Das Bild der Mutter Gottes Maria von Ewigkeit her
Wer wird Mutter Gottes?
Wer nun wird wohl aus allen Evastöchtern die Hochbeglückte sein, welche Mutter Gottes werden soll?
So hat Gott der Herr getan, wie du selber schon oft gesagt und bekannt hast im Gebet, so da heißt: Allmächtiger, ewiger Gott, der du den Leib und die Seele der glorreichen Jungfrau Maria, damit sie eine würdige Wohnung deines Sohnes werde, durch die Mitwirkung des heiligen Geistes vorbereitet hast, usw. Es hat also Gott der Vater und der heilige Geist dem Sohne eigens eine Mutter für seine Menschwerdung, ich möchte sagen, hergerichtet. Er hat, menschlicherweise zu reden, für diesen Tempel seines Sohnes einen Plan gemacht, in seiner ewigen Weisheit ihr Bild im voraus entworfen, all den Gottesschmuck zur würdigen Ausstattung dieses ganz einzigen Heiligtums vorher bestimmt, Grund und Boden, ich will sagen, das Volk und den Stamm dieses Volkes und die Familie des Stammes, aus der sie entsprießen sollte, selbst ausgewählt, und ist alsdann die Zeit dafür gekommen, wird er den gefaßten Plan aus ausführen und den Tempel für seinen Sohn in göttlicher Macht und Weisheit aufbauen. Die Gottesmutter wird also nicht erst aus den zur Zeit der Menschwerdung Christi vorhandenen Frauenspersonen ausgesucht, sondern sie ist vor aller Menschengeschichte schon im Voraus bestimmt und wird vom ersten Augenblick ihres Seins mit ganz ungewöhnlichen Vorzügen ausgestattet werden, damit sie der göttlichen Hoheit und Majestät zur würdigen Mutter sein könne.
Das ist das Allererste, was wir von der Mutter Gottes wissen, ihre ewige Vorherbestimmung vor dem Beginn der Menschengeschichte. Wir können uns jetzt auch noch ihr Bild, wie es Gott dem Herrn selbst im Geiste vorschwebte, in seinen Hauptzügen anschauen. Es ist ganz herrlich und wunderbar.
Dieser verehrungswürdigen Person wird also der ewige Vater seinen eingeborenen Sohn, den er aus seinem herzen sich wesensgleich erzeugt und wie sich selbst liebt, so übergeben, daß Einer und derselbe gemeinsam der natürliche Sohn Gottes des Vaters und der Jungfrau sein wird. Ja, Jungfrau wird sie sein und bleiben und doch Mutter zugleich – ein ganz einziges Wunder, das kein zweites in der ganzen Weltgeschichte haben wird. Sie wird demgemäß ganz und ausschließlich für Gott da sein, ganz und von allem Anfang an ihm allein geweiht und geheiligt werden und darum frei von jeglicher auch der geringsten Makel von Sünde sein, und nichts an ihr wird je dem heiligen Auge Gottes mißfallen.
Daher wird der „Fürst dieser Welt“, der Satan, über sie keine Macht besitzen, wohl aber wird sie ihn besiegen. Als Geschöpf einerseits und als Mutter des Schöpfers andererseits, wird sie das Band sein zwischen den Geschöpfen und dem Schöpfer. Als Gottes Meisterstück wird sie in der Schöpfung die erste Stelle einnehmen, am Rosenstock der Menschheit die höchste, edelste Blüte die himmlische, geistliche Rose, und als Mutter des Königs über Himmel und Erde Herrin und Königin über alles sein, was immer zum Reich ihres Sohnes gehört.
Da ihr göttliches Kind das Heil und der Erlöser der ganzen Welt sein wird, so steht sie schon darum in ganz außerordentlicher Weise in innigster Beziehung zu allen Erlösten. Aber nach dem Ratschluß Gottes wird sie auch freiwillig in ganz einziger Weise mit ihrem Sohn mitwirken am Heil der Menschen. Ihr Beispiel, ihr Gebet, ihr ganzes Leben, ihr Leiden und ihr Sterben wird sich mit dem Seinigen vereinigen zu demselben gemeinsamen Erlösungswerk. Für die Menschen wird sie den Sohn, den sie von Gott empfangen, wieder Gott zurück stellen; für die Menschen wird sie ihn ernähren, pflegen und in den Tod geben. Ihr Sohn wird der geistige Vater der Erlösten, sie die Mutter derselben sein.Darum wird ihr Gott nicht nur ein Mutterherz für seinen Sohn, sondern auch für die Erlösten ihres Sohnes geben. Und wenn ihr Sohn das geistige Haupt dieser neuen Gottesfamilie ist, so wird seine Mutter deren Herz sein. So wird sie auf das innigste und unzertrennlich mit ihrem Sohn und mit der ganzen erlösten Menschheit vereint sein.
