Heiligenkalender
14. März
Heiliger Robert Kanersburger, Einsiedler und Ordensmann
Die Kindheit des heiligen Robert
Zu Kendal in England wurde dieser Heilige von armen, aber gottesfürchtigen Eltern geboren. Der Mutter fehlte es an den nötigen Kräften, um das kleine Kind an ihrer Brust zu nähren. Dessen ungeachtet blieb es gesund und stark. Ein halbes Jahr war Robert still und ruhig, darnach aber fing er zu weinen und zu schreien an, ohne daß man kennen konnte, was ihm fehle. Alles Liebkosen half nichts, keine glänzenden Spielereien stillten seine Tränen, wie es dich bei andern Kindern der Fall ist, er weinte so lange fort, bis die Mutter zufällig ihm einen Rosenkranz zeigte. Beim Anblick dieses Zeichens der Verehrung der lieben Frau ward das Kind sogleich stille; es ließ den Rosenkranz weder bei Tag noch bei Nacht mehr aus den Händen; es war immer mit den Perlen des Rosenkranzes beschäftigt und zeigte eine eigentümliche Freude mit demselben. Damit gab Robert zu erkennen, daß er ein Kind der Himmelsmutter und einer ihrer besonderen Diener und Verehrer werden würde.
Zum Knaben heran gewachsen, hütete er, wie sein Vater, die Schafe eines Edelmannes. Um seiner Frömmigkeit willen segnete Gott die Herde, wie einst die Herde des Patriarchen Jakob, so sehr, daß Robert nicht mehr im Stande war, die zahlreichen Schafe allein zu weiden. Der Vater gab ihm nun zum Gehilfen einen frommen Greis. Dieser gottesfürchtige Greis nahm sich des kleinen Robert mit aller Liebe an, unterrichtete ihn im Christentum, und lehrte ihn Gott anbeten und die jungfräuliche Mutter Maria und seinen heiligen Schutzengel verehren. Er erzählte ihm vom Leben der lieben Heiligen, von ihren schönen Tugenden, ihren Abtötungen und guten Werken, und entflammte das unverdorbene Herz des Knaben zur treuen Nachahmung derselben. Auch lehrte er ihn lesen und verschaffte ihm gute Bücher. Unter anderen gelangte auch ein Buch in die Hand Roberts, welches das Leben und die Taten der Heiligen enthielt und liebliche Andachtsübungen zur heiligsten Dreifaltigkeit, zu Christus dem Herrn, seiner glorwürdigen Mutter Maria und den heiligen Engeln. Dieses Buch legte Robert nicht mehr aus der Hand, wo er immer einen stillen Ort und Gelegenheit zum Gebet fand, fiel er auf die Knie und sein Mund strömte dann über vom Lob des dreieinigen Gottes und der allerseligsten Jungfrau. Besonders oft flehte er unter vielen Tränen zur Gottesmutter, sie möge ihn ja in keine Sünde fallen lassen. Und Maria beschützte ihren kleinen Diener mit mütterlichen Zärtlichkeit; er lebte rein wie ein Engel von den Hirten, die mit ihm die Schafe weideten und denen er die rührendsten Belehrungen gab, herzlich geliebt. Sie nannten ihn nur den heiligen Jüngling.
Die Frömmigkeit des Heiligen
Das Lesen hatte er gut gelernt, aber schreiben konnte er noch nicht. Da er weder Papier noch Feder und Tinte hatte, versuchte er es mit Kohlen auf nackten Felsen, die Buchstaben nachzumachen, und es gelang ihm nach und nach, sich eine herrliche Schrift anzugewöhnen.
Alle bewunderten an diesem Jünglinge die Gaben der Natur und der Gnade, die ihm der Herr verlieh. Er wendete sie aber auch zum besten an. Wo er immer konnte, verhinderte er Uneinigkeit und Streit unter den Hirten, er selbst gab das schönste Beispiel der Demut, Bescheidenheit und Unterwürfigkeit. Die Liebe zur glorreichen Gottesmutter bewog ihn, nicht bloß die vorgeschriebenen Fasttage zu halten, er enthielt sich auch alle Samstage der Speisen und brachte diesen Tag immer mit besonderer Andacht zu.
