Nimm alles an was dir widerfährt

Nimm alles an was dir widerfährt und halte aus

 9. März

Fest der heiligen Franziska von Rom

Omne, quod tibi applicitum fuerit, accipe; et in dolore sustine, et in humilitate tua patientiam habe. Quoniam in igne probatur aurum et argentum; homines vero receptibiles in camino humiliationis.
„Nimm Alles an, was dir widerfährt, und halte aus im Schmerz, und sei geduldig in Demut; denn Silber und Gold wird durch Feuer geprüft, die Lieblinge Gottes aber im Ofen der Demut.“ (Ekkli. 2,4 u.5)

1. Betrachte, daß es drei Gattungen von Kranken gibt. Einige wollen gesund werden, aber kein Arzneimittel annehmen. Jenes Getränk ist ihnen zu bitter, jenes Feuer zu heiß, dieses Eisen zu grausam, und so machen sie es bei Allem. Andere wollen Mittel annehmen, aber bloß jene, die nach ihrem Kopf sind. So wollte Naaman (4. Kg. 5) vom Propheten ein Mittel für deinen Ausschlag, aber nach seinem Kopf. Er wollte sich nicht baden in einem so unbekannten und unbedeutenden Fluss, wie der Jordan ihm zu sein schien, sondern der Prophet sollte ihm die Hände auf das Haupt legen. Die Dritten endlich sind bereit zu jeder Behandlung, und sagen zum Herrn: Brenne, schneide, verfüge über mich, was dir gefällt, ich bin in deiner Hand. Und das ist das einzige Mittel, um gesund zu werden.
Du bist krank und zwar tödlich krank. Willst du gesund werden? „So nimm Alles an, was dir widerfährt.“ Laß den Herrn jenes Mittel anwenden, das ihm beliebt; denn er allein weiß, welches dir am meisten zuträglich ist.

2. Betrachte, daß der Arzt nicht immer mit eigener Hand das Mittel anwendet, sondern, nur selten, indem dazu gewöhnlich eine gemeinere Hand hinreicht, wie die eines Chirurgen, oder eines Baders oder auch eines gemeinen Dieners. Ebenso macht es Gott. Gedulde dich deshalb, wenn diese oder jene Widerwärtigkeit, welche dein Heilmittel sein soll, nicht unmittelbar von ihm, sondern von einem ganz niedrigen Menschen kommt, von einem Bürger, Bauern oder von noch geringeren Leuten: „Nimm an, was dir widerfährt.“ Es heißt nicht: „von wem es dir widerfährt, denn daran liegt nichts.
Sieh deshalb nicht auf den, welcher dir das Heilmittel gibt, sondern auf jenen, der es verordnet, auf Gott; um so mehr, als er immer die Hand desjenigen leitet, der es dir gibt, damit er das Maß nicht überschreite. Nicht so macht es ein irdischer Arzt.

3. Betrachte, daß man, wenn das Heilmittel schmerzlich ist, keineswegs von dir fordert, daß du es nicht fühlst, sondern nur, daß du es überträgst: „Halte aus im Schmerz.“ Wenn die Natur sich regt, so genügt es, sie der Art zu unterdrücken, daß sie nicht in bittere Klagen gegen den Arzt ausbricht oder wütet, wie ein kranker Wahnsinniger gegen den, der ihm die Arznei gibt.
Du würdest gewiß bitteren Schmerz empfinden, wenn man mit Feuer oder glühendem Eisen dich heilen müßte. Und doch zahltest du dann samt deinem Schmerz noch die Hand des Chirurgen, der dich so behandelt, wenn er es auch nicht aus Eifer für deine Gesundheit, sondern bloß zu seinem Gewinn tut. Ebenso mußt du es in deinen Seelenkrankheiten machen: „Halte aus im Schmerz.“ Und kannst du nicht das Höchste tun, nämlich denjenigen, der dich übel behandelt, bezahlen, d.h. Böses mit Gutem vergelten, so bleibe wenigstens standhaft.
Deshalb „sei geduldig in der Demütigung“. Gott ist es, der dich auf diese Weise demütigt, indem er dich schlägt, wiewohl durch die Hände eines Andern. Was hast du demnach zu tun? Nichts anderes, als die Demütigung geduldig zu ertragen; den Schmerz, sagt die Schrift, sollst du aushalten, die Demütigung aber mit Geduld ertragen.
Die Geduld ist immer Ertragung, aber die Ertragung nicht immer Geduld. Denn diese ist eigentlich eine fortgesetzte Ertragung, und gerade das verlangt Gott von dir, weshalb auch die syrische Übersetzung statt sei geduldig, sagt: sei ausdauernd; um so mehr, als der Schmerz nicht gar lang zu sein pflegt, wenn er übergroß ist, und somit eine kurze Ertragung hinreicht; die Demütigung aber kann sehr groß und zugleich sehr lang sein, und deshalb brauchst du Ausdauer.

