Kirche und Gnadenbild von Mariazell

Blick von oben auf die Basilika Mariazell

Gnadenorte der hohen Himmelskönigin Maria

Die Kirche und das Gnadenbild von Mariazell

… Mariazell (…) liegt auf einem grünen abgeplatteten Hügel, der Sandbühel genannt. Vom Marktplatz aus liegen die Häuser an drei Straßen, welche in drei Tälern hinab ziehen. Am obersten Ende des Ortes steht die Kirche, zu welcher eine stufenreiche Treppe hinauf führt.

Die Kirche ist die größte im ganzen Gebirgsland, denn sie hat 201 Fuß Länge, 67 Fuß Breite und 90 Fuß Höhe und ist mit drei Türmen und einer Kuppel geziert. Der Mittelturm ist wunderschön im gotischen Stil gebaut und ist noch von der alten durch den frommen König Ludwig gebauten Kirche stehen geblieben. Gerade in der Mitte der Kirche, dem Hauptaltar gegenüber, steht die Gnadenkapelle. Sie ist im gotischen Stil aus Quadersteinen gebaut und dereinst über 600 Jahre alt. Wie schon berichtet worden, hat sie Markgraf Heinrich von Mähren an der Stelle der früheren hölzernen Zelle errichtet. Sie ist ziemlich geräumig, am Gewölbe mit einer großen Öffnung versehen, inwendig blau gemalt und mit goldenen Sternen geziert, von Außen aber, dem hohen Alter gemäß, von schwärzlicher Farbe.

Hier nun steht auf einem silbernen Altar die Gnadenstatue. Sie ist aus einem Stück Lindenholz geschnitzt, 18 Zoll hoch, mit Ölfarben bemalt, und stellt die Mutter des Heilandes sitzend vor, wie sie das Jesuskind auf ihrem Schoß mit der rechten Hand stützt, ihm mit der linken Hand eine Birne reicht und von demselben dagegen einen Apfel empfängt. Die Farben, obwohl sie schon stark abgefallen sind, kann man noch ziemlich gut unterscheiden. Das Kind hat goldgelbe Haare und ein weißes goldverbrämtes Hemdchen. Das Unterkleid der Mutter Gottes ist ein weißes, am Hals goldgesäumtes, in der Mitte des Leibes durch eine goldene Binde zusammen gehaltenes Hemd, und ein ebenfalls weißes, über die Schulter und das Haupt faltig gehülltes Tuch. Das Oberkleid ist ein blauer, von den Schultern bis an die Schuhe reichender Mantel mit rotem Unterfutter und einem Goldsaum.

Der silberne Altar besteht aus zwölf, an beiden Enden vergoldeten Säulen, welche eine schön gewölbte etwas in die runde Öffnung der Kapelle hinauf regende Kuppel tragen. Diese Säulen sind von Wolken durchzogen, auf welchen sich mehrere Engelfiguren befinden. In der Mitte, wie von Wolken getragen, steht ein reicher Baldachin. Unter diesem prangt die in kostbare Kleider gehüllte Gnadenstatue, das Haupt der Mutter Gottes und des Jesuskindes mit goldenen, von Edelsteinen funkelnden Kronen geziert. Hinter dem Gnadenbild breiten sich vergoldete Strahlen aus. Unter dem Baldachin halten zwei Engel einen von Edelsteinen schimmernden Kranz, unter welchem zwei mit Edelsteinen besetzte, goldene Herzen zu sehen sind. Unter dem Gnadenbild steht der Tabernakel, und daneben knien zwei große Engel von Silber mit Leuchtern, in Form von Lilien, 47 Mark (eine Mark hat 16 Lot) (*) schwer. Zwischen denselben und dem Tabernakel sind noch zwei Engel neben heiligen Reliquien.

Den ganzen Altar ließ das Stift St. Lambrecht im Jahre 1727 aus den silbernen Votivopfern in Augsburg verfertigen, wozu die Fürstin von Montecuculi 26900 Gulden beisteuerte. Er soll, als er noch mehr Verzierungen hatte, 12 Zentner gewogen haben. Auf dem Gnadenaltar stehen 6 silberne Leuchter. Das 200 Mark schwere silberne Antipendium opferte im Jahre 1706 Franz Adam Fürst von Schwarzenberg. In der Kapelle hängt eine silberne, vergoldete Lampe in Form von 8 Herzen, von einem Adler an zwei Ketten gehalten, 31 ½ Mark schwer, ein Geschenk der Kaiserin Maria Theresia. Außer diesen hängen noch 4 silberne Lampen, sämtliche Geschenke frommer Verehrer Mariens, in der Kapelle.

