Das allgemeine Gericht – Tag des Zornes

Das letzte Gericht: Im Himmel sieht man die heiligste Dreifaltigkeit mit den Engeln und Heiligen; unten sieht man die Hölle mit den Verworfenen und Verdammten in schrecklicher Pein

Vom allgemeinen Gericht

Teil 1

Das allgemeine Gericht: Tag des Zornes

„Der Herr wird erkannt werden, da Er Recht schaffet.“ (Ps. 9,17)

Wenn man es wohl erwägt, so gibt es heutzutage niemanden auf der Welt, der mehr verachtet wird, als Jesus Christus. Man nimmt mehr Rücksicht auf einen Bauer als auf Gott; denn man fürchtet, daß jener Bauer, wenn er allzu sehr beleidigt wird, in Zorn geraten und sich rächen möchte; aber dem Herrn fügt man Beleidigungen zu, und wiederholt dies immerfort, ohne sich im mindesten zu scheuen, als ob Gott sich gar nicht rächen könnte: Den Allmächtigen achteten sie, als ob Er nichts tun könnte (Job 22,17); deshalb aber hat der Erlöser einen Tag bestimmt, welcher der Tag des allgemeinen Gerichts sein wird, und in der heiligen Schrift der Tag des Herrn heißt, wo Jesus sich als jenen großen Herrn zu erkennen gibt, der Er wirklich ist: Der Herr wird erkannt werden, da Er Recht schafft. (Ps. 9,17) Deshalb heißt dieser Tag nicht mehr Tag der Barmherzigkeit und der Verzeihung, sondern Tag des Zornes, Tag der Drangsal und Angst, Tag der Not und des Elends. (Soph. 1,15) Und dies, weil der Herr mit Recht sich wieder jene Ehre verschaffen wird, welche die Sünder hier auf Erden Ihm zu entziehen bemüht waren. Wir wollen jetzt sehen, wie das Gericht an diesem großen Tag erfolgen wird.

Bevor der Richter erscheint, wird Feuer vor Ihm hergehen. (Ps. 96,3) Es wird Feuer vom Himmel herabkommen, das die Erde und alle Dinge auf Erden verbrennen wird: Die Erde wird samt den Werken auf ihr verbrennen. (2. Petr. 3,10) Es werden mithin Paläste, Kirchen, Dörfer, Städte, Königreiche, ja alles wird in einen Aschenhaufen verwandelt werden. Dieses von Sünden verpestete Haus muss durch das Feuer gereinigt werden. Ein solches Ende wird also aller Reichtum, alle Pracht und alle Lust dieser Welt nehmen. Nachdem dann alle Menschen gestorben sind, ertönt die Posaune, und alle stehen auf: Denn es wird die Posaune erschallen, und die Toten werden auferstehen. (1. Kor. 15,52) Der heilige Hieronymus sagt: „So oft ich den Tag des Gerichtes betrachte, muss ich zittern, und es kommt mir immer vor, als ob jene Posaune in meinen Ohren ertönte, die uns verkündet: Stehet auf, ihr Tote! Kommet zum Gericht!“ Auf den Schall dieser Posaune werden die schönen Seelen der Seligen herabkommen, um sich mit ihren Leibern zu vereinigen, mit denen sie Gott auf Erden gedient haben; die unglückseligen Seelen der Verdammten dagegen werden aus der Hölle emporsteigen, um sich mit jenen verfluchten Leibern zu verbinden, mit denen sie Gott beleidigt haben.

O welch` ein Unterschied wird zwischen den Leibern der Seligen und denen der Verdammten sein! Die Seligen werden schön, weiß und und glänzender als die Sonne erscheinen: Alsdann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne. (Matth. 13,43) O wie glücklich, wer in diesem Leben sein Fleisch abzutöten weiß, indem er ihm verbotene Freuden versagt, und wer, um es noch mehr im Zaume zu halten, ihm auch die erlaubten Sinnengenüsse verweigert und es kasteiet, gleichwie die Heiligen getan haben. O wie zufrieden wird er dann deshalb sein, wie dies ein heiliger Petrus von Alcantara war, der nach seinem Tode zur heiligen Theresia sprach: „O selige Buße, die mir eine solche Herrlichkeit verschaffte!“ Dagegen werden die Leiber der Verworfenen entstellt, schwarz und stinkend erscheinen. O welche Pein wird es dem Verdammten verursachen, wenn er sich wieder mit seinem vereinigen muss! Verfluchter Leib! Wird die Seele ausrufen, um dich zu befriedigen, habe ich mich ins Verderben gestürzt. Und der Leib wird sagen: Verfluchte Seele! Dir kam es ja zu, die Vernunft, die Gott dir erteilt hatte, zu gebrauchen: warum hast du mir diese Gelüste gestattet, welche bewirken, daß ich dich und mich für alle Ewigkeit ins Verderben gestürzt habe. –
aus: Alphons Maria von Liguori, Vorbereitung zum Tode oder Betrachtungen über die ewigen Wahrheiten, 1891, S. 260 – S. 262

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