Unsere Liebe Frau zu Gutenstein

Eine Prozession christgläubiger Katholiken zu einem Gnadenort der Muttergottes Maria

Gnadenorte unserer himmlischen Himmelskönigin

Unsere Liebe Frau, die Gottesmutter Maria, sitzt, umringt von vielen Heiligen, in der Mitte, ihren Sohn Jesus auf dem Schoß, eine Lilie in der linken Hand; unter ihr ist das Häuschen zu sehen, daß von Engeln zum Gnadenort Loreto getragen wird

Unsere Liebe Frau auf dem heiligen Berg zu Gutenstein in Österreich

Ober dem Markt Gutenstein (…) liegt auf einem Berg die schöne Kirche Maria-Hilf, und dabei ein schönes Kloster der Serviten oder Diener Mariens, welche den zahlreichen Wallfahrern mit barmherziger Liebe leiblichen und geistlichen Beistand leisten und durch ihr auferbauliches Beispiel die Andacht und Verehrung zur lieben Frau nach Kräften befördern.

Die Entstehung dieses berühmten Gnadenortes wird nach alter Überlieferung also erzählt:

Um das Jahr 1661 lebte zu Gutenstein ein rechtschaffener, gottesfürchtiger Bürger und Hauenschmied, mit Namen Sebastian Schlager. Diesem erschien einmal in der Nacht Maria und verlangte, er soll ihr Bildnis malen lassen und selbes auf dem Berg, Buchschach genannt, im Wald an einen Baum heften. Der fromme Mann, dessen Demut sich solcher Gnade unwürdig schätzt, hält Alles für eitlen Traum, und schlägt es sich aus dem Sinn. Maria aber erscheint ihm das andere und dritte Mal, aber vergebens, bis endlich nach siebenmal geschehener Mahnung er die Sache besser bedenkt, und dem Befehl der Himmelskönigin nachzukommen entschlossen ist.
Demnach begab er sich nach Mariazell, wo er nach abgelegter Beichte und empfangener Kommunion die Mutter der Barmherzigkeit um Erleuchtung angerufen; läßt auch daselbst auf ein aus Blech geschlagenes Blatt das Bild der allerseligsten Jungfrau malen, wie es ihm im Traum erschienen und noch jetzt zu sehen ist.

Dieses Bild trug er mit sich nach Hause, behielt es aber in seiner Kammer ein ganzes Jahr, stets des Willens, es in einem Wald, durch welchen die Wallfahrer nach Mariazell zu reisen pflegten, und also an einem andern Ort, als ihm Maria befohlen, an einen Baum zu heften, damit es nach seiner Meinung von den Vorübergehenden mehr und öfter, denn in einem von Menschen selten betretenen Ort, möchte verehrt werden.

Allein da er nachher große Unruhe in seinem Gewissen verspürte, entschloss er sich, hierüber den Rat seines Beichtvaters einzuholen, und diesen dann auch getreulich zu befolgen. Der erfahrene Beichtvater antwortete ihm weislichst: „Da die Urteile Gottes unerforschlich sind, so gezieme es sich, blinden Gehorsam zu leisten: er müsse also das Bild unverweigert dorthin bringen, wo Maria verlangt, von Neuem verehrt zu werden; soll auch wegen der Verehrung ohne Sorge sein, weil genug bekannt ist, daß sie in vielen rauhen, abgelegenen Orten doch die Menschen durch Ausspendung ihrer mütterlichen Gnaden an sich gezogen habe.

Sebastian Schlager gehorchte und trug das Bild unverweilt mit seinem Bruder auf den ihm angezeigten Berg. Dort heftete er dasselbe im dunklen, dichten Wald an eine Buche und ging mit dem Gedanken nach Hause, daß wahrscheinlich in keiner Zeit dem liebewerten Frauenbild hier an diesem unbekannten Ort eine Ehre werde erwiesen werden.