Die ganze Kapelle ist durch ein großes, silbernes Gitter geschlossen, welches 400 Mark wiegt. Kaiser Franz I. und Maria Theresia opferten es, wie die Inschrift anzeigt, nach erhaltenen mehreren Kindern an die Stelle des im Jahre 1679 vom Kaiser Leopold I. geopferten leichteren und schon ganz verbrochenen, bei Gelegenheit der sechsten Jubelfeier dieses Gnadenortes im Jahre 1757. Vorn ist die Kapelle mit einem marmornen Geländer umgeben; außerhalb desselben stehen zwei große, versilberte Engel, die, wie ein dritter, fliegender Engel, vergoldete Lampen halten. Uralte Steinbilder in den Bögen des Eingangstores zur sinnbilden die Geschichte der Kirche: rechts kniet in Andacht versunken Heinrich, Markgraf von Mähren, der die hl. Kapelle gebaut, links der Ungarnkönig Ludwig I., welcher 1363 zum Dank für eine gewonnene Schlacht, die große Kirche gebaut hat, die aber im Jahre 1827 durch einen fürchterlichen Brand zerstört wurde. Die gegenwärtige Kirche wurde im Jahre 1830 vollendet.

Unendlich reich ist die Schatzkammer

Sie bildet eine Kapelle, in welcher öfters die heilige Messe gelesen wird. Der Altar hat die Gestalt eines Zeltes, das früher von Silber war, jetzt aber aus Seide und Samt besteht. In der Mitte desselben befindet sich das auf Holz gemalte Bild U. L. Frau, welches König Ludwig von der gebenedeiten Mutter Gottes empfangen hat, das Schatzkammer-Bild genannt. Zwei silberne Engel tragen dieses geschmückte, in Silber- und Goldrahmen gefaßte Bild, und zwei halten einen Blumenkranz über dasselbe. Auf jeder Seite des Altares sind zwei Reliquien-Tafeln mit vielen Edelsteinen und guten Perlen besetzt. Zwischen den 6 Amethyst-Säulen des Tabernakels steht ein schönes, vor mehr als hundert Jahren von einer Gräfin Esterhazy geopfertes Kreuz. Sechs kristallene Leuchter vom Kaiser Karl VI. und zwei vierarmige silberne, von dem König Don Miguel aus Portugal geopferte Leuchter zieren den Altar. Das Antipendium des Altares ist von gediegenem Silber, 300 Mark schwer (*), und enthält in 37 vergoldeten Brustbildern die Stammbäume des k.k. Habsburg-Lothringischen, und des k. neapolitanischen Herrscher-Hauses. Kaiserin Maria Theresia hat es geopfert und ihre Tochter Maria Karolina hat es 1803 von Neuem errichtet und mit ihrem eigenen Stammbaum vermehrt.

Neben dem Altar reihen sich rechts und links mehrere Schränke an. Da sieht man die prachtvollen, mit Edelsteinen und Perlen bedeckten Kleider U. L. Frau, goldene und silberne Monstranzen und Kelche von unermesslichem Wert, Kruzifixe aus Gold, Silber und Elfenbein, Messgewänder, von Gold gestickt, Lampen von Gold und Silber, und eine Menge silberner Votivgeschenke, vergoldete Krücken, Gliedmaßen von Silber, Bilder mit goldenen Rahmen und Edelsteinen, Statuen der Mutter Gottes von Gold und Silber, die Brautkleider, welche König Ludwig I. von Ungarn und seine Gemahlin getragen; das Schwert, die Sporen und Steigbügel dieses Königs neben einer Fahne, und ein großes Kreuz von Ebenholz, auf welchem Christus und Gott Vater in Mannsgröße von Silber, 600 Mark schwer, dargestellt sind. –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 135 – Sp. 138

(*) eine Mark sind ca. 224 g; 1 Lot sind ca. 17, 5 g

Tags: Maria

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