Heiligenkalender
25. Januar
Seliger Heinrich Suso Dominikaner und Mystiker
Das Leben des Heinrich Suso
Heinrich Suso, nach seiner Mutter Namen auch Säusen genannt, stammte aus einem vornehmen Geschlecht, und trat, erst 13 Jahre alt, in den Orden der Dominikaner zu Konstanz. Er studierte auf der hohen Schule zu Köln und wollte Doktor der heiligen Schrift werden; allein der heilige Geist, der in seiner unschuldigen Gott liebenden Seele wohnte, wehrte es ihm und mahnte ihn, sich ganz der ewigen Weisheit, welche in Gott ruht, hinzugeben, und auch andere Menschen durch Predigen zu Gott zu ziehen.
So fing er denn an zu predigen und ward ein berühmter Prediger, der dem Herrn eine große Anzahl Seelen gewann. Dabei lebte er im wunderbaren Verkehr mit Jesus, der ewigen Weisheit und seiner glorwürdigen Mutter Maria. Seine übermenschliche Buße, sein beständiges Beten und Betrachten hatten ihn zu diesem wunderbar lieblichen Verkehr erhoben. Sein Herz, das von Liebe zu Gott und den Menschen überfloss, machte ihn mitleidig mit den Trauernden und Weinenden, weise zum Ratgeben, väterlich gegen die Armen, eifrig in Bekehrung der Sünder, liebetraut gegen alle Freunde Gottes, versöhnlich gegen alle seine Feinde, milde und gütig gegen jedes Tierlein, und alles, was im Erdkreis lebt.
Zwei und zwanzig Jahre führte er das schmerzensreichste Bußleben. Er schlug sich wahrhaft mit Jesus ans Kreuz, dessen heiligsten Namen er mit glühendem Eisen in seine Brust brannte, um seiner niemals zu vergessen. Auch an aller Schmach des Heilandes nahm er Teil. Ein schlechtes Weibsbild beschuldigte ihn, der Vater ihres Kindes zu sein. Jahre lang musste er die Verachtung und den Hohn seiner Mitbrüder und der Welt tragen, bis seine Unschuld an den Tag kam.
Von einem halb verrückten Mitbruder wurde er als Brunnen-Vergifter angegeben und geriet deshalb in Todesgefahr; böse Zungen dichteten ihm allerlei Verbrechen an, von denen er nichts wusste, ja man hielt ihn sogar für einen Ketzer. Er aber trug stille und geduldig seinem Herrn und Meister die Schmach nach, der ihn dadurch immer mehr reinigte und zu der höchsten Stufe der Vollkommenheit erhob. –
Er starb selig im Herrn am 25. Januar 1365 zu Ulm, wo er im Kreuzgang der Dominikaner-Kirche begraben wurde.
Seine Liebe zur Himmelsmutter Maria
Er war der treueste Diener U. L. Frau, wie ein gutes Kind seine Mutter, so liebte er sie, und hinwiederum erfreute er sich auch der vollen Liebe der Himmelsmutter, welche ihn reich begnadete.
Einmal hatte er sich vorgenommen, dem Herrn Jesus zu Lieb nur Morgens zu trinken, und dann den ganzen Tag nicht mehr.
Das trieb er von Weihnacht an bis zum zweiten Sonntag nach heiligen drei König. Er musste den heftigsten Durst leiden, und sein Leiden ward groß. Da hatte er in einer Nacht, wo er den größten Durst litt, ein Gesicht. U. L. Frau, Gottes Mutter, kam mit dem Kindlein Jesus, in der Gestalt, als es auf der Erde siebenjährig war. Das Kindlein hatte in der Hand ein Krüglein mit frischem Wasser. Da nahm U. L. Frau das Krüglein in ihre Hand und gab`s ihm, dass er tränke. Er nahm es und trank mit großer Begierde und löschte seinen Durst nach Wunsch.
Einmal sah er den bösen Geist mit einem hässlichen Gesicht, mit vor Wut funkelnden Augen, mit einem Bogen und furchtbaren Feuerpfeilen in der Hand, die er in seiner Gegenwart auf einen Mönch abschoss und ihn sogleich zu Boden streckte und dem Tode nahe brachte. Der böse Feind wollte auch Heinrich dasselbe tun, allein dieser erhob bloß seine Augen zum Himmel und sprach die süßen Worte: „Nos cum prole pia benedicat Virgo Maria.“ „Es segne uns Maria, die Jungfrau mit ihrem süssen Kind“, und sogleich verschwand der böse Feind.