4. Betrachte, warum dich Gott in solcher Weise behandelt, nämlich um dich zu prüfen.
Wenn ein Fürst wissen will, ob er eine Münze in seinem Land einführen könne, was tut er? Begnügt er sich mit deren Glanz? Keineswegs, sondern er wirft sie ins Feuer; denn da sieht man alsbald, ob dem schönen Äußeren auch der innere Gehalt gleich komme. Ebenso macht es Gott; er begnügt sich nicht mit dem äußeren Glanz, sondern prüft dich durch jene Widerwärtigkeit, die er dir schickt: „Gold und Silber wird durch Feuer geprüft, die Lieblinge Gottes aber im Ofen der Demut.“
Wer dich nach deinem Äußeren bemißt, wer dich reden hört, dich handeln sieht, der möchte dich für echtes Metall halten. Er wird glauben, du seiest ein treuer Diener Gottes, demütig, gehorsam, andächtig. Aber wie sehr täuscht sich ein solcher! Du bist nicht so in der Wirklichkeit; es ist nur schein, weil du noch nicht im Ofen gewesen bist. Laß es nur ein wenig zur Probe kommen, und man wird sehen, daß all deine Tugend unecht ist; denn alsbald klagst du gegen Gott, wirst unruhig und entrüstet, verlierst alle Unterwerfung unter den göttlichen Willen (worin die echte Tugend besteht), und kommst mit einem Wort bis zu Sünde, um mit Gewalt aus dem Feuerofen zu entkommen.
Deshalb darfst du dich nie wundern, wenn dich der Herr mit Trübsal heimsucht; denn gleichwie ein Fürst die Münze prüft, ob sie zulässig sei in seinem Staat, ebenso prüft dich Gott, ob du gangbar seiest in seinem Reich. Oder meinst du, im Himmel gehe auch falsche Münze? O dort oben gilt keineswegs wie hier auf Erden Scheintugend, sondern nur wahre, echte Heiligkeit.

5. Betrachte, warum die Trübsal auch noch Ofen der Demütigung genannt wird. Deshalb, weil sie mehr als alles Andere den Stolz bricht. Solange Gott dich nicht auf obige Weise prüft, hast du oft eitles Wohlgefallen an dir selbst. Du vertraust auf jene guten Begierden, die du im Gebet fühlst, auf deine Beteuerungen, Vorsätze und frommen Empfindungen; aber wenn es zur Probe kommt, dann erkennst du selbst deinen geringen Wert, und hast dadurch die schönste Gelegenheit zur Selbstbeschämung.
Danke deshalb Gott, wenn er dich oft so heimsucht, denn der sicherste Weg zum Himmel ist der Weg der Demütigung. Bitte Gott, daß er dir Kraft zu herzhaftem Widerstand und mit dir sei im Feuerofen (Dan. 3,23), wie einst mit jenen drei Jünglingen zu Babylon; doch nicht so, daß gleich jenen keinen Schmerz fühlest, sondern daß du nie aufhören mögest, ihn zu preisen mitten im Feuer, wenn du auch die Glut desselben empfindest. So machte es die heilige Franziska von Rom, deren Fest wir heute feiern. Sie kann mit Recht das starke Weib genannt werden, wegen der echten Tugend, welche sie in so vielen Prüfungen, in Schmerz wie in Verdemütigung bewährt hat. –
aus: Paul Segneri S.J., Manna oder Himmelsbrod der Seele, 1853, Bd. I, S. 187-190

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