanten tausend Sekten! Und doch hat Christus nicht tausend Christentümer, sondern nur ein Christentum gebracht! …
Das Papsttum ist Gottes Werk
Im Papsttum besitzen wir den ersten, unerschütterlichen Boden, auf dem unsere Glaubens-Überzeugung ruht. Wir besitzen in ihm einen undurchdringlichen Schild gegen jeden, der unseren Glauben angreift. Tritt ein Protestant gegen uns auf, so fragen wir ihn: Glaubst du an die Bibel? Wenn du an die Bibel als das Wort Gottes glaubst, so muss das Wort, welches der Herr zu Petrus gesprochen, wahr sein und in Erfüllung gehen. In der katholischen Kirche allein und allein im Papst sehen wir es deutlich und buchstäblich erfüllt. Somit besitzen wir die Wahrheit. Tritt aber einer auf und verwirft die Heilige Schrift, so stellen wir an ihm die Frage: Wie bist du imstande, das Papsttum, seine Dauer, seinen Einfluß, seine lehramtliche Unfehlbarkeit zu erklären? Allen natürlichen Ursachen spottet diese Erscheinung. Keinen anderen Grund kann die menschliche Vernunft ausfindig machen, wenn sie aufrichtig und ehrlich zu Werke geht, als den: Gott ist der Urheber des Papsttums: das Papsttum ist Gottes Werk! –
aus: Andreas Hamerle C.Ss.R., Geschichte der Päpste, I. Band, 1907, S. 7 – S. 15