Das Laster der Unkeuschheit in ihrem ganzen Umfang
1. Wesen und Folgen dieses Lasters. 2. Abmahnung und Warnung davor. 3. Mittel dagegen
3. Mittel gegen die Unkeuschheit
Das Mittel zur Vertilgung sinnlicher Lüste ist: daß man erstens anhaltend und wachsam bete; dann den Sinn beherrsche und den Geist vor unreinen Gedanken bewahre, kein unanständiges Wort spreche, in der Überzeugung, daß der Herr ein unerbittlich strenger Richter ist. Die Wachsamkeit des Geistes und die Erwartung des Gerichtes werden den inneren Kitzel der Lust verschwinden machen und die aufwallende Begierde unterdrücken; und eine solche Seele wird dann in Ruhe leben.
Ephrem. de vita spirit. 53.
Wenn ich merke, daß böse Eingebungen sich nahen, so verschließe ich alsbald die Türe meines Herzens durch heilige Betrachtungen, und setze vor den Eingang der Seele eine starke Wache, damit der Feind nirgend hinein gehen kann. Wenn aber die Eingebungen des Bösen an die Türe des Herzens anschlagen, so antworte ich nach innen: Die Türe wird nicht geöffnet, bleibt draußen, bleibt draußen! Denn die Herberge ist besetzt, und ihr könnt deshalb nicht aufgenommen werden.
Bernard. serm. 20. de luxur.
Bei anderen Sünden kann der Kampf erwartet werden; diese aber muß geflohen werden, weil sie auf andere Weise nicht überwunden werden kann.
Anselm. in epist. I. ad Cor. cap. 6.
Man muß nicht bloß dahin arbeiten, daß wir die Gemütsbewegungen in Gedanken bezähmen, sondern man muß auch den Angriff jener Dinge weit fliehen, welche durch was immer für eine Anschauung uns zugeführt werden, weil sie die Lust wieder ins Gedächtnis bringen, die Überlegung der Vernunft stören, und Kriege, Besorgnisse und Angst im Gemüt erregen. Zwar geraten wir manchmal wider unsern Willen in einen Krieg, den wir dann wohl führen müssen, aber einen solchen freiwillig schaffen, ist die höchste Torheit.
Basilius in const. mon. cap. 6.
Ergreife wider den Angriff die Flucht, wenn du über die Lust den Sieg gewinnen willst. Denn es gereicht dir nicht zur Schande, wenn du fliehst, um die Palme der Keuschheit zu erringen.
Augustin. serm. 28. Dom. post. Trinit.
Dies ist die Flucht, welche rettet; sie ist die Flucht der Tugend, diese Flucht bringt uns zur Seligkeit.
Origines hom. 8.
Verweile nicht bei der bösen Lust, wenn du nicht willst verbrannt werden; denn die Gestalt der Frauen und ihre Rede und Gebärde, und ihr Schmuck und was immer an ihr ist, ist Feuerflamme.
Hugo Cardinal ap. Mansi discurs. 3.
O Liebe, die du allezeit brennst und niemals auslöschest! Liebe, mein Gott, entzünde mich! Du befiehlst Enthaltsamkeit; gib, was du befiehlst und befehle, was Du willst.
August. confess. lib. X. c. 29.
Habe denn Freude an der Trübsal, und der Böse hat nun nicht, womit er dich lockt und reizt; er hat nicht, wodurch er dich zu Boden wirft. Nichts vermag der Feind gegen den, welchen das Kreuz Christi ergötzt, wenn er ihm fleischliche Lust eingibt.
Bernard. serm. de S. Andrea.
Der Brand der Hölle lösche in dir den Brand der geilen Lust aus; die größere Hitze überwältige die geringere Hitze; das schreckliche Knastern der Flammen vertreibe die Liebe geiler Lust.
Bernardus serm. 25. de mod. bene vivend.
