Sünden gegen das dritte Gebot Gottes
„Gedenke, daß du den Sabbat heiligst.“
Sonntagsgebot: Was ist knechtische Arbeit?
Ich verstehe unter knechtischen Arbeiten alle diejenigen körperlichen Arbeiten, die gewöhnlich von allen Arten dienstpflichtiger Personen und von Handwerkern zur Gewinnung ihres Lebensunterhaltes versehen werden, z. B. ackern, pflügen, ernten, mähen etc.
Man unterscheidet zwei Arten von Werken oder Künsten; die freien und die dienenden. Die freien Künste sind die, an denen der Geist mehr Teil hat, als der Leib und Körper, die daher auch in der Regel von freien und unabhängigen Leuten besorgt werden, z. B. zeichnen, malen, Unterricht geben etc. Die dienenden Künste oder Gewerke sind die, an denen der Leib oder Körper mehr Teil hat, als der Geist, die daher auch in der Regel von Tagelöhnern, Arbeitsleuten, Handwerkern etc. versehen werden, z. B. graben, mähen etc. Dazu kommen noch die sogenannten gemeinen Werke, bei welchen Geist und Körper gleichmäßig in Anspruch genommen und die an einen bestimmten Stand gebunden sind, wie z.B. Spazierengehen, Spielen, Jagen, Fischen u. dgl.
Der Betrieb der freien Künste ist Sonntags erlaubt. Man darf daher nach dem Besuch des Gottesdienstes, ohne sich zu versündigen, lesen, schreiben, sich auf eine Lehrstunde vorbereiten oder eine solche geben, über Wissenschaften und schöne Künste, d. h. Die Künste, die vornehmlich den Geist anregen, sich unterhalten, zeichnen, kopieren, malen in Öl oder Pastellfarben etc.; Pläne entwerfen, physikalische oder chemische Experimente machen, Musikstücke komponieren oder ausführen, juridische und medizinische Gutachten einholen und geben, selbst wenn man pekuniären Gewinn daraus zieht, weil dies in der Sachlage nichts Wesentliches verändert.
Dagegen sind alle dienenden oder knechtischen Arbeiten und Beschäftigungen an Sonntagen untersagt. Man darf daher keine derselben längere Zeit, mehr als zwei Stunden, sei es hintereinander oder mit Unterbrechungen, betreiben, ohne nach der einstimmigen Ansicht der Kirchengelehrten eine Todsünde zu begehen.
Daher darf man am Sonntag, selbst wenn man dem ganzen Gottesdienst beigewohnt hat, weder nähen, noch stricken, spinnen, glätten, einfahren, ackern, pflügen, säen, mähen, Bäume oder Weinstöcke beschneiden, ernten, Weinlese halten (wenn nicht etwa die Weinlese von der obrigkeitlichen Behörde auf einen Sonntag festgesetzt ist, was natürlich nur diejenigen angeht, welche einen Weinberg gemeinschaftlich besitzen), in Stein arbeiten, drucken, eine Mauer oder ein Getäfel anstreichen; noch wagnern, zimmern, mauern, gärtnern, sattlern, schlossern, schmieden, schneidern, noch irgend eine Art der Wäsche vornehmen. Alles dies und vieles Andere ist untersagt, selbst wenn man es nicht des Geldgewinnes wegen tut. Nicht das macht ein Gewerk zum dienenden oder knechtischen, daß man Geld dabei gewinnt, sondern daß der Körper mehr dadurch in Anspruch genommen wird, als der Geist, und daß es in der Regel von dienenden Personen oder Handwerkern des Gelderwerbes wegen geübt ist. – Daher denn auch jede zur Verscheuchung der Langeweile vorgenommene Arbeit, wie Sticken, Stricken, Tapezieren, jede Filetarbeit, das Verfertigen von künstlichen Blumen, Skapulieren, Rosenkränzen etc. am Sonntag verboten ist, selbst dann, wenn man die Absicht hat, das Gearbeitete einer Kirche oder Gemeinde zu schenken, oder den Erlös desselben unter die Armen zu verteilen, weil dergleichen Zwecke, wie lobenswert sie auch sein mögen, die Natur der so eben aufgezählten Arbeiten und Beschäftigungen nicht umwandeln…
Fischfang und Jagd werden am Sonntag geduldet, d. h. die Kirche erklärt sich entschieden weder dagegen noch dafür, doch darf es nur zur Erholung und nicht zu lange geschehen. Beide Beschäftigungen aber werden als dienende und knechtische angesehen, wenn sie viele Zurüstungen erfordern und viel Bewegung und Unruhe verursachen, weil sie dann in eine Zerstreuung versetzen, die mit der Heiligung dieses Tages sich nicht verträgt. Das eben von dem Fischfang und der Jagd Bemerkte gilt auch vom Spiel, wenn es nur zur Erholung geschieht und nicht allzu lange dauert.
Man darf auch am Sonntag, weil es einmal so Sitte ist, und ohne eine Sünde zu begehen, die nötigen Vorkehrungen in der Küche treffen, Nahrungsmittel bereiten, etwas Backwerk machen, Geflügel töten (Anm.: nicht aber ein Ochse, ein Kalb, oder Schaf, wenigstens nicht ohne dringende Veranlassung), das Haus kehren, betten, das Tischgeschirr reinigen etc. Eben so darf ein Metzger Sonntags Vieh schlachten, wenn es nötig ist, was gewöhnlich in großen Städten der Fall ist. Dasselbe dürfen sie in Flecken und Dörfern im Sommer tun, oder wenn mehrere hohe Festtage aufeinander folgen (S. Liguori, lib. III. Nro 208).
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Der Sonntag ist nicht bloß ein Tag des Gebetes, sondern auch der Ruhe und Erholung. Man darf sich daher auch, wenn man den Anforderungen der Religion und Frömmigkeit genügt hat, anständige und mäßige Spiele, Vergnügungen und Erholungen erlauben, z. B. Spaziergänge, Besuche etc. Aber ihr begreift leicht, wie schlecht sich mit dem Gebot der Sonntagsfeier alle die langwierigen und unmäßigen Genüsse vertragen, die Tänze, die Bälle, die Schauspiele, die nächtlichen Promenaden und Zusammenkünfte, der Besuch von Schenken, Kneipen und ähnlichen sittenverderblichen Häusern, wo Flüche über Flüche, Lästerungen über Lästerungen laut werden, wo sich Alles versammelt, was der Pfarrort oder die Stadt an Lüstlingen und ehrlosen Mädchen hat, wo keiner einzutreten wagt, in dem noch ein Fünkchen von Scham und Ehrgefühl lebt…
Während der Priester am Altar das makellose Opfer darbringt, opfert eine sinnlose Jugend vor einem anderen Altar, betet sie einen anderen Gott und andere Geheimnisse, die der Schande und der Schmach, an, die ärger sind als die Gräuel des Heidentums. Ihr befleckter Altar ist der Tisch der Lust und Schwelgerei, ihre Gottheit findet nur an den tollen Libationen (Anm.: Trankopfer) der Trunkenheit Gefallen. – Diesen Gottesdienst begehen alle die, welche, wie der heilige Paulus sagt, den Bauch zu ihrem Gott gemacht haben… –
aus: Ambrosius Guillois, Historische, dogmatische, moralische und liturgische Erklärung des Katechismus, 2. Band, 1849, S. 189 – S. 192; S. 195 – S. 196