Grundsätze und Merksprüche der heiligen Theresia von Avila
„Bedenke es wohl, daß du nur Einen Gott, nur Eine Seele, nur Ein Leben hast: beleidigst du diesen Einen Gott, so findest du keinen andern, bei dem du Hilfe erlangen könntest: verlierst du deine Einzige Seele, so hast du keine zweite, welche selig werden könnte; stirbst du einmal unglückselig, so hast du kein anderes Leben, um diesen Fehler zu verbessern. Dieser Gedanke wird dich von mancherlei Bösem zurück halten. –
Deine Sehnsucht sei, Gott zu schauen; deine Furcht, Ihn zu verlieren; deinSchmerz, Ihn noch nicht zu besitzen; deine Hoffnung, daß Er dich an sich ziehen werde.“
„Das Gebet ist der königliche Weg zum Himmel und die Türe zu allen großen Gnaden des Herrn: ich bezeuge es mit meiner eigenen Erfahrung, mich hat Gott niemals ungetröstet von sich entlassen. Wer einmal angefangen hat, sich im Gebet zu üben, der unterlasse es nicht mehr; so viele Fehler er auch noch an sich haben mag; denn dieses ist das einzige Mittel, durch welches eine wahre Besserung möglich ist.“
„Es gibt keinen größeren Trost und keine süßere Freude, als für Gott leiden zu dürfen. Allerdings ist dies beschwerlich, aber doch der sicherste Weg zum Himmel. Deswegen soll das Kreuz unser Trost, unsere Freude sein: wir wollen das Kreuz suchen, nach ihm verlangen, es umarmen. Wehe uns Allen an dem Tage, an welchem uns das Kreuz fehlen wird!“
„Rede nur wenig, namentlich wenn mehrere Personen bei einander sind; lasse dich niemals in einen Wortwechsel ein, insbesondere dann nicht, wenn es sich nur um unwichtige, gleichgültige Dinge handelt.“
„Rede nie vorteilhaft von dir, weder von deine Geisteskräften, noch von deinen Tugendgaben, noch von deiner Geburt oder Verwandtschaft, es sei denn, daß es Jenen, denen du es sagst, Nutzen bringt; aber auch dann mußt du es in aller Demut tun, eingedenk, daß dies lauter unverdiente Geschenke des Himmels sind: entschuldige dich niemals, außer in einem gebieterischen Notfall.“
„Tue Alles so, als sähest du Gott wahrhaft vor dir stehen; dies ist ein sicheres Mittel, in der Tugend große Fortschritte zu machen; bist du frohen Gemütes, so lasse dich nie zu unmäßigem Lachen hinreißen, deine Fröhlichkeit sei bescheiden, sanft, eingezogen und erbaulich: meide immer und in allen Stücken, so viel du kannst, die Sonderbarkeit, weil diese in einer Familie oder Genossenschaft ein schweres Übel ist.“
„Beherrsche streng deine Neugierde in Sachen, welche dich nichts angehen; hüte dich, davon zu reden, oder danach zu fragen: gib niemals Gehör denjenigen, welche von Andern Böses reden, und du selbst sage nie etwas Nachteiliges von Jemanden, nur von dir.“
„Strafe deine Untergebenen nie, so lange du im Zorne bist, sondern warte, bis deine Aufregung sich gelegt hat, woferne du willst, daß die Strafe fruchten soll…“ –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 767 – S. 768