Heiligenkalender
20. Juli
Die heilige Margareta Jungfrau und Märtyrerin
Die in der morgenländischen Kirche seit ihrem Tod hoch gefeierte Jungfrau und Märtyrerin Margareta hat auch in der abendländischen Kirche eine allgemeine Verehrung erhalten. Sie war die einzige Tochter eines vornehmen Götzenpriesters von Antiochia in Pisidien. Nach dem frühen Tode der Mutter wurde sie einer Amme auf dem Lande anvertraut und von derselben heimlich im christlichen Glauben und Leben erzogen. Von Gott mit den schönsten Gaben des Geistes und des herzens beschenkt, von der frommen Pflegemutter zu zarter Züchtigkeit und inniger Gottesliebe angeleitet, wurde sie eine reizende Blume jungfräulicher Schönheit.
Der Vater holte sie heim und hatte ein herzliches Wohlgefallen an dem reichen Schatz ihrer kindlichen Liebe und häuslichen Tugend; er bewunderte mit Stolz ihren von eitler Weltlust abgekehrten Sinn und unbegreiflichen Zug nach dem Himmlischen. Doch befremdete es ihn, daß sie nie in die Tempel und zu den Opfern ging und kein Wörtlein von den Göttern sprach. Bald bemerkte er auch, daß Margareta in der Nacht die Versammlung der Christen besuche. Da fuhr er auf in Schmerz und Zorn: „Hängst du etwa gar dem Gekreuzigten an?“ Furchtlos und sanft gestand Margareta: „Ja, ich kenne Jesum Christum und liebe Ihn von Herzen.“ Der Vater beschwor sie bei den Göttern, bei der Ehre seines Priesteramtes, daß sie „dieser Torheit“ entsage; aber sie antwortete nur mit der rührendsten Zärtlichkeit: „O teurer Vater, möchtest auch du das große Glück haben, den Einen wahren Gott zu erkennen und anzubeten!“ Nun brauchte er harte Worte, scharfe Drohungen, schwere Misshandlungen – aber erfolglos; er jagte sie hinaus auf ein Landgut, damit sie dort die Schmach und Arbeit einer Sklavin trage und ihren Starrsinn bereue. Margareta freute sich dieser Erniedrigung um Jesu willen und war im schlechten Kleid, bei magerer Kost und saurer Arbeit voll des Trostes.
Des Zuwartens müde rief der Vater die Tochter wieder heim und wiederholte seine Liebkosungen und Drohungen. Margareta entgegnete ehrfurchtsvoll: „Nie werde ich Gott verleugnen; ich bin bereit, für Jesus mein Blut zu vergießen, wie Er ja auch das seinige für mich vergossen.“ Außer sich vor Zorn eilte der Vater zum Präfekten Olybrius und verklagte das einzige Kind als Christin. Olybrius, von der Schönheit Margareta`s ganz bezaubert, schmeichelte ihr: „Sehr bedaure ich deine Verirrung; da dich die Götter mit so viel Liebreiz geziert, sei ihnen nicht undankbar; meine Liebe wird dich glücklich machen; sei klug, hohe Auszeichnung oder schmachvoller Tod liegt in deiner Hand!“ Die Jungfrau erwiderte: „Ich bin schon mit Jesus verlobt, nie werde ich den Himmel aufgeben und den Staub der Erde dafür wählen.“ Über solche Abfertigung ergrimmt, befahl er, sie auf die Folter zu spannen, mit Ruten zu schlagen, mit eisernen Kämmen das Fleisch ihr vom Leibe zu reißen, bis das Volk über diese Grausamkeit murrte und er selbst, des blutigen Schauspiels satt, die heilige Dulderin in den Kerker abführen ließ.
