Heiligenkalender
13. August
Heiliger Hippolytus, Kleriker und Märtyrer
Hippolytus muss als Märtyrer und Kirchenvater verehrt werden, obschon er in seiner kirchlichen Wirksamkeit den letzteren Namen nicht immer verdient hat. Wohl keine Persönlichkeit der alten Kirchengeschichte hat in neuerer Zeit eine so unfangreiche Literatur hervor gerufen, als der hl. Hippolytus, wenn diese Literatur zunächst sein ebenso interessantes als besonders für die ältere Häresiologie und die Zeitgeschichte wichtiges Werk (Omnium haeresum confutatio) zum Gegenstand hat…
Da Hippolytus unter dem Papst Calixtus I. (217 – 222) als Haupt einer schismatischen Partei noch eine energische Tätigkeit entwickelte, so muss sein Geburtsjahr wohl in die zweite Hälfte des 2. Jahrhunderts gesetzt werden. Offenbar war das griechische, in welcher er alle seine Schriften verfaßte, seine Muttersprache, und dadurch wird es wahrscheinlich, daß er aus dem Orient stammte. Seine Schriften geben dafür allerdings sonst keinen Anhalt, wohl aber war er nach ihnen schon zur zeit des Papstes Viktor (189 – 199) in Rom und zwar unzweifelhaft in der Würde eines Presbyters. Nach Photius (Biblioth. Cod. 121) war er ein Schüler des hl. Irenäus; ob er aber in Kleinasien oder in Lyon dessen Unterricht genossen hat, muss dahingestellt bleiben. Hippolytus war in den ersten Jahrzehnten des 3. Jahrhunderts wohl der durch Geistesreichtum, Scharfsinn und Gelehrsamkeit, sowie durch sittlichen Ernst und religiösen Eifer hervorragendste Presbyter der römischen Kirche.
Insbesondere zeichnete er sich durch einschneidende Polemik gegen wirkliche und vermeintliche Häretiker aus; dabei geriet er aber durch übertriebenen Eifer auf Irrwege. Schon unter Papst Zephyrin (199 – 217), der einer milderen, von Hippolytus bekämpften Bußdisziplin huldigte, indem er den Ehebrechern die kirchliche Rekonziliation gewährte (Tertullian., De pudic. c. 1), mag letzterer in einen gewissen Gegensatz zu dem Bischof der römischen Gemeinde getreten sein, zumal da unter diesem Calixtus, der später von ihm auf`s Möglichste geschmäht wurde, großen Einfluss besaß. Zum vollen Bruch trieb er die Opposition jedoch erst, als nach dem Tode Zephyrins dessen Vertrauter Calixtus – wie es scheint, ohne daß irgend welche Unruhen im Gefolge der Wahl waren – auf den päpstlichen Stuhl erhoben worden war. Calixtus dehnte nämlich das den Ehebrechern gegebene Indult auf alle schweren Sünder aus und vertrat überdies hinsichtlich der die Ehe betreffenden Disziplin und des von den Geistlichen geforderten Zölibats mildere Grundsätze, als der rigoristische Hippolytus. Den Hauptanstoss nahm dieser indes an der Trinitätslehre des neuen Papstes, welcher weder mit dem modalistischen Monarchianismus des Sabellius, noch mit seinem eigenen subordinatianischen Ditheismus übereinstimmte. (siehe den Beitrag: Der Trinitätsstreit und der Gegenpapst Hippolyt) Verletzter Ehrgeiz, wie er sich in den gehässigen Anklagen Hippolytus gegen Calixtus ausspricht, wird nicht wenig dazu beigetragen haben, den Gegensatz zwischen beiden zu verschärfen. Jedenfalls war die Differenz in der Trinitätslehre die äußerliche Veranlassung zum offenen Bruch, sei es nun, was das Wahrscheinlichere ist, daß Calixtus Hippolytus von der Kirchengemeinschaft ausschloß und dieser von den Seinigen zum Bischof gewählt wurde, oder daß letzterer freiwillig sich von der Gemeinschaft des rechtmäßigen Papstes trennte und gegen ihn ein schismatisches Konventikel gründete, dem er als Bischof vorstand. Allein die Mehrzahl nicht nur der römischen Christen, sondern auch der übrigen Kirchen hielt sich von Hippolytus fern und stand auf Calixtus` Seite.
