Augustinus gegen den Donatismus

Das große Verdienst Augustins im Kampf gegen den Donatismus

Es ist das große Verdienst Augustins, seit 393 die in Betracht kommenden Fragen dogmatisch gründlich geklärt zu haben. In seiner Auseinandersetzung mit dem Donatismus stellte er gegenüber dem engen donatistischen Kirchenbegriff die Idee der universalen Kirche klar und entwickelte daraus die rechte Lehre von der Wirksamkeit der Gnadenmittel. Ausgehend von der Lehre des heiligen Paulus über das Wesen der Kirche als des Corpus mysticum Christi, erklärte er die innigste Lebensgemeinschaft der Glieder der Kirche mit Christus: „Also Glück wollen wir uns wünschen und Dank sagen, daß wir nicht bloß Christen geworden sind, sondern Christus; denn wenn er das Haupt ist und wir die Glieder, so ist der ganze Mensch er wir.“ (1)

Diese Lebensgemeinschaft zwischen Christus und den Gliedern der Kirche bewirkt der Vater durch den in der Kirche lebendigen und unaufhörlich wirkenden Heiligen Geist. Die Kirche ist das Reich des Heiligen Geistes. (2) Wenn aber der Heilige Geist in der Kirche wirkt, dann ist der Priester als Spender des Sakramentes nur Vermittler, ministrator, nicht donator, Geber der Gnade. Geber der Gnade ist Gott selber. (3) Seine Kraft ist nicht an die Würdigkeit des Spenders gebunden oder von ihr abhängig. Gott selber lehrt durch das Lehramt der Kirche. „Wir sprechen; aber Gott ist es, der lehrt.“ (4)

Deshalb bleibt das Lehramt auch bei unwürdigen Vertretern unfehlbar. Gott ist es, der die Kirche lenkt und leitet: „Die ganze Kirche, bestehend aus sämtlichen Gläubigen, da ja alle Gläubigen Glieder Christi sind, hat im Himmel jenes Haupt, das den ganzen Leib leitet und lenkt.“ (5) Diese Kirche Christi umfaßt nicht nur Reine und Heilige, sondern auch Sünder, selbst solche, die unbekehrt sterben und verloren gehen werden: „Solange der Staat Gottes in der Fremde auf Erden weilt, sind auch solche durch die Gemeinschaft der Sakramente mit ihm verbunden, die das ewige Los der Heiligen nicht teilen werden; teils sind sie verborgen, teils teils offenkundig.“ (6)

Andererseits gehören manche zur Seele der Kirche, die unverschuldet noch außerhalb ihrer Gemeinschaft leben. „Wieviele Schafe sind draußen und wieviele Wölfe drinnen.“ (7) Selbst unter ihren offenkundigsten Gegnern sind solche, die ihr innerlich zugehören, die von Gott zur Seligkeit berufen sind und einmal ihren Irrtum erkennen werden“ (8); denn „der Heilige Geist ist nicht merita sequens, sed ipsa merita faciens“ (9) er läßt selbst noch Exkommunizierte durch die überstarke Kraft der Liebe auf dem festen Felsen der Einheit Wurzeln schlagen. (10)

So hat Augustinus im Kampf mit dem Donatismus die umfassende, wahrhaft katholische Idee der Kirche Christi klar heraus gestellt und aus dieser Idee heraus auch die Lehre von der objektiven Gnadenwirkung der Sakramente geklärt. Die Sakramente sind sichtbare Zeichen des Göttlichen, die die unsichtbare Gnade in sich enthalten und sie demjenigen, der der Gnadenwirkung kein Hindernis entgegen stellt, erteilen. Die Form, das Wort, in welchem die Gotteskraft lebt, verbindet sich mit der Materie, dem Element; so wird das die Gnade wirkende Sakrament.

Im Ringen mit den der Lehre Roms widerstreitenden Bischöfen der afrikanischen Kirche hat Augustinus nicht nur seinen genialen Geist, sondern auch seine innige Liebe zur Kirche und zum Papsttum aufs herrlichste offenbart, sodaß ihn ein neuerer protestantischer Papstgeschichtsforscher treffend als einen „Mann von universalem und ökumenischen Geist, aber römischem Herzen“ bezeichnet. (11) Leider zeigten sich die damaligen Bischöfe der afrikanischen Kirche eines solchen Mannes großenteils nicht würdig. Während Augustinus das Wort prägte: „Es sind vom Apostolischen Stuhl Erlasse gekommen. Damit ist die Sache erledigt (causa finita est)“ (12), schützten Mitbischöfe Afrikas die größere Strenge des Donatismus, dem sie anhingen, vor, um ihre episkopalen Gelüste gegenüber der römischen Primatialgewalt geltend zu machen.

So erlitt die einst so bedeutende afrikanische Kirche das Schicksal, das mit der Zeit jede von der Einheit und Kraft des Felsens Petri getrennte Sonderkirche trifft: sie erlag den Stürmen von außen. Der Einbruch der Vandalen schwächte, der Islam vernichtete diese Kirche und mit ihr die Häresie des Donatismus. Es gibt für das konfessionskundliche Studium kaum wertvollere Erkenntnisse als die der inneren Zusammenhänge der Festigkeit und des Bestandes eines Kirchenbezirkes mit der Zugehörigkeit zu jenem Felsenfundament, auf das Christus die Kirche gegründet und an das er die Verheißung des ewigen Bestandes geknüpft hat. So bestätigt gerade der Untergang solcher Kirchenbezirke die Kraft der Unzerstörbarkeit und Wirksamkeit des Prinzips der kirchlichen Einheit.

Anmerkungen:

(1) Aug., In Joan. 21, 8.
(2) „Societas Spiritus“; Serm. 71, 32. Die Zugehörigkeit zum Reich des Heiligen Geistes bezeichnet Augustin schön mit dem Ausdruck „ad columbam pertinere“; De bapt. Ad Don. III, 23.
(3) „Spiritus dimittit, non vos“; serm. 99, 9.
(4) Serm. 153, 1.
(5) En. in ps. 56, 1.
(6) Civ. Dei, I, 35.
(7) In Ev. Joan., 45, 12.
(8) „Apud apertissimos adversatios praedestinati amici latitant, adhuc ignoti etiam sibi“, Civ. Dei, 1, 35.
(9) De pecc. Orig. c. Pel. 28; vgl. H. Weinand, Die Gottesidee der Grundzug der Weltanschauung des hl. Augustinus (1910).
(10) De bapt. c. Don. I, 261; Weinand, 111.
(11) E. Caspar, Geschichte des Papsttums I (1930, 369ff.)
(12) Serm. 131, 10, gehalten 417. Das Wort wurde im pelagianischen Streit gesprochen. –
aus: Konrad Algermissen, Konfessionskunde, 1939, S. 244 – S. 245

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