Die Lehre von den heiligsten Sakramenten
Das Konzil von Trient Von der Beichte
Vierzehnte Sitzung,
welche die vierte ist unter Papst Julius III.
gehalten am 25. November 1551
Kap. 5 Von der Beichte
Gemäß der bereits erklärten Einsetzung des Sakramentes der Buße hat die ganze Kirche immerdar angenommen, daß auch vom Herrn die vollständige Beichte der Sünden eingesetzt, und nach göttlichem Gesetz für alle nach derTaufe Gefallenen notwendig da sei, weil unser Herr Jesus Christus bei der Auffahrt von der Erde zum Himmel die Priester als seine Stellvertreter zurück gelassen hat, gleichsam als Statthalter und Richter, vor welche alle Todsünden gebracht werden sollen, in welche die Gläubigen Christi fallen, damit sie vermöge der Schlüsselgewalt den Ausspruch der Vergebung oder Behaltung der Sünden verkünden. Denn es ist offenbar, daß die Priester dieses Gericht ohne Kenntnis der Sache nicht üben können, noch auch die Billigkeit in Auferlegung der Strafen zu beobachten vermögen, wenn jene nur im Allgemeinen und nicht vielmehr im Besonderen und Einzelnen ihre Sünden bekennen. Hieraus ergibt sich, daß von den Büßern alle Todsünden, deren sie sich nach genauer Selbstprüfung bewußt sind, in der Beichte aufgezählt werden müssen, wenn dieselben auch ganz geheim sind und nur gegen die beiden letzten der zehn Gebote begangen wurden, weil solche bisweilen die Seele schwerer verwunden, und gefährlicher sind als die, welche offen begangen werden.
Doch die läßlichen, durch welche wir von der Gnade Gottes nicht geschieden werden und in welche wir häufiger fallen, obgleich sie mit Recht und Nutzen ohne alles Vorurteil in der Beichte angegeben werden sollen, wie es die Übung frommerLeute beweist, können auch ohne Schuld verschwiegen und durch viele andere Mittel gesühnt werden. Weil jedoch alle Todsünden, auch die in Gedanken, die Menschen zu Kindern des Zornes und Zu Feinden Gottes machen, so ist es notwendig, auch für alle durch offene und demütige Beichte Verzeihung von Gott zu erstreben. Wenn demnach die Christgläubigen sich bemühen, alle Sünden, welche ihnen ins Gedächtnis kommen, zu beichten, so legen sie ohne Zweifel alle der göttlichen Barmherzigkeit zum Verzeihen vor; die dagegen anders handeln und solche wissentlich verschweigen, legen der göttlichen Milde durch den Priester nichts zum Erlassen vor. Würde nämlich ein Kranker sich schämen, dem Arzt die Wunde zu entdecken, so heilt auch die Arznei das nicht, was sie nicht kennt. Außerdem folgt noch, daß in der Beichte auch jene Umstände anzugeben seien, welche die Art der Sünde ändern, weil ohne dieselbe weder die Sünden selber vollständig von den Büßern dargelegt, noch auch den Richtern bekannt würden, und es unmöglich wäre, daß diese über die Schwere der Vergehen richtig urteilen und die Strafe, welche sich gebührt, dafür den Büßern auferlegen könnten.
Heilsamer Gebrauch
Darum ist es vernunftwidrig, lehren, daß diese Umstände von müßigen Menschen erdacht seien, oder es brauche nur ein einziger Umstand gebeichtet zu werden, nämlich gegen den Mitbruder gesündigt zu haben. Aber auch das ist frevelhaft, zu sagen, eine Beichte, welche auf diese Weise zu geschehen befohlen ist, sei unmöglich; oder sie eine Folter der Gewissen zu nennen; denn es ist bekannt, daß in der Kirche von den Büßern nichts anderes gefordert werde, als daß Jeder, nachdem er sich recht fleißig erforscht, und alle Falten und Winkel seines Gewissens durchsucht hat, die Sünden beichte, durch die er sich erinnert, seinen Herrn und Gott tödlich beleidigt zu haben; die übrigen Sünden aber, welche bei fleißigem Nachdenken ihm nicht einfallen, gelten im Allgemeinen als in die Beichte eingeschlossen; hinsichtlich dieser sagen wir im Glauben mit dem Propheten: „Von meinen verborgenen reinige mich, o Herr!“ Wohl könnte die Mühe einer solchen Beichte und die Scheu, Sünden aufzudecken, zwar beschwerlich erscheinen, wenn sie nicht durch so viele und große Vorteile und Tröstungen erleichtert würde, welche Allen, die würdig zu diesem Sakrament hinzutreten durch die Lossprechung zuverlässig zu Teil werden. Was übrigens die Weise, dem Priester allein im Geheimen zu beichten, angeht, so hat wohl Christus nicht verboten, daß Jemand zur Sühne seiner Fehltritte und zu seiner Verdemütigung, sowohl zum Beispiel für Andere, als zur Erbauung der beleidigten Kirche, seine Sünden öffentlich bekennen könne; doch ist dieses nicht durch göttliches Gebot befohlen, und es würde auch nicht ganz rätlich durch irgend ein menschliches Gebot angeordnet werden, daß Vergehen, besonders geheime, durch ein öffentliches Bekenntnis aufgedeckt werden sollten. Weil daher von den heiligsten und ältesten Vätern mit großer und allgemeiner Übereinstimmung die geheime sakramentale Beichte, deren sich die heilige Kirche vom Anfang an bediente und auch jetzt sich bedient, immerdar anempfohlen wurde, so ist offenbar die nichtige Verleumdung derer widerlegt, welche sich nicht scheuen zu lehren, daß dieselbe dem göttlichen Gebot fremd, und menschliche Erfindung sei, und von den auf dem Lateranischen Konzil versammelten Väter ihren Anfang genommen habe. Denn die Kirche hat durch das Lateranische Konzil nicht verordnet, daß die Christgläubigen beichten sollen, was dasselbe schon durch göttliches Recht als nötig und angeordnet anerkannte, sondern daß das Gebot zu beichten von Allen und jeden wenigstens einmal im Jahr, sobald sie zu den Unterscheidungs-Jahren gelangt sind, erfüllt werde. Darum wird dieser heilsame Gebrauch, in der heiligen und am meisten geeigneten Zeit der vierzigtägigen Fasten zu beichten, jetzt in der ganzen Kirche zu sehr großem Nutzen der gläubigen Seelen beobachtet, welchen Gebrauch diese heilige Versammlung als fromm und mit Recht beizubehalten vollständig genehmigt und annimmt.
aus: Beschlüsse und Glaubensregeln des hochheiligen allgemeinen Concils von Trient unter den Päpsten Paul III., Julius III. und Pius IV., 1865, S. 69 – S. 71
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