Herz-Jesu-Verehrung
Gnaden und Verheißungen
Der Segen und die Gnaden, die mit der Herz-Jesu-Verehrung verbunden sind, haben ganz besonders dazu beigetragen, ihr eine so weite Verbreitung zu verschaffen…
Wie die moderne, so kannte auch die altdeutsche Herz-Jesu-Verehrung schon „Verheißungen“ des Herrn für diejenigen, die sich mit Vertrauen an sein erbarmungsreiches Herz wenden. In einer mittelhochdeutschen Pergamentschrift des Münchener Staatsarchives aus dem 14. Jahrhundert liest man, wie Jesus zur Seele spricht:
„Wer sich an mein verwundetes Herz wendet, für den will ich bei meinem himmlischen Vater Fürsprache einlegen, daß alle seine verlorene Zeit wieder fruchtbar eingebracht wird.“
Dann folgen noch sieben andere, zumal für innerliche Menschen sehr trostvolle Verheißungen. (s. Richstätter, Deutsche Herz-Jesu-Gebete, 23f.)
Trostvolle Verheißungen
Bischof Wilhelm Emanuel von Ketteler, der von allen Bischöfen wohl am meisten für die Einführung der Herz-Jesu-Verehrung in Deutschland gewirkt hat, verwendete in seinen Predigten auch die bekannten zwölf Herz-Jesu-Verheißungen der heiligen Margareta Maria Alacoque. In der Tat bieten sie für die Herz-Jesu-Verehrung viel Anregung. Denn die stille Ordensfrau von Paray-le-Monial ist in der Hand Gottes das Werkzeug gewesen, auch die Gnadenschätze des Erlöser-Herzens der katholischen Welt kund zu machen. Doch müsste man sich vor der nicht seltenen Übertreibung hüten, alle Worte der Heiligen, die sich irgendwie in ihren Briefen oder Mitteilungen finden, gewissermaßen als inspiriert hinzustellen. Man sollte vielmehr, den sicheren Regeln der Mystik entsprechend, die Verheißungen insoweit benützen, als sie sich auch anderweitig begründen und durch die Glaubenslehre bestätigen lassen. Dies ist bei allen leicht möglich. Nur eine bietet Schwierigkeiten.
Wenn die hl. Margareta Maria die trostvolle Verheißung mitteilt, der Herr werde „seinen Gnaden keine Grenzen setzen für alle, welche dieselben in seinem Herzen suchen“, so stimmt das mit der Verheißung Jesu in seinen Abschiedsworten gut überein, die sich bei Johannes finden: „Wahrlich, wahrlich sage ich euch, was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben.“ (Joh. 16,22)
Denn wie könnte man besser, inniger und vertrauensvoller im Namen Jesu beten, als wenn man sich seinem erbarmungsreichen Herzen anvertraut? Da ferner gerade der Aufblick zum Herzen des Herrn mit so großem Vertrauen erfüllt, so kann man erwarten, daß er in der Güte seines Herzens „alle dem Stand nötigen Gnaden mitteilt“, und daß er die „Unternehmungen derer segnen wird“, die sich an sein Herz wenden. „Dein Glaube hat dir geholfen“ (Luk. 8,48), so wird der Herr auch heute denen sagen, die im Aufblick zu seinem liebreichen Herzen Mut und Vertrauen finden. Und „um was ihr je den Vater bitten werdet in meinem Namen, das werde ich tun, damit verherrlicht werde der Vater in dem Sohne. Wenn ihr um etwas bitten werdet in meinem Namen, so werde ich es tun.“ (Joh. 14,13f.)
„Lernet von mir, ich bin sanftmütig und demütig von Herzen“, ist die Übung, die der Herr den Verehrern seines Herzens selbst empfohlen hat. Wo man sich diese besonders angelegen sein läßt, wird der Herr nicht dort wie von selbst den „Familien den Frieden schenken“? Und wenn in einem Hause ein Bild des göttlichen Herzens aufgestellt und verehrt wird, wenn man sich im täglichen Familiengebet um dieses Bild versammelt, kann man nicht erwarten, daß der Herr die Verheißung wahr macht, er werde „die Häuser segnen, in denen das Bild seines Herzens? Aufgestellt und verehrt wird“? Wo zwei oder drei in seinem Namen vereinigt sind, ist er ja mitten unter ihnen, vor allem, wenn sie Gegenliebe und Vertrauen, wozu das Herz-Jesu-Bild ja anregt, dem Herrn entgegen bringen.
„Kommet her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken“ (Matth. 11,28), klingt das nicht ähnlich wie die Worte an die Verehrer seines Herzens: „Ich will sie in ihren Leiden trösten“? Zumal dann, wenn man die beiden folgenden Verse dazu berücksichtigt: „Nehmet mein Joch auf euch und lernet von mir, ich bin sanft und demütig von Herzen, und ihr werdet Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch ist sanft, und meine Bürde ist leicht!“ (Matth. 11,29f.) Unendliches Erbarmen ist es, das hier einem armen, gedrückten Menschen aus dem Heilands-Herzen entgegen leuchtet, und das ihn im Leiden mit Mut, mit Vertrauen und mit Trost erfüllen muss.