Nun aber starb der fromme Greis, unter dessen treuer Sorge Robert zur Freude seines Vaters zu einem so frommen Jüngling empor gewachsen. Der gute Vater, mehr besorgt um das Heil seines Sohnes als um das Gedeihen seiner Herden, suchte lange nach einem anderen Mann, dem er seinen lieben Robert anvertrauen konnte. Er wußte gar gut, wie sehr es darauf ankomme, daß junge Leute in gottgefällige Gesellschaft kämen, um vor Verführung bewahrt zu bleiben. Robert bemerkte die Sorge seines Vaters und sprach eines Tages zu ihm: „Mein Vater! Wenn du einen Hirten findest, der sich fleißig um die Herden annimmt, so sei beruhigt. Was mein Seelenheil betrifft, so sei unbesorgt, ich vertraue auf die göttliche Hilfe und auf den Schutz und die Fürbitte meiner gebenedeiten Mutter Maria, die mich auf dem guten weg bewahren werden.“ Der Vater, durch diese Worte ermutigt, gab nun seinem Sohn einen Hirten an die Seite, den er wegen seines Fleißes sich schon gewählt, und nur deshalb noch nicht aufgenommen hatte, weil er an seinem christlichen Lebenswandel zweifelte. Kaum aber war dieser Hirte an der Seite Roberts, als er durch die Ermahnungen und das schöne Beispiel des heiligen Jünglings in einen ganz anderen Menschen umgewandelt wurde, worüber sich Niemand mehr freute als der besorgte gute Vater.
Unter der treuen Obhut Roberts vermehrte sich indessen die Herde von Tag zu Tag, weder Krankheit befiel die Rinder und Schafe, noch tat ihnen Schaden ein wildes Tier: aber auch Robert nahm immer an Vollkommenheit zu, ein Gegenstand der Bewunderung Aller, die seine schönen Tugenden, seine Friedfertigkeit, seine Demut und sein heiteres, unschuldiges Benehmen sahen.
Robert trifft einen Einsiedler
Eines Tages geschah es, daß ein Stier von der Herde sich verlief. Robert suchte ihn im Wald, und um besser Umschau halten zu können, bestieg er die Spitze eines Berges. Da sah er in der Ferne sich etwas bewegen, konnte aber nicht unterscheiden, ob es ein Mensch oder ein Tier sei. Er suchte sich also dem Gegenstand zu nähern, sah aber Niemanden; dagegen vernahm er eine Stimme, welche sprach: „Robert, nahe dich nicht weiter, sondern lasse einen Teil deiner Kleider liegen und trete zurück, bis ich ehrbar bedeckt bin.“ Robert erstaunt, eine menschliche Stimme zu hören, tat, wie ihm geheißen, ließ einen Teil seines Kleides zurück und entfernte sich ein wenig. Der Mensch aber, dessen Stimme Robert vernommen, hüllte sich in das zurück gelassene Kleid, und wie sich Robert wieder nahte, sah er vor sich einen Mann, mit haaren bedeckt, mit einem langen Bart, bleichem Antlitz, verbrannter Haut, und Fingern und Händen, ähnlich den Wurzeln der Bäume. Robert erstaunte höchlich, als er den Mann erblickte, und also sprechen hörte: „Dich hat die göttliche Vorsehung hierher geführt. Ich bin ein Priester Christi und durch Gottes Erbarmen hierher gekommen, um Buße zu tun. Mehrere Jahre von Gottes Gnade unterstützt, lebe ich schon hier. Kehre zurück zu deinem Wohnort und bringe mir ein Mönchskleid, damit ich es anziehe, und ich werde dir sagen, was Gott von dir will.“
Robert kehrte sogleich in seinen Wohnort zurück, erzählte alles seinem Vater und ging dann zu dem Herrn der Herde, um einen Teil seines Lohnes zu begehren, womit er das Mönchskleid kaufen wollte. Als der Herr von des Einsiedlers Schicksal hörte, gab er Robert reichlich und fügte noch für ihn und den Einsiedler einen doppelten Jahresgehalt an Lebensmitteln hinzu. Freudig eilte Robert zur Hütte des Einsiedlers und reichte ihm das Geld und die Lebensmittel. Nachdem sich derselbe bekleidet hatte, rief er Robert zu sich und sprach zu ihm: „ Mein Sohn, du hast bisher Rinder und Kühe geweidet, doch Gott will dich wo anders haben, du sollst in sein Haus eintreten und darin dein Leben enden. Du kannst lesen und schreiben; ich habe hier die heiligen Bücher, komme zu mir, und ich will dich darin unterrichten. Du darfst deshalb deine Beschäftigung nicht unterlassen. Komme nur an bestimmten Tagen hierher und sage Niemanden etwas von mir.“
Robert wird selber Einsiedler
Robert befolgte nun den Wunsch des Einsiedlers und ward sein Schüler. Bald hatte er sich die besten Kenntnisse in den heiligen Schriften erworben, mehr aber durch Gottes Hilfe als durch seinen Fleiß. Nach drei Jahren starb der Einsiedler, Daniel mit Namen. – Während Robert unter Tränen seinen heiligen Lehrer zur Erde bestattete, fand er sich von Gott mächtig angeregt, an die Stelle des verlebten Einsiedlers zu treten, und in stiller Einsamkeit seinem Gott zu dienen. Seine Eltern waren bereits tot und so hielt ihn nichts mehr in der Welt zurück. Nachdem er den Freund und Lehrer begraben, begab er sich zu seinem Herrn und eröffnete ihm, daß er ihm fortan nicht mehr dienen könne. Als dieser ihn fragte, wer wohl der Herr sei, in dessen Dienst er jetzt treten wolle, gab er zur Antwort: „Gott allein.“ Wie der Herr dies hörte, verwunderte er sich sehr, doch selbst gottesfürchtig, entließ er ihn reichlich belohnt.