Da geschah es, daß im Jahre 1664 am Palmsonntag, so damals der sechste April gewesen, vier Einwohner des Marktes Gutenstein, nachdem sie alle selbigen Tages ihre österliche Beichte abgelegt hatten, auf den oft bemeldeten Berg Buchschach gingen. Da aber der Weg hinauf sehr steil war, und sie deshalb sehr ermüdet wurden, legten sie sich, nicht weit von der Buche, an welcher das Bild angeheftet war, nieder, um auszuruhen.

Unter diesen vier Männern befand sich der Drechslermeister Lorenz Klerian mit seinen Gesellen, und Matthias Köfer, sein Nachbar, und ein Siebmacher. Da sie also ruhten, ersah gedachter Klerian eine schöne, weiße Taube, die mit langsamem Flug dreimal um die Buche herum flog. Er hatte aber eine Flinte bei sich, und stellte dieser Taube nach, allein umsonst; denn er vermochte nicht zum Schuss zu kommen, indem die Taube sich allgemach aus seinen Augen entfernte und sich nimmer mehr zeigte.

Nun wollte Klerian zu seinen Gefährten sich zurück begeben; aber plötzlich wird er zu wiederholten Malen mit einem Lichtglanz, wie von einem Blitzstrahl, umgeben, worüber er nicht wenig erschrocken. Er wandte also, in der Meinung, es sei wirklich ein Blitz, seine Augen gen Himmel, konnte aber nirgends ein schwarzes Wölklein ersehen. Endlich erblickte er an der Buche das Bild der heiligen Jungfrau. Verwundert hierüber ruft er sogleich seine Gefährten, welche, nachdem sie gehört, was sich zugetragen, mit Ehrfurcht auf die Knie nieder fielen und ein andächtiges Gebet verrichteten.

Der Finder dieses kostbaren Schatzes steigt auf den Baum, löst das Bild von der Buche und trägt es freudenvoll nach Hause. Aber bei reiferem Nachdenken über die Art und Weise der Auffindung des Bildes und was sich dabei Alles begeben, eröffnet er den ganzen Verlauf dem damaligen Seelsorger in Gutenstein, dem hochwürdigen Herrn Georg Resch. Dieser Herr aber konnte sich nicht erklären, was in dieser Sache zu tun sei. Da er aber wußte, wie das Konzil von Trient nicht gestattet, ohne Erlaubnis des Bischofs irgend ein Bildnis zur öffentlichen Verehrung auszustellen, so ließ er sich das Bild bringen, Willens, dasselbe im Pfarrhof aufzubewahren.

Er hatte es auch eine geraume Zeit in Verwahrung und großen Ehren, fand aber nachher eine zunehmende Unruhe in seinem Gemüt bei Tag und Nacht. Und diese endete nicht eher, als bis er sich entschloss, das heilige Bild wieder auf den Berg zurück zu bringen, wie er dies auch mit Beihilfe des obigen Bürgers Klerian an die Buche, ohne Jemanden davon etwas zu sagen, wieder angeheftet hat, am heiligen Fronleichnams-Abend des Jahres 1665.

Es kam in eben diesem Jahr das Fest der heiligen Magdalena. Da verfügte sich ein junges Bauern-Mägdlein, Maria Wieserin mit Namen, auf den Buchschach, um dort die Schafe ihres Herrn, Mathias Köfer zu weiden. Ein einfallendes Regenwetter verursachte, daß sie, um sich dagegen dasselbe zu schützen, unter jene Buche sich flüchtete, an der das Gnadenbild angeheftet war. Bald darauf wurde in dem Pfarrturm das Glockenzeichen zur Wandlung gegeben. Das fromme Mädchen sich sogleich auf die Knie nieder, um im Freien ihren Gott und Herrn anzubeten, dessen Dienste bei der Messe sie in der Kirche nicht beiwohnen konnte. Da sie also ihre Augen andächtig gegen den Himmel erhob, sieht sie mit großer Freude das Bild Mariens, und als sie mit ihrer Herde nach Hause gekommen, verkündet sie trostvoll ihrem Herrn, daß das marianische Bildnis wieder an jenem Ort sei, wo er es im vorigen Jahr herab nehmen geholfen.

