Goffine: Unterricht für den sechsten Sonntag nach Ostern
(Sonntag in der Oktav des Festes Christi Himmelfahrt)
Heute und die folgende Woche sollen wir uns nach dem Willen der Kirche noch mehr, als bisher auf das heilige Pfingstfest vorbereiten, damit wir würdig werden, die Gaben des heiligen Geistes zu empfangen. Deshalb fleht die Kirche im Eingang der heiligen Messe mit den Worten des Psalmisten: „Erhöre, o Herr! meine Stimme, womit ich zu Dir gerufen. Alleluja! Mein Herz hat zu Dir gesagt: Ich habe gesucht dein Angesicht; dein Angesicht, o Herr! will ich suchen. Wende nicht ab dein Angesicht von mir! Alleluja Alleluja! Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen sollte ich fürchten?“ (Ps. 26)
Gebet der Kirche.
Allmächtiger, ewiger Gott! Gib, daß wir einen Dir allezeit ergebenen Willen haben und deiner Majestät mit aufrichtigem herzen dienen; durch Jesum Christum, deinen Sohn, unsern Herrn. Amen.
Lesung aus dem ersten Brief des hl. Apostels Petrus. Kap. 4, Vers 7 – 11.
Geliebteste! Seid klug und wachsam im Gebet! Vor allem aber liebet euch stets unter einander; denn die Liebe bedeckt die Menge der Sünden. Seid gastfrei gegen einander, ohne Murren. Dienet einander, jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als guter Verwalter der mannigfaltigen Gnaden Gottes. Wenn jemand lehrt, so lehre er nach Gottes Wort; wenn einer dienet, so diene er, wie aus der Kraft, die Gott verleiht, damit in allen Dingen Gott gepriesen werde durch Jesum Christum, unsern Herrn.
Erklärung und Anwendung.
Der Inhalt dieser Ermahnungen ist klar. Lieben sollen wir einander und die Liebe durch Eintracht, Gastfreundschaft, treue Verwaltung der Gaben, wie jeder sie von Gott erhalten hat, beweisen. Üben wir also diese Liebe. Sie ist die beste, ja die vor allem notwendige Vorbereitung zum Empfang des heiligen Geistes, der ja ein geist der Liebe ist. Darum nochmals: Üben wir sie, besonders in dieser Woche, und beten wir heute und alle Tage derselben zu Gott um diese Gnade:
Komm, heiliger Geist! Der Du die Völker aller sprachen in der Einigkeit des Glaubens versammelt hast, erfülle die herzen deiner Gläubigen und entzünde in ihnen das Feuer deiner göttlichen Liebe! Amen.
Evangelium nach dem hl. Johannes. Kap. 15, Vers 26-27 und Kap. 16, Vers 1 – 4.
Zu jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn der Tröster kommen wird, welchen ich euch vom Vater senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, derselbe wird von Mit Zeugnis geben. Und auch ihr werdet Zeugnis geben, weil ihr vom Anfang bei Mir seid. Dieses habe Ich zu euch geredet, damit ihr euch nicht ärgert. Sie werden euch aus den Synagogen ausstoßen, ja es kommt eine Stunde, daß jeder, der euch tötet, Gott einen Dienst zu tun glauben wird. Und das werden sie euch tun, weil sie weder den Vater, noch Mich kennen. Aber Ich habe euch dies gesagt, damit, wenn die Stunde kommt, ihr euch daran erinnert, daß ich es euch gesagt habe.
Warum wird der heilige Geist „Tröster“ genannt?
1) Weil Er durch innerliche Tröstungen die Drangsale der Gerechten erleichtert, ja angenehm macht, wie bei den Aposteln und Märtyrern (Apg. 5, 40 u. 41);
2) weil Er die treuen Befolger seiner Lehre mit himmlischer Freude erfüllt und das Joch Jesu ihnen süß macht;
3) weil Er in den Büßern die Traurigkeit der Buße durch den Trost der Verzeihung verscheucht, die Krankheiten und selbst die Todesangst durch innerliche Salbung erträglich macht.