Im Dunkel des Gefängnisses dankte Margareta Gott aus vollem Herzen für die Ehre der Marter und für die Gnade der Standhaftigkeit. Da nahte ihr ein entsetzlicher Feind; es erschien ihr- so meldet die Überlieferung – der Versucher in der gräßlichen Gestalt eines feurigen Drachens und stürzte zischend auf sie los, als wollte er sie verschlingen. Aber die christliche Heldin schaute ihn lächelnd an, machte das heilige Kreuz und setzte mit den Worten des Psalmisten: „Auf Vipern und Basilisken wirst du treten“ (Ps. 90), kühn ihren Fuß auf seinen Nacken. Das Ungeheuer krümmte sich winselnd und – verschwand (deshalb wird die Heilige gewöhnlich abgebildet, wie sie in der einen Hand ein Kreuz oder ein Schwert hält, mit der andern einen Drachen führt). Hierauf erleuchtete wunderbarer Lichtglanz den Kerker; ihr Herz überfloß von himmlischer Erquickung; ihre tiefen Wunden waren geheilt und in lauten Jubelliedern sang sie die ganze nacht das Lob ihres Gottes und Bräutigams.
Als Olybrius am folgenden Tage hörte, daß die Gemarterte noch lebe und sogar singe, ließ er sie vorführen. Aber wie staunten er und alle Anwesenden, als Margareta in voller Unversehrtheit, ja in erhöhter Schönheit und mit Freude strahlendem Antlitz vor dem versammelten Gericht erschien! Der Präfekt, in sinnlicher Liebe erglühend, schmeichelte ihr: „Wahrhaftig, du bist ja der Liebling der Götter! Wunderbar haben sie dich geheilt und wollen, daß du, die Tochter ihres Priesters, nicht sterbest; sei ihnen dankbar und huldige ihrer Macht!“ Mit edlem Unwillen berichtigte Margareta: „Nein, es ist unwahr, was du sagst; deine toten Götzen vermögen so etwas nicht; nur Jesus Christus hat die Macht, den Leib von Wunden, die Seele von Sünden zu heilen und die Seinen zu erquicken: Ihm sei Lob und Preis in Ewigkeit!“
Eine solche Rede konnte das Ohr des Olybrius nicht ertragen, er befahl, die Jungfrau auf rot glühende Eisenplatten zu legen und spottete höhnisch: „Juble nun deinem Christus zu, dem du doch eine so treue Braut bist; sage Ihm, Er soll dir helfen, wenn Er kann und dich von diesem Feuer befreien: vielleicht wirst du doch noch froh, wenn ich dir gnädiger bin, als dein Geliebter.“ Margareta erwiderte mit himmlischer Ruhe: „Ja, du hast Recht, spotte nur über diese meine kurze Feuerqual; aber – vergiß darüber nicht das ewige Feuer: diese Glut berührt nicht meine Seele, sie brennt nur meinen Leib und – kurze Zeit; die Glut der Hölle aber wird deinen Leib und deine Seele brennen – endlos brennen!“ Olybrius rächte diese strenge Rede damit, daß er kaltes Wasser bringen und die Halbverbrannte rasch hinein werfen ließ, um ihre Schmerzen auf`s höchste zu steigern. In diesem Augenblick erbebte die Erde, die Ketten fielen von ihren Händen und Füßen, wie neu geboren erhob sie sich in dem Schmerzensbad, gar kein Brandmal war an ihrem Körper bemerkbar, und eine himmlische Stimme rief laut: „Komme, du Braut Christi, empfange die Krone, die der Herr dir bereitet hat für immer!“ Viele Anwesende, durch diese Wunder erschüttert, bekannten mutig, daß auch sie an den mächtigen und gütigen Gott glaubten, den diese Heldin anbete, und für denselben, wie Margareta, zu sterben bereit seien.
Der Präfekt, ratlos über dieses Ereignis, nahm seine Zuflucht zu roher Gewalt und befahl, daß Margareta sofort enthauptet werde. Mit Freude strahlendem Antlitz kniete die Märtyrerin nieder, dankte Gott für alle Gnaden, betete für die ganze katholische Kirche, für ihre Heimat, für ihren Richter und senkte ihr Haupt, um den Todesstreich zu empfangen – um das Jahr 275. Ihre Leiche wurde von den Christen ehrfurchtsvoll beerdigt und über ihrem Grab eine schöne Kirche erbaut. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 543-545