Heiligenkalender
28. April
Der heilige Vitalis von Mailand Märtyrer
Der heilige Vitalis, Vater der heiligen Gervasius und Protasius, stammte von einem uralten adeligen Geschlecht in Mailand. Als Jüngling wurde er Soldat und zeigte bei verschiedenen Begebenheiten einen besonderen Heldenmut, weswegen er bei dem Statthalter Paulinus in großem Ansehen stand. Paulinus, ein Heide, wusste nicht, daß Vitalis ein Christ war. Da er ihn jedoch sehr hoch schätzte, unterließ er manchmal auf seine Vorstellung, die Christen zu unterdrücken oder zu peinigen. Einstmals von Paulinus als Begleiter nach Ravenna mitgenommen, hörte Vitalis zu seinem Schmerz gleich bei seiner Ankunft, daß ein Christ namens Ursicinus, seinem Beruf nach ein Arzt, erschreckt durch den Tod, den er nach vielen schon erduldeten Peinen erleiden sollte, im Glauben zu wanken anfing. Vitalis säumte nicht, begab sich auf den Gerichtsplatz und redete dem Wankelmütigen so nachdrücklich ans Herz, daß er seinen Wankelmut bereute, und aus Liebe zu Jesus den Tod eines Märtyrers starb. Paulinus, hiervon benachrichtigt, ließ den Vitalis zu sich kommen und fragte ihn, ob er denn ein Christ sei, weil er so mutvoll einem Christen zugesprochen? „Ja, ich bin ein Christ!“ antwortete Vitalis, und redete zugleich dem Paulinus auf das Rührendste zu, das blinde Heidentum zu verlassen. Der Statthalter hörte mit Erstaunen zu; weil er aber ein Feind der Christen war, befahl er, seinen bisher so geliebten Vitalis ohne Verzug in den Kerker zu werfen.
Am folgenden Tag ließ er ihn so grausam ausspannen und mit eisernen Haken zerreißen, daß die Henkersknechte sich selbst darüber entsetzten, und die Marter nicht fortsetzen wollten. Vitalis ließ sich dadurch nicht schrecken, sondern fuhr fort, Christus freimütig zu bekennen und den Paulinus zur Annahme des christlichen Glaubens zu ermahnen. Dieses brachte den Paulinus noch mehr auf; darum gebot er, den Heiligen an denselben Ort zu führen, wo Ursicinus hingerichtet worden war; daselbst einen Altar zu errichten und ihn, falls er nicht den Göttern opfern würde, lebendig zu begraben. Der heilige Märtyrer weigerte sich zu opfern; deswegen stürzte man ihn sogleich in eine tiefe Grube, warf mit Steinen auf ihn und begrub ihn dann lebendig unter denselben, im Jahre 180. Jener Götzenpriester, der den Statthalter Paulinus gegen den heiligen Vitalis aufgehetzt und zu dieser neuen Gattung der Marter veranlasst hatte, wurde in demselben Augenblick von dem bösen Geist besessen und rief: „O Vitalis, du Märtyrer Christi, wie brennst, wie plagst, wie peinigst du mich!“ Sieben Tage lang dauerte diese Plage; alsdann stürzte er sich selbst aus Verzweiflung in das Wasser und ertränkte sich. –
aus: Wilhelm Auer, Kapuzinerordenspriester, Goldene Legende Leben der lieben Heiligen Gottes auf alle Tage des Jahres, 1902, S. 309 – S. 310