Wie hat der heilige Geist von Christus Zeugnis gegeben?
1) Dadurch, daß Er am Pfingsttag die vorher so unwissenden und zaghaften Jünger erleuchtet, beredt und beherzt gemacht hat, so unerschrocken und mit solcher Gewalt Jesus Christus als den Sohn Gottes und den Heiland der Welt zu verkünden, daß ihren Reden niemand widerstehen konnte und die Menschen zu Tausenden sich bekehrten;
2) durch die von unzähligen Wundern begleitete Verkündigung des Evangeliums und durch die gleich wunderbare Gründung, Erhaltung und Verbreitung der katholischen Kirche. Zwölf vorher unwissende Menschen ohne Geld, ohne Ansehen, ohne Macht, gingen in alle Welt, einen Glauben zu verkünden, der die Welt erneuern sollte; und sie siegten. Die Gläubigen bluteten; es war ein Kampf auf Leben und Tod. Aber die Tyrannen verschwanden; die Ketzereien lösten sich auf; nur die heilige Kirche besteht ewig sich gleich.
3) Auch heutzutage gibt Er noch Zeugnis, indem Er seiner Kirche in allen Stürmen beisteht, ihre Diener ermutigt und dieselben mit dem Siege krönt. – Freue dich also deiner Kirche und folge ihr!
Wie haben die Apostel Christo Zeugnis gegeben?
Durch ihre Lehre, ihre Wunder, ihr Leben und ihr unerschrockenes Bekenntnis ungeachtet aller Leiden. – Wenn auch nicht durch Wunder, so sollen wir doch durch ein tugendhaftes Leben und treue, unerschrockene Anhänglichkeit an die Kirche, die Braut Jesu, bekennen, daß Er unser Lehrer, Herr und Gott sei; sonst wird Er auch uns vor dem Vater im Himmel verleugnen. (Matth. 10, 32)
Warum hat Christus seinen Jüngern und den Auserwählten ihre Leiden voraus gesagt?
Damit sie sich später daran nicht ärgerten und im Glauben an seine Gottheit nicht irre würden. Weil voraus gesagt, wurden die eintreffenden Leiden vielmehr ein neuer Beweis für das Christentum und ein Beweggrund zur Beharrlichkeit, indem die Christen einsahen, daß die Leiden von der Hand Gottes ihnen zukamen, und daß der Weg des Leidens und Kreuzes, der Verfolgungen und Versuchungen sie zur Herrlichkeit führen werde. Daher die Zuversicht der Märtyrer in ihren Qualen. –
So laß es auch dich nicht befremden, wenn dich Leiden treffen. Harre aus in Geduld, und du wirst durch das Leiden in die Herrlichkeit eingehen. (2. Tim. 2, 12)
Übung.
Was für ein Zeugnis gibt’s du von Jesus Christus durch dein Leben? Wo ist deine Nachfolge Jesu? Lerne durch standhafte Geduld deinem lieben Heiland nachfolgen und durch Geduld und Sanftmut Zeugnis geben, daß du wahrhaft ein Jünger Jesu seiest.
Gebet.
O sanftmütigster Jesus! Du hast nach dem heiligen Abendmahl deinen betrübten Jüngern vorher gesagt, daß sie um deines Namens willen viele und große Verfolgungen erleiden würden, zugleich aber auch ihnen den heiligen Geist verheißen, der sie stärken und erhalten werde. Wir bitten Dich, sende denselben heiligen Geist auch in unsere herzen, damit Er uns in allen Anfechtungen und Nöten tröste und beschirme, auf daß wir nicht, von der Welt, dem bösen Feind und dem Fleisch besiegt, von Dir, o Herr, abweichen, sondern als gehorsame Kinder deine heiligen Gebote jederzeit getreu befolgen und endlich selig werden. Amen. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 302 – S. 304