Dies war dem Mathias Köfer eine höchst angenehme Nachricht. Er zeigt solches gleich seinem Bruder Georg an, der dann aus großer Begierde, da er seit einem Jahr am rechten Arm gelähmt war, versprach und gelobte, vor diesem heiligen Bild seine Andacht zu verrichten, hoffend, er werde seine Gesundheit wieder erlangen. Deswegen hat er seinen Bruder gebeten, nächsten Sonntag mit ihm den Berg zu besteigen.

Es geschah: beide Brüder mit noch einigen frommen Bürgersfrauen bestiegen den Berg, verrichteten ihre Andacht bei dem gnadenreichen Bild, und siehe, Georg Köfer hat alsbald Besserung an dem lahmen Arm vermerkt, und kurz hernach die völlige Gesundheit erhalten, worauf er diese von Maria empfangene Gnade Jedermann kund gemacht, und auch einiges Geld zur Erbauung einer kleinen Kapelle geschenkt hat.
Von dieser Zeit an kamen manche Andächtige zu dem Gnadenbild auf den Berg, und brachten ihre Gebete und Opfer dar. Von Tag zu Tag mehrten sich die Wallfahrer also, daß am Fest Mariä Himmelfahrt des genannten Jahres 1665 schon 52 Personen daselbst öffentlich den heiligen Rosenkranz beteten.

Noch im Herbst desselben Jahres konnte aus dem angefallenen Opfer eine Kapelle von Holz gebaut werden. Nachdem hierauf vom Passauer Konsistorium, wohin Gutenstein damals gehörte, die nötigen Untersuchungen geschehen, erlaubte auch Papst Clemens IX. im Jahr 1668, in dieser Kapelle die heilige Messe zu lesen und das Gnadenbild als solches zu verehren.

In Gegenwart des geheimen Rates, Johann Balthasar Grafen von Hoyos, wurde demnach am Fest der allerheiligsten Dreifaltigkeit die erste Messe feierlich gehalten, und auch der Grundstein zu einer neuen Kirche gelegt. Um jedoch den Gnadenort noch mehr zu verherrlichen, gründet der genannte Graf und Besitzer von Gutenstein dabei auch ein Kloster für 7 Serviten mit der Bestimmung, für Erhöhung der Andacht zur gebenedeiten Gottesmutter „Maria Hilf“ Sorge zu tragen.

Zwei Jahre darnach, als die Kirche gebaut und geweiht war, im Jahre 1670 am 10. Mai, kam Kaiser Leopold I. mit seiner Gemahlin, um der gnadenreichen Gottesmutter für die auf ihre Fürbitte wieder erhaltene Gesundheit zu danken. Er opferte ein Kruzifix, sechs Leuchter und eine Ampel, alles von Silber, und 300 Gulden.

Im Jahre 1708 am 25. Mai wurde die Wallfahrtskirche leider durch eine Feuersbrunst sehr beschädigt, aber Philipp Joseph Graf von Hoyos und dessen Gemahlin stellten das Gotteshaus mit großer Munifizenz (= Freigebigkeit) wieder her.

Die Wallfahrt nahm von Jahr zu Jahr zu, aber auch die Gnaden, welche die liebe Frau hier austeilte. – Als im Jahr 1768 das Jubiläum der Entstehung dieses Gnadenortes durch volle acht Tage unter großer Feierlichkeit begangen wurde, erschienen dazu 19300 Kommunikanten, durch das ganze Jahr zählte man 46800 Wallfahrer. –
Auch jetzt noch hat das katholische Volk die nämliche Andacht, das nämliche Vertrauen zur Mutter der Gnade auf dem Berg bei Gutenstein, auch jetzt noch schallt aus dem Mund Tausender: Maria hilf! (Kaltenbäck.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 660 – Sp. 663

Tags: Maria

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