Wenn Eusebius (Hist. Eccl. 6, 20. 22) Hippolytus einen Bischof nennt, aber seinen Sitz nicht kennt, und auch Hieronymus (De vir. Ill. 61) weiß, daß er, aber nicht, wo er Bischof gewesen sei, so ist dies nicht schwer zu erklären. Die Tradition von seiner bischöflichen Würde hatte sich erhalten, aber in den offiziellen Verzeichnissen der römischen Bischöfe fand sich sein Name nicht; daher waren Eusebius und Hieronymus über seinen Sitz im Unklaren und konnten ihren Lesern nichts Bestimmtes mitteilen… –
Das von Hippolytus errichtete Schisma scheint noch unter Calixtus`s zweitem Nachfolger, dem hl. Pontianus, fortbestanden zu haben… Hiernach ist es höchst wahrscheinlich, daß im Jahre 235 die Häupter der beiden sich bekämpfenden christlichen Parteien in Rom zugleich nach Sardinien verbannt wurden. Ferner ist es kaum zu bezweifeln, daß Hippolytus` Leichnam zugleich mit dem des hl. Pontian, der unter Antherus` Nachfolger Fabian nach Rom zurück gebracht wurde, von Sardinien nach Rom gekommen sei, da schon im 4. Jahrhundert die Deposition beider, obschon der erstere in der Tiburtina, der andere in dem Cömeterium des Calixtus ruhte, an demselben Tage, am 13. August, gefeiert wurde. Dies führt weiter zu der Annahme, daß Hippolytus sich mit seinem Gegner in der Verbannung ausgesöhnt hat, und daß er ebenso wie dieser den Leiden und Entbehrungen in Sardinien erlegen ist, worauf dann die einmütige Wahl des Papstes Antherus erfolgte.
So erklärt sich auch am leichtesten die Verehrung des hl. Hippolytus in der alten Kirche, ferner die auffallende Tatsache, daß die von ihm erregte Spaltung während des bereits im Jahr 251 entstandenen, ganz analogen novatianischen Schisma`s, dessen Verlauf aus der Briefsammlung des hl. Cyprian ziemlich genau bekannt ist, mit keinem Wort erwähnt wird, und endlich die Unbekanntschaft Eusebius` und Hieronymus` mit dem wahren Sachverhalt. So konnte es auch geschehen, daß sich schon früh um Hippolytus ein Kreis von Legenden und Sagen legte, durch welchen zu seiner historischen Persönlichkeit kaum durchzudringen war. Namentlich hat der spanische christliche Dichter Prudentius im Anfang des 5. Jahrhunderts (Hymn. XI. Peristeph.) eine ganz sagenhafte Schilderung des Heiligen geliefert, in welcher sich freilich echte Züge nicht verkennen lassen. Auch Prudentius läßt seinen Hippolytus vor seinem Märtyrertod vom Schisma, das er irrtümlich schisma Novati nennt, reuig zurück kehren und das ihn begleitende Volk zu dem gleichen Schritt ermahnen, ein Umstand, der die anderweitig schon begründete Ansicht von seiner Aussöhnung mit dem rechtmäßigen Papst nur stützen kann… –
Die Anhänger Hippolytus` zeigten ihre große Verehrung gegen ihr Haupt dadurch, daß sie ihm, vielleicht noch zu seinen Lebzeiten, jedenfalls nicht lange nach seinem Tode eine Marmorstatue errichteten, welche im Jahre 1551 zu Rom wieder aufgefunden worden ist. Diese Statue, wahrscheinlich das älteste christliche Skulpturwerk, stellt den Heiligen dar sitzend auf einem Lehrsessel, in dessen Seiten der von ihm berechnete Osterzyklus und ein teilweises Verzeichnis seiner Schriften eingegraben ist. –
aus: Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon 1889, Bd.6, Sp. 12 – Sp. 15