Das vollkommene Muster einer wahrhaft christlichen Ehe
In dem schönen, auf reiner Liebe und wahrer Frömmigkeit sich aufbauenden Zusammenleben des hl. Julian mit der hl. Basilissa hast du das vollkommene Muster einer wahrhaft christlichen Ehe vor dir, ein treues Nachbild jener erhabensten Ehe, in welcher der hl. Joseph, der Nährvater Jesu, mit Maria, der Jungfrau voll der Gnaden, verbunden war. Hier findest du auch den zweifachen Zweck, den Gott diesem sakramentalen Stand gesetzt hat, in vollkommenster Weise verwirklicht.
1) Der erste Zweck der christlichen Ehe ist, daß die Vermählten, gestärkt durch die Gnade dieses Sakramentes, sich gegenseitig helfen und unterstützen, Gott immer vollkommener kennen zu lernen, die Sünde zu fliehen, die sittlichen Schwächen zu bessern, Gott zu lieben, zu dienen und ewig selig zu werden. Der für sein Heil besorgte Katholik reicht der gleichgesinnten Braut die Hand Zum ehelichen Bund nicht aus niedriger Sinnlichkeit, nicht wegen irdischer Vorteile, nicht wegen zeitlicher Ehre, sondern um dem Ruf Gottes zu diesem Stand zu folgen und in demselben sich der ewigen Seligkeit würdig zu machen. Daß dieses Streben nach Heiligkeit der erste Zweck des Sakramentes der Ehe sei, spricht der hl. Paulus aus mit den Worten: „Ihr Männer, liebet eure Weiber, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat.“ (Eph. 5) Christus ist in der Absicht vom Himmel herab gestiegen, um seine Braut zu heiligen und in den Himmel hinauf zu führen. Und der edle Julian war ängstlich besorgt, seine geliebte Braut in makelloser Jungfräulichkeit zu heiligen und mit der Tugend treuer Nachfolge Jesu in Selbstverleugnung zu zieren. O glückliches Land, in welchem die Eheleute zur Erreichung dieses Zweckes sich verbinden!
2) Der zweite Zweck der christlichen Ehe ist die Erzeugung und Erziehung einer frommen Nachkommenschaft. „Wachset und mehret euch“, sprach der allmächtige Schöpfer zu den jungfräulichen Eheleuten im Paradies. Und wie vollkommen haben Julian und Basilissa diesen Zweck ihrer Ehe erreicht! Dir Frucht ihrer makellosen Gattenliebe war eine zahlreiche Nachkommenschaft; eine große Schar Söhne und Töchter füllte ihr Haus, und Beide vereinten ihre Kräfte, um die von Gott ihnen zugeführten Kinder mit ihren zeitlichen Gütern zu ernähren und mit ihren geistigen Gütern zu heiligen. Ist in der christlichen Ehe die Erziehung der Kinder die wichtigste und mühevollste Pflicht, so haben die jungfräulichen Eheleute auch diese Pflicht vor Gott und den Menschen in lobenswertester Weise getan. O welches Wehe muss und wird am Gerichtstag der ewigen Vergeltung über jene christlichen (!) Eheleute kommen, welche mit ruchlosem Sinn diesen Zweck der Ehe vereiteln und wegen ihrer fluchwürdigen Weichlichkeit die Erzeugung und Erziehung einer frommen Nachkommenschaft von sich weisen! –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 22 – S. 23