„Die Sünder werden in meinem Herzen ein Meer unendlicher Barmherzigkeit finden“, das ist die ergreifende Predigt des Herrn im 15. Kapitel des Lukas-Evangeliums, bei der Parabel vom guten Hirten und vom verlorenen Sohn. Wie in seinem Erdenleben, so spricht der Herr auch heute beim reumütigen Aufblick zu seinem heiligsten Herzen: „Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden werden dir vergeben.“ (Matth. 9,2) „Ich bin gekommen, die Sünder zur Buße zu rufen“ und „zu suchen und selig zu machen, was verloren war.“ (Luk. 5,32; 19,10)
„Die lauen Seelen werden eifrig werden“, wenn eine solide Herz-Jesu-Verehrung sie anleitet, die läßliche Sünde im Aufblick zum Dornen umwundenen Herzen des Herrn zu meiden, sich mit Vertrauen in eifrigem Gebet an das Erlöser-Herz zu wenden, sich nach seinem Vorbild in Demut und Sanftmut und, aus Liebe zu ihm, sich in Entsagung und Selbstverleugnung zu üben. Ihnen erzählt er die ernste, aber auch tröstende Parabel vom unfruchtbaren Feigenbaum, für den der himmlische Gärtner Fürsprache einlegt. (Luk. 13,6f.)
„Die eifrigen Seelen aber werden schnell zu großer Vollkommenheit gelangen“, da Großmut und Hochherzigkeit, sühnende und opferfreudige Liebe die besonders charakteristischen Tugenden sind, wozu die Verehrung des heiligsten Herzens anleitet.
Kann man endlich daran zweifeln, daß eine in dieser Weise beharrlich geübte Herz-Jesu-Verehrung geeignet ist, von der unendlichen Güte des Erlöser-Herzens in demütigem, vertrauensvollem Gebet die größte aller Gnaden zu erlangen, die Gnade der endlichen Barmherzigkeit? So wird also das göttliche für seine Verehrer „eine sichere Zuflucht sein im Leben, besonders aber in der Sterbestunde“.
Die sog. „Große Verheißung“
Theologische Bedenken bietet allein die sog. „große Verheißung“, die an die heilige Kommunion an den neun Herz-Jesu-Freitagen die dreifache Verheißung knüpft, man werde nicht ohne die heiligen Sakramente und nicht in der Ungnade Gottes sterben, das göttliche Herz werde vielmehr in der Todesstunde eine sichere Zuflucht sein. Eine große Literatur ist über diese Verheißung erschienen. Um sie zu retten, hat man versucht, sie umzudeuten und sie mit den Lehren der dogmatischen Theologie in Einklang zu bringen, aber auffallender Weise scheint sie noch nie vom Standpunkt der mystischen Theologie behandelt worden zu sein, was doch so nahe gelegen hätte. Zunächst muss daran erinnert werden, daß die hl. Margareta, wie alle echten Mystiker, auch bei dieser Verheißung nicht ohne Furcht vor Täuschung ist. Daß manche ohne Sakramente eines plötzlichen Todes gestorben sind, obwohl man mehr als einmal die neun Freitage gehalten hatte, bereitete wiederholt den Hinterbliebenen Zweifel, auch an Glaubenswahrheiten. Daß man nach den neun Freitage sogar vom Glauben abfallen und unbußfertig in der Todsünde sterben kann, lehrt die traurige Erfahrung.
Wohl aber darf man annehmen, daß der Heiland in der Erbarmung seines gütigen Herzens es in der Sterbestunde nicht vergessen wird, wenn man die Kommunion-Novene andächtig gehalten, und daß er sein heiligstes Herz als Zuflucht anbieten wird, so daß die Seele, wenn sie diese Gnade benützt, sich leicht retten kann. Das ist dogmatisch beweisbar, und darum kann man auch annehmen, daß der Herr es seiner treuen Dienerin ausdrücklich offenbart hat. Aber nach der Lehre der Mystiker, zumal solcher, die aus Erfahrung sprechen, ist stets zu beachten, daß auch eine Heilige einer Vision oder einer Ansprache durch die nachher einsetzende Geistestätigkeit eine größere Ausdehnung geben kann, als jene Mitteilung in dem direkten Einwirken Gottes enthalten war. Daher der Zusatz der hl. Margareta auch hier: „Wenn ich mich nicht täusche.“ So stellt die mystische Theologie die trostvoll große Verheißung sicher, indem sie dieselbe darauf beschränkt, was die dogmatische Theologie wie auch die Erfahrung lehren. –
aus: Karl Richstätter SJ, Das Herz des Welterlösers, 1932, S. 86 – S. 94
siehe auch die Information über das Samstagsprivileg: Sabbatina sc. bulla