Er ging einst über Feld, und kam auf einen schmalen Steg. Da begegnete ihm eine arme Frau. Da die Frau nahe zu ihm kam, da wich er ihr aus und trat in die Nässe, die Frau kehrte sich um und sprach also zu ihm:
„Lieber Herr! Was meinet ihr damit, dass ihr, ehrwürdiger Priester und Herr, mir, der armen Frau, so demütiglich weichet, da ich euch billiger sollte gewichen sein?“ Da sprach er: „Eja, liebe Frau! Meine Gewohnheit ist, dass ich allen Frauen gern Ehre anbiete, um der zarten Gottesmutter vom Himmelreich willen.“ Sie hob ihre Augen und Hände gegen Himmel auf und sprach also: „Nun bitte ich dieselbe himmlische Frau, dass ihr von dieser Welt nicht eher scheidet, es sei denn, dass euch die Mutter Gottes eine Gnade gebe, da ihr sie an uns Frauen so ehrt.“ Er sprach: „Des helfe mir die reine Jungfrau Maria vom Himmelreich.“
Die Gottesmutter gibt Heinrich einen himmlischen Trank
Es geschah aber bald darnach, dass er sich bei Tisch wieder des Trankes enthielt. Da er des Nachts sich nieder legte, da kam vor ihm stehend in einem Gesicht ein himmlisch schönes Bild und sprach zu ihm also: „Ich bin es, die Mutter, die dich in der vorigen Nacht getränkt hat aus dem Krüglein, und wenn dich so dürstet, so will ich aus Erbarmen dich abermals tränken.“ Da sprach Heinrich zu ihr: „Ach, reine Frucht, du hast doch nichts in der Hand, damit du mich mögest tränken!“ Da antwortete sie und sprach zu ihm: „Ich will dich tränken mit dem heilsamen Trunk, der meinem Herzen entfleußt.“
Da erschrak er, dass er nicht antworten konnte, weil er sich des für unwürdig erkannte. Da sprach sie gar gütlich zu ihm: „Weil sich der Himmelshort Jesus also lieblich in dein Herz gesenkt, und dasselbe dein dürrer Mund also hart erworben hat, so soll es dir zum besonderen Trost von mir werden: und es ist nicht ein leiblicher Trank, es ist ein heilsamer, geistlicher, würdiger Trank wahrer, echter Lauterkeit. Da ließ er`s geschehen und gedachte bei sich selbst: nun sollst du recht genug trinken, dass du deinen Durst wohl mögest löschen.
Da er wohl getrunken des himmlischen Trankes, da blieb ihm etwas in dem Mund wie ein kleines, weiches Kügelein, das war weiß, wie das Himmelsbrot geschaffen war, das behielt er zum Andenken lang in dem Mund. Darnach kam ihm ein herzliches Weinen an, und dankte Gott und seiner lieben Mutter wegen der großen Gnaden, so er von ihnen empfangen hatte. –
Im Auftrag der Mutter Gottes kam bald hernach zu ihm eine fromme Person, die zu ihm sprach:
Du sollst wissen, dass mir U. L. Frau mit ihrem lieben Kind heute Nacht in einem Gesicht vorkam, und hatte unsere Frau in ihrer Hand ein schönes Trinkgefäß. Das Kind und die Frau redeten minnigliche Worte von dir; da bot sie das Gefäß mit dem Wasser dem Kindlein dar, und bat es, dass es seinen Segen drüber gebe; es tat seinen heiligen Segen über das Wasser, und sogleich ward das Wasser zu Wein, und es sprach: Es ist genug, ich will nicht, dass der Bruder keinen Wein mehr trinke; er soll fürohin Wein trinken, seiner schwachen Natur wegen. Und da ihm also erlaubt war von Gott, da trank er fröhlich Wein, wie er auch zuvor getan.
Der Gesang am himmlischen Hof
Da Heinrich noch ein kleiner Knabe war, hatte er die Gewohnheit, wenn der schöne Frühling kam und die zarten Blümlein hervorsproßten, so wollte er kein Blümlein berühren noch pflücken, bis an die Zeit, wo er seine Liebe, die zarte, rosige Magd, Gottes Mutter, zuerst begrüßte mit seinen ersten Blumen.
So ihm die rechte Zeit gekommen schien, brach er die Blumen mit manchen minniglichen Gedanken und trug sie in die Kammer und machte einen Kranz daraus und ging in U. L. Frauen Kapelle und kniete vor U. L. Frau gar demütiglich nieder und setzte ihrem Bild den Kranz auf in der Meinung: weil sie die allerschönste Blume und seines Herzens Sommerwonne wäre, dass sie die ersten Blumen von ihrem Diener nicht verschmähen möchte.