Die Engel werden sie als ihre Königin hoch in Ehren haben, die Menschen sie begrüßen als die Ursache ihrer Freude, der Sünder sie aufsuchen als seine Zuflucht und Mittlerin, der Gerechte sie als des Lebens Süßigkeit und Hoffnung begrüßen, die Hölle dagegen schon vor ihrem Namen zittern. Und der Name dieser dreimal wunderbaren Mutter wird sein: Maria.
Maria von Ewigkeit her in Gottes Gedanken
Das ist von Weitem angesehen – das Bild, das Gottes Weisheit von Ewigkeit her von der Mutter Gottes entworfen hat. Als er in der Zeit daranging die Welten zu erschaffen., da stand vor seinem Auge der Gottmensch und seine Mutter. Und sie waren ihm gegenwärtig vom Tage an, wo er die ersten Menschen erschaffen hat, und er hat sie bei der Leitung der Weltgeschichte nie aus dem Auge verloren. So hat Maria in der Ewigkeit und in Jahrtausenden der Zeit, bevor sie ins Leben trat, in Gottes Gedanken und Ratschlüssen, „in seinen Wegen“, wie die hl. Schrift sich ausdrückt, gelebt.
Und jetzt wirst du etwas verstehen. Beinahe an allen Festtagen Mariens kommt im Brevier des katholischen Priesters und öfter auch in der Epistel bei der Messe eine ganz wundersame Erzählung vor. Sie ist aus der hl. Schrift des alten Testamentes genommen; die unfehlbare Kirche Gottes legt sie auf Maria aus. Und so ist es im Geist der Kirche Maria selbst, welche uns ihre Vorgeschichte, ihr Vorleben in Gott erzählt. Sei jetzt still, und horche andächtig und gläubig auf, was sie sagt:
„Der Herr hat mich am Anfang seiner Wege besessen, bevor er etwas bildete vom Anfang an. Von Ewigkeit her bin ich gesetzt, und vor der Urzeit her, bevor die Erde wurde. Noch waren die Tiefen nicht, und ich war schon empfangen. Die Wasserquellen waren noch nicht hervorgebrochen und die Berge standen noch nicht da in ihrer schweren Last; eher als die Hügel ward ich geboren. –
Als er die Himmel bereitete, war ich dabei. Als er die Tiefen mit bestimmtem Gesetz und Schranken umzog, als er die Lüfte oben befestigte und die Wasserquellen ausglich, – – – als er die Grundfesten der Erde einsetzte, da war ich bei ihm, alles ordnend; und ich freute mich jeden Tag, spielend vor ihm alle Zeit, spielend auf dem Erdkreis; und meine Wonne war es, bei den Menschenkindern zu sein.“ (Sprichw. 8,22-31)
Das ist jetzt gleichsam das erste Blatt, das erste große Hauptstück in der Geschichte der Mutter Christi und somit auch unserer lieben Frau, der großen Mutter der Familie Gottes. Das Bild voran ist die Illustration dieser heiligen Ur- und Vorgeschichte Mariens. Da siehst du oben Gott den Vater, wie er eben die Sonne, den Mond, die Sterne und die Erde erschafft; aber es ist, als wenn er das nur so nebenbei täte. Sein Augenmerk ist dabei auf Maria gerichtet. Sie ist bei ihm und vor ihm. Sie steht auf der Erde, ragt aber über sie weit in den Himmel hinauf bis zu Gott dem Vater. Ihre Augen sind liebreich, gütig und süß und mild zur Erde hinab gesenkt; man sieht es ihr wohl an, „es ist ihre Wonne, bei den Menschenkindern zu sein.“ Ihre Hände sind nach ihnen ausgestreckt, als wollte sie die ganze Welt an ihr Herz hinaufheben, um ihr dort wohl werden zu lassen. Und von diesen Händen gehen Segensstrahlen auf die Erde hinab; ganz mit Recht. Denn diese Hände werden sich im mütterlichen Gebet oft und oft falten für die Menschenkinder, um ihnen von Gott Gnade und Erbarmung, Heil und Segen zu erflehen. –
aus: Franz Ser. Hattler SJ, Christkatholisches Hausbrod für Jedermann, der gut leben und fröhlich sterben will., II. Band, VI. Teil, 1892, S. 6 – S. 9
siehe auch die Betrachtungen von P. Paolo Segneri zur hohen Würde Mariens
Hoy la tierra produce una rosa – Roque Ceruti (1685-1760)
zur Geburt der Muttergottes
Heute bringt hervor
die Erde eine Rose,
von so feinen Aromen,
von so viel Lila,
das der Empireo
seine Pracht präsentiert,
Anmut in Saphiren,
die unsterbliche Herrlichkeit