Kirchenlexikon: Stichwort Glaubensfestigkeit
Die Festigkeit des Glaubens besteht zunächst vor allem und wesentlich in der Gewissheit und zwar der höchst vollkommenen Gewissheit desselben, in Hinsicht auf welche der Apostel den Glauben als argumentum non apparentium (=Beweis des nicht Sichtbaren) bezeichnet. Die Gewissheit des Glaubens aber läßt sich betrachten entweder subjektiv als volle und ruhige Entschiedenheit des denkenden Subjektes bei der gläubigen Festhaltung eines Gegenstandes, die jeden Zweifel an dessen Wahrheit, und jede Furcht, daß er möglicherweise nicht wahr sei, in der Seele ausschließt; oder aber objektiv als lautere und unverfälschbare Gediegenheit der Erkenntnis selbst, oder als vollkommene und untrügliche Sicherheit in der Ergreifung der objektiven Wahrheit, welche die innere Möglichkeit der Täuschung und des Irrtums ausschließt. Nach beiden Seiten hin ist die Gewissheit des Glaubens höchst vollkommen. Wie aber der göttliche Glaube seiner Idee nach gemäß Hebr. 10,23 auch das Fundament einer spes indeclinabilis sein und daher mit unwandelbarer Treue festgehalten und bekannt werden soll: so muss er auch, wenigstens als katholischer Glaube, die Festigkeit unbedingter Unwiderruflichkeit, resp. unumstößlicher Gewissheit besitzen… Die volle und höchste Entschiedenheit des Fürwahrhaltens im theologischen Glauben schließt endlich naturgemäß sowohl den Willen ein, in Zukunft niemals durch Zweifel oder Verleugnung denselben aufzugeben, als auch das feste Bewusstsein, daß derselbe niemals wegen innerer Unwahrheit aufgegeben werden dürfe…
In der Tat ist es immer katholische Anschauung gewesen, daß jeder katholische Christ, indem er den katholischen Glauben annimmt, auf`s Strengste verpflichtet werde und sich selbst verpflichte, demselben bis an sein Lebensende constantissime treu zu bleiben. Daran knüpft sich die weitere constante Anschauung, daß es zwar eine entschuldbare Verletzung dieser Treue geben könne, aber doch nur dann, wenn man eben nicht wisse, daß ein Punkt kirchliche Lehre sei, während jede wissentliche Verleugnung der Lehre der Kirche auch unbedingt als formelle Verletzung der geschworenen Treue angesehen wurde. Ebenso ist stets die unbedingte Pflicht geltend gemacht worden, an dem einmal angenommenen katholischen Glauben auch keinen Augenblick zu zweifeln und jedes Bedenken dagegen unbedingt als sündhaft zurückzuweisen. –
Quelle: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 5, 1888, S. 664ff