Einstmals, da er die Schöne also bekränzt hatte, da ward ihm ein Gesicht. Er sah den Himmel offen und die lichten Engel klar auf- und absteigen im lichten Gewand. Da hörte er in dem himmlischen Hof von dem fröhlichen Ingesinde (=Dienerschaft im Haus des Herrn) den allerschönsten Gesang, der je gehört ward. –
Sie sangen sonderlich einen Gesang von U. L. Frau, der klang so recht süßiglich, dass seine Seele von großer Wonne zerfloss und der Gesang war dem gleich, den man von ihr singt am Allerheiligen-Tag in der Sequenz: „Illic regina virginum, transcendens culmen ordinum“, und ist der Sinn des Gesanges, wie die reine Königin obschwebt in Ehren und Würdigkeit allem himmlischen Heer. Er hub auch an und sang mit dem himmlischen Gesinde, und seiner Seele blieb davon viel himmlischen Geschmackes und Verlangens nach Gott.
Darnach hatte er einst beim Beginn des Mai-Monats seiner allerliebsten, himmlischen Frau nach Gewohnheit mit großer Andacht einen Kranz von Rosen aufgesetzt. Weil er einen weiten Weg hatte gemacht, so war er sehr müde, und überließ sich dem Schlaf und grüßte die Jungfrau zur gewohnten Stunde nicht. Da es nun Zeit war, wo er aufstehen sollte, da ward ihm gleichsam, als wäre er in einem himmlischen Chor, und da sang man das Magnifikat, Gottes Mutter zu Lob. –
Da es zu Ende war, da trat die Jungfrau hervor und gebot Heinrich, dass er anfange den Vers zu singen: O vernalis rosula, etc. das heißt: O du feines, sommerliches Röslein! Er gedachte, was wohl die Gottesmutter damit meine, aber er wollte ihr gehorsam sein, und hub an mit fröhlichem Mut zu singen: O vernalis rosula! Alsbald erschienen drei oder vier Jünglinge aus den himmlischen Bewohnern, und standen im Chor und fingen an mit ihm zu singen und sie sangen abwechselnd so wohl gemütiglich, dass es also süßiglich erschallte, als ob alle Saitenspiele erklängen; und den Klang mochte seine schwache Natur nicht ertragen und er kam wieder zu sich.
Die Gottesmutter zürnt
Am nächsten Tag, nach U. L. Frauen Himmelfahrt, da ward ihm abermals große Freude gezeigt im himmlischen Hof.
Aber es durfte niemand hinein, der dessen unwürdig wäre. Da nun Heinrich gerne hinein gedrungen wäre, da kam ein Jüngling, ergriff ihn bei der Hand und sprach: „Geselle, du darfst jetzt noch nicht hinein; bleib hier draussen; du bist in Schulden und musst büßen für deine Missetat, ehe du den himmlischen Gesang hören mögest.“ Und er führte Heinrich einen krummen Weg in ein Loch unter der Erde, das war finster, öde und jammervoll. Er konnte weder hin noch her sich wenden, wie einer der gefangen liegt, dass er weder die Sonne noch den Mond sehen kann. Dies tat ihm weh, und er fing an zu seufzen und zu klagen über sein Gefängnis.
Darnach aber kam bald der Jüngling zu ihm und fragte ihn, wie es ihm ginge. Heinrich sprach: „Übel und übel.“ Da sagte ihm der Jüngling: „Wisse, dass die oberste Fürstin vom Himmelreich jetzt mit dir zürnt wegen der Schuld, darum du auch hier gefangen liegst.“ Heinrich erschrak sehr und sprach: „O weh mir Armen, was hab ich wider sie getan?“
Er sprach: „Sie zürnt, weil du so ungern predigst an ihren Festtagen, und gestern an ihrem hohen Fest versagtest du deinen Obern, dass du nicht predigen wolltest.“ Heinrich sprach: „O wehe mir! Doch vernimm, mein Herr! Mich dünkte, die Gottesmutter ist also großer Ehre wert, dass ich mich zu klein bedünke, von ihr zu predigen und überlasse es den Älteren und Würdigeren; denn ich glaube, diese können von ihr würdiglicher predigen, denn ich armer Mensch!“
Da sprach der Jüngling: „Wisse, dass sie es gern vor dir hat, und ist ihr ein angenehmer Dienst von dir; darum tu es nicht mehr.“ Heinrich fing an zu weinen und sprach zu dem Jüngling: „Ach herzlicher Jüngling, versöhne mich mit der reinsten Mutter; denn ich gelobe dir bei Treue, dass es nicht mehr geschieht.“ Der Jüngling lächelte und tröstete ihn gütlich,, und führte ihn aus dem Gefängnis wieder heim, und sprach: „Ich hab` es an der Himmelskönigin gütlichem Antlitz und Worten, die sie gegen dich hatte, bemerkt, dass sie ihren Zorn gegen dich aufgegeben und immer gegen dich mütterliche Treue haben will.“
Von nun an predigte Heinrich wieder fleißig zu Lob der gebenedeiten Gottesmutter. (Susos Leben v. Kard. Diepenbrock.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 260 – Sp. 263
Siehe auf katholischglauben.online: