Unterricht für das hochheilige Osterfest

Die Auferstehung Jesu am Ostertag: Christus ist aus dem Grab auferstanden und mit der Siegesfahne in der Hand schwebt er über dem Boden; ein Engel neben ihn betet ihn an; die Wachen und Soldaten im Vordergrund schauen furchtsam und erschrocken

Das hochheilige Osterfest ist das höchste Fest

„Christus ist wahrhaft auferstanden!“ (Luk. 24,34) Alleluja! Das ist der Jubelruf, den die ganze Christenheit heute erschallen läßt. Christus ist nach seiner eigenen und der Propheten Weissagung durch seine Allmacht lebendig aus dem Grabe auferstanden, das ist die glorreiche Tatsache, welche die heilige Kirche heute frohlockend feiert. Das heilige Osterfest ist das höchste und freudenreichste Fest des ganzen Kirchenjahres.

Warum ist Ostern das höchste und freudenreichste Fest?

Weil die Auferstehung Jesu Christi ist:

1) Der vollendete Triumph Jesu über Tod und Grab, sonach die Vollendung des Erlösungswerkes, der Grund unseres Glaubens (1. Kor. 15,12), das Unterpfand und Vorbild unserer einstigen Auferstehung (1. Thess. 4,13), die Quelle unserer Hoffnung und Freude. Denn so gewiß, als Christus auferstand, so gewiß ist es, daß Er Gottes Sohn, seine Lehre also göttlich, seine Kirche die wahre ist, und daß auch wir als Glieder seines Leibes das Grab einst verlassen und, sofern wir seine wahren Jünger gewesen, mit verklärtem Leibe, wie Er, auferstehen werden.

2) Das Vorbild dessen, was jeder in diesen Tagen tun soll. Wie nämlich Jesus am Ostertage ein neues Leben begonnen hat, so soll auch jeder Christ aus dem Sündengrab erstehen und in einem neuen Leben wandeln (Röm. 6,4). Er soll den letzten Rest vom alten Sauerteig der Sünde entfernen, von den bösen Gewohnheiten, die ihn, den Leintüchern gleich, festhalten, sich losmachen, den Stein der Schuld vom Gewissen weg wälzen, das Siegel, das ihm der Satan als seinem Eigentum aufgedrückt hat, zerbrechen, die Wächter, welche ihn im Sündengrab zurück halten möchten, verscheuchen und durch ein neues, verklärtes, heiliges Leben zeigen, daß er wirklich vom Tod der Sünde erstanden sei. Gott selbst hat schon im alten Bund durch Moses die Feier dieses Festes angeordnet zur dankbaren Erinnerung an die Befreiung der Israeliten aus der ägyptischen Gefangenschaft und insbesondere weil der Würgeengel an den mit dem Blut des Osterlammes bezeichneten Türen vorüber gegangen war. Daher der Name Pascha, d. h. Vorübergang.

Das Osterfest des neuen Bundes aber ist das Fest der Vernichtung der Macht des Teufels, der Befreiung von geistiger Sklaverei, der Rettung vom ewigen Tod, des Übergangs in das Reich der Gnade, mit einem Wort: Das Erlösungsfest aller Völker, der ganzen Menschheit.

Welche besonderen Zeremonien und Gebräuche kommen während der heiligen Osterfeier vor?

1) In der Liturgie kehrt oft das „Alleluja“ d.i. „Lobet Gott“ wieder zur Bezeugung der Freude über die Auferstehung Jesu und über die Hoffnung auf die ewige Seligkeit, welche uns Christus erworben.

2) Weil die ganze liturgische Feier durch die ganze Oktav hindurch einem Freudenhymnus vergleichbar ist, wird bei den kirchlichen Tagzeiten der Hymnus ausgelassen; weil nur ein Gedanke das Herz der Kirche erfüllt, werden alle Kapitel und Versikel weggelassen und kehrt immer der eine Freudenruf: „Das ist der Tag, den Gott gemacht; lasset uns frohlocken und freudig sein an ihm!“

3) Nach apostolischer Tradition beteten die Gläubigen aller Jahrhunderte während der Osterzeit stehend, zum Zeichen der Freude und wohl auch zum Zeichen, daß sie selbst mit Christus auferstanden seien.

4) Statt des „Engel der Herrn beim dreimaligen Ave Maria Läuten betet man die marianische Antiphon „Regina coeli“ und zwar stehend.

5) Schon seit den ältesten Zeiten des Christentums werden am Ostersonntag morgens solche Speisen gesegnet, deren Genuss in der Fastenzeit nicht erlaubt war, damit diese neuen Speisen dem Leibe nützen, der Seele nicht schaden. Dann deutet die heilige Kirche damit auch an, daß am Osterfest aller erneuert für Gott auferstehen soll.

6) In christlichen Familien besteht die alte Sitte, an Ostern sogenannte Ostereier besonders an die Kinder zu verschenken. Sie sind bemalt zum Zeichen der Osterfreude. Das Ei gilt als Sinnbild der Auferstehung; denn wie aus der Schale ein lebendiger Vogel heraus kommt, so ging Christus lebendig aus dem Felsengrab hervor, und so werden auch wir einst aus den Gräbern hervorgehen. An manchen Orten werden auch sogenannte Osterlämmchen mit einem Fähnlein aufgestellt oder zum Geschenk gemacht, die an das wahre Osterlamm erinnern, das den Tod überwunden hat.

7) Das Osterfest wird nicht alle Jahre am nämlichen Datum gefeiert, sondern immer an dem ersten Sonntag nach dem ersten Frühlings-Vollmond. Alle beweglichen Feste des Kirchenjahres richten sich nach dem Osterfest.

Wie sollen wir das Osterfest begehen?

1) Wir sollen die Worte des hl. Apostels Paulus befolgen. „Brüder! Fegt aus den alten Sauerteig!“ (1. Kor. 5,7) „Sowie Christus zur Ehre des Vaters vom Tode erstand, ebenso sollen auch wir in einem neuen Leben wandeln.“ (Röm. 6,4)

2) Wir sollen durch Betrachtung und Gebet in das Geheimnis des Tages eindringen und dadurch a) unsern Glauben an den Auferstandenen und an die Wahrheit und Göttlichkeit des Christentums beleben und stärken; b) heilige Freude empfinden darüber, daß Jesus lebt, und mit aller Wahrheit und Innigkeit der Liebe ausrufen: „Es ist mir genug! Mein Jesus lebt!“ c) das Vertrauen auf den siegreich Auferstandenen neu beleben und um große Siegesgaben beten. (Sieg über bestimmte Versuchungen oder Gewohnheiten etc.)

3) Um recht in das Festgeheimnis einzudringen, sollen wir die heiligen Evangelien dieser Festtage betrachten, die frommen Frauen und Jünger des Herrn zum leeren Grab begleiten und uns im Geist unter die Jünger stellen, denen Jesus erscheint. –
in: Leonhard Goffine, Ord. Praem.; Unterrichts- und Erbauungsbuch oder Katholische Handpostille, 1885, S. 257 – S. 258

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