Konzil von Trient Von der Lossprechung

Das Konzil von Trient in einer alten Zeichnung dargestellt

Die Lehre von den heiligsten Sakramenten

Das Sakrament der Buße – Lossprechung von den Sünden

Vierzehnte Sitzung,
welche die vierte ist unter Papst Julius III.
gehalten am 25. November 1551

Kap. 6 Von dem Ausspender dieses Sakramentes und von der Lossprechung

Bezüglich des Ausspenders aber erklärt die heilige Versammlung, daß alle Lehren falsch und der Wahrheit des Evangeliums durchaus fremd seien, welche das Amt der Schlüssel außer den Bischöfen und Priestern auf alle andern Menschen verderblicher Weise (cf. infr. de poen. c. 10.) ausdehnen, in der Meinung, jene Worte des Herrn (Matth. 16, 19; 18, 18): „Was immer ihr binden werdet auf Erden, wird auch gebunden sein im Himmel, und was immer ihr lösen werdet auf Erden, wird auch gelöst sein im Himmel“; und (Joh. 20, 23): „Deren Sünden ihr vergebt, denen sind sie sie vergeben, und denen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten“, seien zu allen Christgläubigen unterschiedslos und insgemein entgegen der Einsetzung dieses Sakramentes der Art gesprochen worden (cf. Sess. VII. de sacr. can. 10.), daß Jeder die Gewalt habe, Sünden zu vergeben, und zwar die offenkundigen durch Zurechtweisung, wenn der Zurechtgewiesene darauf eingeht, die geheimen dagegen durch freiwilliges irgendwem gemachtes Bekenntnis. Sie lehrt ferner, daß auch Priester, welche in einer Todsünde befangen sind, durch die in der Weihe empfangene Kraft des heiligen Geistes (cf. c. 8 D. XIX. [Anast. II.]) als Diener Christi das Amt der Sündenvergebung ausüben, und daß Jene unrechter Meinung sind, welche behaupten, schlechte Priester besäßen diese Gewalt nicht. Wiewohl aber die Lossprechung durch den Priester die Ausspendung einer fremden Wohltat ist, so ist sie doch nicht bloß eine leere Dienstleistung entweder zur Verkündigung des Evangeliums oder zur Erklärung, daß die Sünden vergeben seien, sondern gleich einer richterlichen Handlung (cf. infr. de poen. Can. 9.), durch welche von demselben wie von einem Richter der Urteilsspruch verkündet wird. Und deshalb darf sich der Büßer nicht so sehr seines eigenen Glaubens schmeicheln, daß er meine, wenn auch er keine Reue habe, oder dem Priester die Absicht, ernstlich zu handeln und wirklich loszusprechen, fehle, so werde er doch um seines Glaubens allein willen und vor Gott losgesprochen. Denn der Glaube würde ohne Buße keine Vergebung der Sünden bewirken, und der wäre äußerst nachlässig gegen sein heil, welcher merken würde, daß ein Priester ihn zum Scherz losspreche, und nicht alsbald einen aufsuchte, welcher im Ernst handelt.

Kap. 7. Von den vorbehaltenen Fällen

Kap. 8. Über Notwendigkeit und Frucht der Genugtuung

Endlich in Bezug auf die Genugtuung, welche unter allen Teilen der Buße, wie sie von unsern Vätern dem christlichen Volk zu aller Zeit anempfohlen wurde, ebenso allein vorzugsweise in unserer Zeit unter dem hoch klingenden Vorwand der Frömmigkeit von Jenen angefochten wird, welche den Schein der Frömmigkeit haben, aber ihre Wirksamkeit in Abrede stellen, erklärt die heilige Versammlung, es sei durchaus falsch und dem Wort Gottes entgegen, daß vom Herrn nie die Schuld erlassen werde (cf. Sess. VI. c. 14 et can. 30 de iustif. ib. et huius Sess. de poen. can. 12), ohne daß zugleich auch die ganze Strafe nachgelassen sei. Denn es werden in der heiligen Schrift deutliche und hervorragende Beispiele gefunden (cf. Gen. 3, 16ff.; 2. Kön. 12, 13f.; Num. 12, 14f.; 20, 11f.), durch welche, abgesehen von der göttlichen Überlieferung; dieser Irrtum ganz offenbar widerlegt wird. Fürwahr scheint schon die Weise der göttlichen Gerechtigkeit es zu fordern, daß von ihm anders jene zu Gnaden aufgenommen werden, welche vor der Taufe aus Unkenntnis gesündigt, anders dagegen jene, welche einmal von der Knechtschaft der Sünde und des Teufels befreit, und nach Empfang der Gabe des heiligen Geistes, wissentlich den Tempel Gottes zu entehren (1. Kor. 3, 17) und den heiligen Geist zu betrüben sich nicht scheuen (Eph. 4, 30).