Stelle dir gegen den jetzigen Brand des Fleisches das Feuer der künftigen Strafe vor. Die Erinnerung der ewigen Verdammnis überwältige die Hitze der Lust, und das Gedächtnis des Feuers der Hölle ersticke das Feuer geiler Lust.
S. Isidor lib. I. Synom.
Nichts vermag die Begierde fleischlicher Lüste so zu bändigen, als daß ein jeder erwäge, wie das nämliche, was er als lebend liebt, schon tot sei.
Gregor. M. Moral. lib. XXVI. cap. 29.
Ohne vollkommene Demut und Unterwerfung unter Gott kann man durchaus über keine Laster siegen und triumphieren.
Cassian. lib. VI. instit.
Wenn der Geist Gott sich nicht demütig unterwerfen will, so vermag er die Begierde des Fleisches nicht zu beherrschen, durch aus nicht zu überwältigen. Gregor. M. Moral. lib. V. in I. lib. Reg. c. 14.
Wenden wir uns zu den Gräbern und Grüften und schauen wir das Geheime und Verborgene unseres Zustandes an. In diesen Haufen von Gebeinen und Hirnschädeln, des Fleisches entblößt, beschauen wir uns selbst darin wie in einem Spiegel. Wo ist die Blüte und schöne der Jugend, die schöne Farbe der Wangen? Indem wir solches bei uns bedenken, lasset uns die fleischlichen Gelüste fliehen.
Ephrem. de vit. spirit. n. 40.
Tue allzeit eine wichtige Arbeit, damit dich der Teufel nie müßig finde.
Hieronym. epist. ad Ruffin.
Die böse Lust ist ein heftiges Fieber, dem man keine Nahrung geben darf.
Ambros. lib. I. de poenitent. c. 14.
Abbruch der Speise ist das stärkste Mittel wider dieses Laster.
Gregor. M. lib. V. cap. 14. in lib. I. Reg. Moral.
Für denjenigen, welcher sich Gott allezeit vergegenwärtigt, ist der Kampf leichter.
Basil. in quaest. fuse explicat. 20.
Wird die Begierlichkeit in dir entzündet, so nimm das unauslöschliche Feuer und den nie sterbenden Wurm zu Herzen, wodurch die Brunft der Glieder gleich gelöscht wird, damit du nicht entnervt überwunden werdest, hernach Reue fühlest, dann wieder aus Überdruß an Reue von der glühenden Lust entflammt werdest, und so aus Gewohnheit mit Sündigen und Bereuen abwechselst! Gewöhne dich gleich anfangs an Strenge gegen jede Lust, um nicht besiegt zu werden, und in diesem Kriege gänzlich zu unterliegen, denn die Gewohnheit ist eine andere Natur.
Ephrem. scholar. virt. paraenes.
Ausgesuchte Speisen sind die Nahrung der Wollust; sie liebt Freuden, und durch den Wein wird sie entflammt.
Ambros. I. de poenitent. c. 4.
Sei nicht frech, gönne deinem Leben keine üppige Erholung, damit sie deiner Seele nicht zur Last falle.
Ephrem. de offic. christiani.
Nichts dient mehr zur Unterdrückung der Regungen des Fleisches, als der Gedanke an das, was der Mensch nach seinem Tode sein wird.
Bonaventur. serm. 41. Dominic. Quinquages.
Wirst du von unkeuschen Gedanken geplagt, so denk` an das ewige Feuer.
Idem de modo vivendi.
Überfällt mich ein unkeuscher Gedanke, so fliehe ich zu den Wunden Christi.
Augustin. in manual. cap. 22.
aus: Bernardin Thuille, Ord. fr. Capuc., Patristisches Handbuch, Eine Sammlung vieler Stellen für die vorzüglichsten Glaubens- und Sittenlehren der katholischen Erblehre aus den Schriften heiliger Kirchenväter und kirchlicher Schriftsteller, 1888, S. 519-524