Statolatrie Die Vergötterung des Staates

Statolatrie: Die Vergötterung des Staates

Zurück zur heidnischen Zivilisation

Die Offenbarung der Würde des Menschen, der von Gott bis zum Tode des Kreuzes gelebt ist, und der zum göttlichen Leben im Besitz Gottes selbst bestimmt ist, diese Offenbarung der Größe des Menschen in Jesus Christus sagen wir, das war auch der Stein, der die tönernen Füße des Kolosses des abgöttischen Weltreiche, des römischen Cäsarentums zerschmetterte. Durch die Vergötterung des Herrschers war dieses eine wahre Theokratie ohne Gott. Desgleichen wollte das Heidentum, dass der Mensch da sei für den Staat und nicht der Staat für den Menschen.

Im Christentum dagegen, da ist jede Autorität eine Dienerin des Menschen. Der Mensch schuldet ihr Gehorsam, ohne Zweifel, aber nur deshalb, weil sie das Organ, das Werkzeug Gottes ist, der alle Dinge auf das zeitliche und ewige Wohl des Menschen hinordnet. Das ist das Endziel. Die Autorität ist nur ein Mittel zu dessen Erreichung.

Will man aber endlich mit noch größerer Klarheit einsehen, dass unser Herr Jesus Christus der Schlüssel ist zur Geschichte der neuen Welt, und dass ihm allein, als ihrem göttlichen Prinzip, die großen Tatsachen, welche unsere Zivilisation charakterisieren, ihren Ursprung verdanken, so wende man seine Augen auf jene, welche heutzutage Jesum Christum als den Gottmenschen, als das inkarnierte Wort, als den Ersehnten der Nationen, als den Heiland der Welt leugnen. Sieht man nicht, wie sie offenbar im Rückschritt zur heidnischen Zivilisation begriffen sind?

Die Abgötterei gewinnt wieder Herrschaft in ihren Herzen durch den Pantheismus, den Kult der Welt, des Menschen, der Menschheit, mit einem Worte der erschaffenen Natur, der erschaffenen Geister: Servierunt creaturae. (Röm. 1, 25: „Sie dienten dem Geschöpf.“)

Der Mensch ist nach diesem System nichts anderes als ein Teilchen des großen All. Seine Würde als Kind Gottes verschwindet, seine, diese irdische Welt hoch überragende Größe wird nicht mehr erkannt. Diese Gesellschaft ist ihrerseits nicht mehr jene Mutter, welche von dem Menschen Opfer, die seiner und seiner Seele würdig sind, verlangt, und welche ihn lehrt, dass die Liebe zum Vaterland eine Tugend ist, durch welche er Gottes Willen erfüllt und Gott dient, sondern sie wird jenes unpersönliche Ungeheuer, mag man es Staat oder soziale Republik nennen, das sich Selbstzweck ist, und welches das Individuum verschlingt und dem jede freie Persönlichkeit zum Opfer fallen muss.

Die Statolatrie, die Vergötterung des Staates, das heidnische Reich kommt auf diese Art wieder mit dem Sozialismus, welcher der erklärte Feind jeglicher Unterscheidung zwischen geistlicher und weltlicher Gewalt ist. Die freiwillige Barmherzigkeit wird als eine Unvollkommenheit erklärt, die man im Namen der strengen Gerechtigkeit verbannen müsse, und die Allmacht des Staates gestützt auf den Grundsatz des alten heidnischen Kaiserreiches: Omnia mihi licent in omnes, alles ist mir gegen alle erlaubt, soll die göttliche und die menschliche Liebe ersetzen. –

Die Herabwürdigung des Weibes kommt wieder mit der Ehescheidung, die schon durch den Protestantismus so begünstigt ist, zum Vorschein, und die Auflösung der Familie lässt eine ähnliche Auflösung der Gesellschaft, die immer und überall nach diesem ihrem Vorbild gestaltet oder missgestaltet ist, vorhersehen. Endlich ergibt sich für die Gesellschaft, in der die Furcht vor dem Herrscher die Furcht vor Gott schlechterdings ersetzen muss, die Notwendigkeit einer Art Sklaverei, und von dieser modernen Sklaverei sehen wir etwas in der Einführung der Conscription (Anm.: Einberufung) durch das Los in Verbindung mit der Institution der großen stehenden Heere.

Die antiken Völker waren zur höchsten Stufe materieller Zivilisation emporgestiegen, als sie plötzlich in den tiefsten Zerfall gerieten. Die Ursache davon ist, weil zum Leben der bestorganisierte und prächtigst gekleidete Körper allein nicht genügt, eine Seele ist dazu notwendig.

Nun aber ist es offenbar, dass die Seele der neuen Welt Jesus Christus ist. Fordern wir jeden, der daran noch zweifeln wollte, auf, uns den Namen eines einzigen wirklich zivilisierten Volkes zu nennen, welches Christus nicht mit seinem Hauch belebt hat? Voltaire zu seiner Zeit hätte vielleicht China genannt. Allein diese Antwort wäre heutzutage, selbst in seinem Munde, zu lächerlich. –
aus: Victor Dechamps, aus der Gesellschaft des allerheiligsten Erlösers: Christus und die Antichristen nach dem Zeugnisse der Schrift, der Geschichte und des Gewissens, 1859, S. 220; 226 – S. 228

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