Auch ziemt es der göttlichen Milde nicht, daß uns die Sünden ohne alle Genugtuung erlassen werden, so daß wir bei gegebener Gelegenheit die Sünde für ganz gering achten und gleichsam als Feinde und Lästerer des heiligen Geistes (Hebr. 10, 29) in schwerere fallen und uns Zorn anhäufen für den Tag des Zornes (Röm. 2, 5; Jak. 5, 3). Ohne Zweifel nämlich halten diese Strafen der Genugtuung gar sehr von der Sünde ab, und ziehen wie mit einem Zügel zurück und machen die Büßer für die Folge vorsichtiger und wachsamer; sie heilen auch die Überreste der Sünden und heben die durch schlimmes Leben angenommenen sündhaften Gewohnheiten durch die entgegen gesetzten Tugendübungen auf.

Auch wurde in der Kirche Gottes nie irgend ein Weg zur Abwendung einer vom Herrn angedrohten Strafe für sicherer gehalten, als der, daß die Menschen mit wahrem Schmerz der Seele diese Bußwerke (cf. Mat. 3, 2 et 8, 4 u. 17; 11, 12 et al.) fleißig üben. Hierzu kommt noch, daß durch genugtuendes Leiden für die Sünden wir mit Christo Jesu, der für unsere Sünden genuggetan hat (Röm. 5, 10; 1. Joh. 2, 1f.), und von welchem unsere ganze Befähigung ausgeht (2. Kor. 3, 5), gleichförmig werden, und dadurch auch das sicherste Unterpfand haben, daß wie wir mitleiden (Röm. 8, 17), so auch mit verherrlicht werden. Diese Genugtuung aber, welche wir für unsere Sünden leisten, ist nicht der Art unser, daß sie nicht durch Christus Jesus wäre, weil wir, die aus uns, als aus uns, nichts vermögen, durch seine Beihilfe, da er uns stärkt, Alles vermögen (2. Kor. 3, 5; Phil. 4, 13). Darum hat der Mensch nichts, dessen er sich rühme, sondern unser ganzes Rühmen ist in Christus (1. Kor. 1,31; 2. Kor. 10, 17; Gal. 6, 14), in welchem wir leben (Act. 17, 28), in welchem wir Verdienst haben, in welchem wir genugtun, indem wir würdige Früchte der Buße bringen (Matth. 3, 8; Luk. 3, 8), die aus ihm Kraft haben, von ihm dem Vater dargebracht und durch ihn vom Vater angenommen werden.

Die Priester des Herrn müssen demnach, wie es ihnen Geist und Klugheit eingibt, nach Beschaffenheit der Vergehen und nach Vermögen der Büßer, heilsame und entsprechende Genugtuungen auferlegen, damit sie nicht, wenn sie vielleicht gegen Sünden nachsichtig sind, und zu gelinde mit den Büßern verfahren, durch Auferlegung einiger ganz geringer Werke für sehr schwere Vergehen, fremder Sünden sich teilhaftig machen. Sie mögen aber vor Augen haben, daß die Genugtuung, welche sie auferlegen, nicht bloß zum Schutz für das neue Leben und ein Heilmittel der Schwachheit sein soll, sondern auch zum Entgelt und zur Bestrafung der vorher gegangenen Sünden; denn daß die Schlüssel der Priester nicht bloß zum Lösen, sondern auch zum Binden verliehen seien (Matth. 16,19; Joh. 20, 23; cf. supr. c. 1. et infra ead. de poen. can. 3. et 15), haben auch die Väter des Altertums sowohl geglaubt als gelehrt. Deshalb hatten sie noch nicht die Meinung, daß das Sakrament der Buße eine Gerichtsstätte des Zornes und der Strafen sei; wie auch niemals je ein Katholik annahm, daß durch diese unsere Genugtuungen die Kraft des Verdienstes und der Genugtuung unseres Herrn Jesu Christi entweder verdunkelt (cf. infr. 1. c. can. 14) oder irgendwie teilweise verringert werde; indem die Neuerer dieses annehmen wollen, lehren sie, um alle Wirkung und Übung der Genugtuung zu beseitigen, daß somit ein neues Leben die beste Buße sei.

Kap. 9. Von den Werken der Genugtuung

Ferner wird gelehrt, daß die Fülle der göttlichen Freigebigkeit so groß sei, daß wir nicht nur durch die von uns freiwillig zur Sühne der Sünde übernommenen, oder durch die nach Urteil des Priesters entsprechend dem Maß des Vergehens auferlegten Strafen, sondern auch, was der größte Beweis der Liebe ist, durch die von Gott verhängten und von uns geduldig ertragenen zeitlichen Züchtigungen, bei Gott dem Vater durch Christus Jesus genugzutun im Stande sind. –
aus: Beschlüsse und Glaubensregeln des hocheiligen allgemeinen Concils zu Trient unter den Päpsten Paul III., Julius III. und Pius IV., 1865, S. 71 – S. 74

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