Der Sonntag des 25. Dezember im Jahre 1 – Die Geburt Jesu
Die römisch-katholische Kirche hat den gnadenreichen Geburtstag unseres Herrn und Erlösers Jesus Christus, von ihrem ersten Entstehen an, immer am 25. Dezember hochfestlich gefeiert. Der hl. Johannes Chrysostomus, Patriarch von Konstantinopel († 407), hat in einer Predigt auf diesen Festtag die uralte Überlieferung und Übung, die Geburt des heiligsten Erlösers aus Maria auf den 25. Dezember zu setzen gerechtfertigt und begründet durch die sehr klare Bemerkung: „die römische Kirche befand sich in der günstigsten Lage, den richtigen Tag der Geburt des Heilandes sicher zu kennen. Denn die amtlichen Akten über die auf Befehl des Kaisers Augustus vorgenommene Volkszählung in Judäa wurden in den öffentlichen Archiven zu Rom aufbewahrt.“
Der gelehrte Geschichtsforscher Trombelli beweist durch viele Zeugnisse, dass jener 25. Dezember, an welchem Jesus Christus zu Bethlehem geboren ist, ein Sonntag war, und dass deshalb der Sonntag von den Christen „der Tag des Herrn“ genannt werde. Da muss aber die vom hl. Augustin schon gemachte Bemerkung erwähnt werden.
Er sagt: „Wir feiern den Geburtstag unseres heiligsten Erlösers nur aus dem Grunde, um das freudige Andenken an diese Geburt in unserem Geist zu erneuern, ohne dass der Tag an sich irgendwelche geheimnisvolle Beziehung zu dieser Geburt hätte.“ Und der berühmte Abt Alcuin ((† 804) sagt gar schön und geistreich, daß das hl. Weihnachtsfest nacheinander alle Tage der Woche durchläuft, um sie alle zu reinigen und von dem Fluch zu befreien, mit dem die Sünde Adams jeden derselben belastet hat.
Indessen ist die Annahme, dass der erste Geburtstag Jesu ein Sonntag gewesen sei, glaubwürdig und lieblich,
- weil Gott (das Wort Gottes) am ersten Schöpfungstag, der ein Sonntag war, das Licht erschaffen hat, und Jesus Sich das Licht der Welt nennt (Joh. 8, 12);
- weil an einem Sonntag der erste Mannaregen in der Wüste vom Himmel fiel, und Jesus das lebendige Brot Gottes vom Himmel Sich nennt, welches der Welt das Leben gibt;
- weil Jesus an einem Sonntag von den Toten auferstanden, den Tod getötet und in die Herrlichkeit des verklärten Lebens eingegangen ist;
- weil der Heilige Geist am Pfingstfest, an einem Sonntag, über die erste Christengemeinde gekommen ist, um als ihr Lehrer und Tröster bei ihr zu bleiben;
- weil nach einer Annahme Jesus auch an einem Sonntag in großer Macht und Herrlichkeit wiederkommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten.
Indessen, wenn auch Weihnachten nicht auf einen bestimmten Tag der Woche fällt, wie z. B. Ostern, Pfingsten, das Fronleichnamsfest, so wird dieses Fest doch immer am 25. Christmonat gefeiert; und darin finden die heiligen Kirchenlehrer ein lehrreiches Geheimnis, dass mit der Sonne, welche durch ihr Licht und ihre Wärme in den Geschöpfen das natürliche Leben weckt und erhält, Jesus, das Licht der geistig-sittlichen Welt, in dem Augenblick geboren wird, in welchem die kalte Nacht des Götzendienstes die Völker am tiefsten in ihr Dunkel hüllte.
Seine Geburt am 25. Dezember zeigt die Zeit an, wo die Sonne fast am tiefsten steht, aber zu neuer Lebenskraft sich erschwingt, um die Finsternis zu besiegen.
In einer Predigt auf das heilige Geburtsfest Jesu spricht der hl. Augustin in gehobener Stimmung seiner Seele:
„Freuen wir uns, teure Brüder! Dieser Tag ist geheiligt nicht wegen der sichtbaren Sonne, sondern durch die Geburt des unsichtbaren Schöpfers derselben. Der Sohn Gottes hat Sich diesen Tag für seine Geburt erwählt, wie Er Sich seine Mutter gewählt hat. Er – der Schöpfer des Tages und der Mutter. Fürwahr, dieser Tag, an dem das Sonnenlicht wieder zu wachsen anfängt, war geeignet, das Werk Jesu anzukünden, welcher unsern inneren Menschen durch seine Gnade für und für erneuert. Wollte der ewige Schöpfer selbst in der Zeit geboren werden, so ziemte es sich, dass er auch den Tag seiner Geburt mit der zeitlichen Schöpfung in Einklang bringe.“
Wer kann, o Gott, wie groß Du bist,
Durchdenken und empfinden?
Wer kann, was Deine Weisheit ist,
Begreifen und ergründen?
aus: P. Otto Bitschnau OSB, Maria unsere Mutter. Betrachtungen und Erwägungen, 1910, S. 270 – S. 271
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