Robert verteilte nun seine Habe unter die Armen, gab sein Kleid einem Bettler, legte ein Mönchskleid an, und begab sich in die Hütte des verstorbenen Einsiedlers, wo er an sich das strenge Leben der Väter in der Wüste erneuerte. Sein Lager war der bloße Boden, zum Kissen diente ihm ein Stein, seine Speisen waren Kräuter, sein Trank Wasser; das Gebet und die Betrachtung war sein Labsal.
Auch ihm ging es nun wie allen heiligen Einsiedlern. Er musste schreckliche Kämpfe mit den bösen Geistern ausstehen. Doch durch das Zeichen des Kreuzes, durch Beten und Fasten und besonders durch dieAnrufung der gebenedeiten Mutter Gottes ging er immer siegreich aus dem Kampf hervor. Längere Zeit hatte Robert in seiner Einsamkeit schon zugebracht, sie war ihm so lieb geworden, daß er bis zu seinem Tode darin zu verharren beschloss; allein Gott berief ihn zu einem andern Stand.
Der Heilige geht nach Kanersburg in den Orden
Eines Tages erschien ihm früh Morgens vor der Türe seiner Hütte Christus, der Herr, mit einem schweren Kreuz beladen und sprach zu ihm: „Robert, nimm das Kreuz und folge mir nach.“ Mit diesen Worten verschwand der Herr und ließ einen süßen Wohlgeruch zurück. Robert ganz verwundert, aber innerlich getröstet, sann hin und her, wie er wohl dem Herrn nachfolgen könne. Mit heißer Inbrunst flehte er zum Herrn, ihm doch den Weg zu zeigen, den er fortan wandeln solle. Da wurde ihm ein Engel gesandt, der also zu ihm sprach: „Robert, gehe nach Kanersburg, dort wirst du Brüder eines neuen Ordens finden, die ein zweifarbiges (rotes und blaues) Kreuz auf ihren Kleidern tragen; dies ist das Kreuz, welches du nach dem Willen des Herrn auf dich nehmen sollst.“
Robert zögerte nicht, sondern eilte sogleich nach Kanersburg. Hier fand er, wie der Engel gesagt, die bezeichneten Mönche vom Orden der allerheiligsten Dreifaltigkeit zur Erlösung der Gefangenen, die eben eine Kirche bauten. Er hat und fand sogleich Aufnahme in diesen Orden, den die allerseligste Jungfrau gestiftet hatte. – Nachdem er die Prüfung bestanden, ward er zur Profess zugelassen, und als man endlich trotz seiner Verschwiegenheit und Demut erfahren hatte, wie bewandert er in den geistlichen Wissenschaften sei, ward er zum Priester geweiht. –
Im Orden lebte er als das vollkommenste Muster eines Heiligen. Er war ein Vater der Armen und Kranken; ein Tröster aller Betrübten und besonders der armen Sünder. –
Als man ihm endlich auf sein vieles Bitten die Erlaubnis erteilte, bei der Befreiung der Gefangenen aus den Banden der Sklaverei mitzuwirken, und er schon im Begriff stand, ein Schiff zu besteigen, um nach Marokko zu fahren, wo sehr viele Christen in der Sklaverei lebten, ward er am 5. März des Jahres 1239 von einer tödlichen Krankheit befallen. In seiner Zelle auf einem armen Lager liegend, erfreute er sich himmlischen Trostes. In der Stille der Nacht hörte er die melodischen Gesänge der Engel. Von einem Strahlenglanz umflossen erschien ihm Maria, die Königin des Himmels, mit seinem heiligen Schutzengel, und tröstete ihn. –
Sie ließ sich herab, mit ihm zu reden, worüber er so mit Freude und Trost erfüllt wurde, daß sein Antlitz bei den größten Schmerzen die lieblichste Heiterkeit zeigte. Die Kranken, deren er bei Lebzeiten viele durch sein Gebet geheilt hatte, ließen ihm auch auf dem Sterbebett keine Ruhe. Er betete über sie und sie gingen geheilt von dannen. Drei Tage früher hatte er den Brüdern seinen Tod vorher gesagt; am 14. März gab er auch, den Psalm Miserere betend, den Geist auf. Papst Klemens VI. setzte ihn unter die Zahl der Heiligen. (Ribadeneira.) –
aus: Georg Ott, Marianum Legende von den lieben Heiligen, Erster Teil, 1869, Sp. 684 – Sp. 688