Heiligenkalender
9. Februar
Heiliger Nicephorus Märtyrer
Jesus verkündet wider den Zorn die sehr ernste Lehre: „Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt worden ist: du sollst nicht töten: wer aber tötet, soll des Gerichtes schuldig sein. Ich aber sage euch, daß ein Jeder, der über seinen Bruder zürnt, des Gerichtes schuldig sein wird“ (Matth. 5); und der heilige Apostel Jakobus fügt bei: „Ein unbarmherziges Gericht wird über den ergehen, der nicht Barmherzigkeit übt.“ (Jak. 2) Zu diesem Text ist die Geschichte des hl. Nicephorus eine ergreifende Erklärung.
In der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts wohnte zu Antiochia in Syrien ein schlichter Mann, Nicephorus, ohne wissenschaftliche Bildung und ohne auszeichnende Lebensstellung. Er war mit dem Priester Sapricius in bittere Feindschaft geraten, aus Gründen, welche unbekannt geblieben sind. Nicephorus, eingedenk der Lehre Jesu Christi, daß derjenige, welcher seinen Bruder haßt, einem Mörder gleich ist, verdemütigte sich und sparte keine Mühe, mit seinem Widersacher sich auszusöhnen. Den ersten Versuch machte er damit, daß er, um nicht durch sein persönliches Erscheinen und nirgend welche Unvorsichtigkeit den Sapricius eher zu reizen als zu besänftigen, dessen Verwandte um ihre gütige Vermittlung ersuchte und ihn durch sie um Verzeihung bat; doch der Priester wies diese Fürsprache mit harten Worten zurück. Nicephorus wurde durch diese herzlose Abfertigung zwar tief betrübt, aber nicht entmutigt; er gewann nacheinander Bekannte und Freunde des Sapricius, welche die Versöhnung zu ermöglichen strebten – aber umsonst. Nun bereitete sich Nicephorus durch eifriges Gebet vor, ging selbst zu Sapricius, kniete zu seinen Füßen und beschwor ihn bei der Gerechtigkeit Gottes und bei der Barmherzigkeit Jesu um Verzeihung; aber Alles umsonst.
Inzwischen war das Edikt des Kaisers Valerian zur Verfolgung der Christen angekommen, und Sapricius war unter den ersten, welche gefangen vor Gericht gestellt wurden. Freudigen Mutes bekannte er: „Ich bin ein Christ und Priester Jesu Christi, des allein wahren Gottes, nie werde ich den Göttern opfern, die nur Teufel sind.“ Wegen dieses standhaften Bekenntnisses ließ ihn der Richter auf die Schnecke – eine der Folter ähnliche Maschine – spannen und grausam martern. Mit heroischer Herzhaftigkeit litt der Priester diese Qualen und rief dem Richter zu: „Mein Leib ist wohl in deiner Gewalt; aber meiner Seele kannst du nichts anhaben; nur Jesus, mein Erlöser, ist Herr über sie.“ Der Richter ergrimmte und verurteilte den kühnen Sprecher zum Tode durch das Schwert. Als Sapricius diesen Urteilsspruch hörte, frohlockte er laut und eilte kräftigen Schrittes dem Richterplatz zu.
Nicephorus, welcher unter den Zuschauern stand, hielt diesen so ernstfeierlichen Augenblick für sehr günstig, drängte sich vor zu dem Verurteilten und bat kniefällig: „O du glücklicher Blutzeuge Christi, verzeihe mir, ich habe wider dich gesündigt!“ Doch Sapricius wendete sich kalt von dem Flehenden ab und folgte dem Schergen.
Nicephorus erhob sich seufzend, eilte auf einem Nebenweg voraus und machte an einer anderen Stelle den gleichen Versuch, indem er auf den Knien und mit Tränen in den Augen den Sapricius anflehte: „Ich beschwöre dich bei dem glorreichen Bekenntnis, das du für Christus abgelegt hast, sei barmherzig und verzeihe mir!“ Doch Alles umsonst, er wurde keines Blickes gewürdigt! Die Schergen lachten über ihn und spotteten: „Du Tor, wie magst du noch so bekümmert den um Verzeihung bitten, der in einer Stunde nicht mehr lebt und dir nichts mehr zu Leid tun kann!“ Auf dem Richtplatz wiederholte Nicephorus nochmals Hände ringend seine Bitte um Versöhnung! Alles umsonst! Nun erhob sich Gott in strafender Gerechtigkeit und entzog dem unversöhnlichen Priester die Gnade, welche derselbe dem bittenden Nicephorus so hartherzig versagt hatte. Die Schergen befahlen dem Sapricius, daß er nieder knie, um den Todesstreich zu empfangen; er aber fing an zu zittern und zu jammern: „Haltet ein, ich will ja dem Befehl des Kaisers gehorchen und den Göttern opfern!“ Als Nicephorus diese entsetzlichen Worte hörte, rief er weinend zu ihm: „O Bruder, tue doch das nicht, daß du Jesum, deinen Erlöser, verleugnest: wird doch die Krone nicht von dir weg, welche du durch dein standhaftes Bekenntnis und Leiden bereits verdient hast!“ Allein diese, aus so wohlwollendem Herzen kommende Bitte und Warnung war zu spät, der Unglückliche wollte und konnte nicht mehr reuig seine Verleugnung Christi zurücknehmen, er verharrte auf seiner Gotteslästerung eben so trotzig, wie in seinem Haß gegen Nicephorus. Dieser, von heiligem Eifer entflammt, die Jesu Christo von dem undankbaren Priester öffentlich angetane Schmach auch öffentlich zu sühnen, rief mit lauter Stimme: „Ich bin auch ein Christ, ich glaube und bekenne, daß Jesus Christus, den dieser da vorher bekannt und jetzt verleugnet hat, der allein wahre Gott und Herr des Himmels und der Erde ist; tötet mich statt seiner mit dem Schwert!“ Da die Schergen ohne Befehl des Richters dies nicht tun durften, ging sogleich der Offizier derselben zum kaiserlichen Statthalter, berichtete den Vorfall und brachte den Entscheid zurück, Sapricius sei frei und Nicephorus solle, wenn er nicht unverzüglich den Göttern opfere, enthauptet werden. Unter der freudigen Beteuerung, daß er seinem Glauben an Christus ewig treu bleiben wolle und niemals den nichtigen Götzen ein Opfer bringen werde, kniete Nicephorus nieder, empfing den Todesstreich und mit demselben die dreifache Krone des Glaubens, der Demut und der Versöhnlichkeit im Jahre 258 oder 259. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 129-130