Wozu und wie die Kinder erzogen werden sollen
Liebe Eltern – Die Kinder sind Gottes Eigentum
Die Kinder sind Gottes Eigentum; denn Er hat ihnen das Leben gegeben; Er erhält sie. – Die Eltern sind nur Gottes Werkzeuge und Gottes Stellvertreter. Gott vertraut ihnen las kostbares Gut die Kinder an und fordert sie einst von ihren Händen. – Die Eltern sollen sich dies recht tief zu Herzen fassen und den Absichten Gottes treu entsprechen. Denn wozu hat Gott wohl die Kinder erschaffen? – Etwa, daß dieselben gesund und kräftig heranwachsen, rechtschaffen arbeiten, sich nützliche Kenntnisse erwerben, gut versorgt werden, sich Vermögen erringen, im Wohlleben ihre Tage vollbringen und dann – sterben?! Nein, dazu hat sie Gott nicht erschaffen; sondern einzig und allein dazu, daß sie hier auf Erden gottesfürchtig und tugendhaft leben und Auserwählte des Himmels werden. Für Gott, für den Himmel müssen also vor Allem die Eltern ihre Kinder erziehen; auf ein frommes, gottesfürchtiges Leben Leben ihrer Kinder müssen die Eltern ihr vorzüglichstes Augenmerk richten, wie dies der heilige Vater Guilielmus getan hat. Er hatte kein anderes Ziel im Auge, als daß sein Sohn Peregrinus ein frommer Christ und einst ein Bürger des Himmels werde. Gott wird einst am Gerichtstage die Eltern nicht fragen, ob sie ihren Kindern viele Kenntnisse beigebracht, viel Vermögen gegeben, ob sie dieselben gut versorgt haben; aber um das wird er sie ernstlich fragen, ob sie ihre Kinder nach seinem heiligen Willen auf den Weg des Heils geleitet, sie vor dem Sündenfall bewahrt, zur Frömmigkeit angehalten haben. Es liegt also auch viel daran, wie die Eltern ihre Kinder erziehen sollen.
Sie sollen sie frühzeitig mit Jesus, dem göttlichen Kinderfreund, bekannt machen, ihnen Freude und Eifer zum christlichen Unterricht einflößen und ihnen, so oft sie nur können, die Worte an das Herz legen, daß Gott Alles sieht, Alles weiß, Alles hört und Alles, was Böse ist, haßt, verabscheut und bestraft. – Sie sollen ihren Kindern heilige Schamhaftigkeit einprägen und sie nie Etwas hören oder sehen lassen, was ihre Unschuld beflecken könnte. – Sie sollen an ihren Kindern keinen Eigensinn, keinen Ungehorsam dulden und deswegen die Rute nicht sparen. – „Wer die Rute spart, haßt seinen Sohn“ heißt es im Buch der Weisheit. Viele Eltern haben gegen ihre Kinder eine wahre Affenliebe, das heißt, sie lieben sie zu sehr, geben ihnen in Allem nach, übersehen ihre Fehler, dulden ihre bösen Streiche und binden sich dadurch an ihren Kindern selbst eine Rute. Wie der Gärtner das Bäumchen biegt, zuschneidet und anbindet, so lange es noch klein ist, so müssen es auch die Eltern an ihren Kindern machen. Sie sollen ihre Kinder zum Gebet,, zum Lernen anhalten, keine Lüge ihnen gestatten und sie vor bösem Umgang mit verdorbenen Kindern und Besuch verdächtiger Häuser bewahren. Vor Allem aber sollen die Eltern ihren Kindern ein gutes Beispiel geben, wie der heilige Guilielmus seinem Sohn Peregrin, und sie werden an ihren Kindern Freude erleben und wenn auch ohne ihre Schuld die Kinder später ausarten, so werden sie vor Gottes Gericht bestehen.
Aber wie wird es wohl jenen Eltern einst ergehen, welche ihre Kinder ganz vernachlässigen und anstatt für Gott und den Himmel, nur für diese Welt erziehen! Was werden sie wohl dem gerechten Richter antworten, wenn er die Frage an sie stellt: „Wo hast du mein Kind, das ich dir anvertraut?“ Was werden sie wohl antworten, wenn ihre Kinder selbst gegen sie das Zeugnis ablegen und sagen: Du, o Vater, o Mutter, bist durch deine Nachlässigkeit, durch dein böses Beispiel, an meinem Untergang Schuld!! O Vater, o Mutter, bedenke dies, nimm es wohl zu Herzen, deine Seligkeit hängt daran!!
Gebet.
O Vater im Himmel, sende doch allen Eltern den heiligen Geist, damit er sie erkennen lasse, was sie zum Heil ihrer Kinder tun sollen und sie antreibe, daß sie es auch ausführen. Amen. –
aus: Georg Ott, Legende von den lieben Heiligen Gottes, Bd. 1, 1904, S. 651 – S. 652