Selige Maria Dolorosa von Brabant

Jesus Christus mit seinen Heiligen, die ihm Verehrung zollen und ihn anbeten

Heiligenkalender

18. Juni

Die selige Maria Dolorosa von Brabant

Maria Dolorosa ist von Gott beschenkt worden mit der dreifachen Krone: der Jungfräulichkeit, der Armut und des Märtyrertodes. Sie war die Tochter schlichter und frommer Landleute in Brabant und lohnte ihren Eltern den Fleiß, den sie auf ihre christliche Erziehung verwendeten, mit ausgezeichneten Fortschritten in der Nachfolge Jesu und in der Liebe zu Maria, ihrer Namenspatronin. Der allweise Schöpfer hatte ihren Leib mit einer seltenen Schönheit und Anmut ausgestattet; aber diese Bevorzugung sollte für sie eine Quelle der bittersten Leiden werden, jedoch auch den unsterblichen Ehrentitel: Dolorosa – die Schmerzenreiche- eintragen.

Maria`s unschuldiges Auge erkannte frühzeitig die trügerische Eitelkeit der Welt und zitterte vor den Gefahren, denen die körperliche Schönheit nur durch die opferwilligste Wachsamkeit entgehen kann. Voll Verlangen, nur Jesu und Mariä ganz eigen zu sein, legte sie das Gelübde ewiger Keuschheit ab und erflehte sich von den Eltern die Erlaubnis, daß sie ganz arm und allein in der Nähe der Mutter-Gottes-Kirche wohnen und leben dürfe. Die guten Eltern wagten es nicht, diese Bitte, deren hohen Wert vor Gott sie wohl erkannten, abzuschlagen und ihr teures Kind bei sich zu behalten.

Maria eilte in ihre Verborgenheit, nährte sich sehr karg, teils von Handarbeit, teils von Almosen, und betete Tag und Nacht in süßer Andacht. So verborgen sie zu sein glaubte, so entdeckte dennoch das lüsterne Auge eines sittenlosen Jünglings ihre Schönheit. Wenn auch ihr anerkannt heiliger und makelloser Lebenswandel erhaben genug war, jeden gemeinen Versucher zurück zu schrecken, so schien dieser Tugendglanz den Bösewicht nur desto mehr zu reizen und ungestümer zu machen; alle Künste der Schmeichelei, der Beteuerungen und der Versprechen aufbietend, bekannte er ihr seine Bewunderung und seine übergroße Liebe gegen sie.

Maria wies ihn mit Entrüstung und Entschiedenheit an, aber umsonst; seine Leidenschaft wurde nur desto mächtiger und zudringlicher, genährt von der Hoffnung, dieser schöne Engel sei doch auch eine Tochter Eva`s, für den Genuss der sinnlichen Liebe empfänglich und werde nach und nach, wie so manche ihres Geschlechtes, im mühsamen Kampfe erlahmen, die natürliche Schüchternheit ablegen und zuletzt doch noch der Lohn seiner Anstrengung werden.

Aber Maria liebte ihre Keuschheit nicht aus natürlicher Schüchternheit, nicht wegen des angeborenen Schamgefühls, sondern aus übernatürlicher Dankbarkeit gegen Jesus Christus, der ihre Seele mit seinem heiligen Blut gereinigt hatte, und flüchtete sich daher, zitternd vor der eigenen Schwäche, mit Gebet und Seufzern unter den sicheren Schutz ihres göttlichen Bräutigams.

Unterdessen ging dem Bösewicht die Geduld aus. Was er mit Schmeicheleien nicht erlangen konnte, das wollte er nun mit Gewalt erobern, wozu ihm der Beistand des Satans nicht fehlte. Es war ihm bekannt, daß Maria bei einem vornehmen Herrn ihr Almosen abholen durfte. Deshalb schlich er in das Haus dieses Herrn stahl einen sehr kostbaren Becher und versteckte ihn arglistig in Maria`s Wohnung. Bald wurde öffentlich bekannt, daß diesem Herrn der kostbare Becher gestohlen sei, und daß der Entdecker des Diebes eine große Belohnung erhalten werde.

Da trat der Bösewicht mit siegesgewisser Freude vor Maria und höhnte: „Ei, ei, du frommes Täublein, wie leuchtet doch das Gold deiner Tugend! Und gar noch eine neue Art von Dankbarkeit gegen die Wohltäter hast du erfunden und dabei dich als eine heiligmäßige Kennerin der vergänglichen Wertsachen entpuppt. Es ist doch fatal, daß scharfe Augen zuschauten, wie du, die andächtige Frömmlerein, den kostbaren Becher dem Wohltäter gestohlen und in deinem armen Häuschen versteckt hast. In meiner Macht liegt`s, dich dem Gerichte und dem Tode zu überliefern; nur Eines kann dich retten, wenn du meine Liebe annimmst.“ „Nie, ewig nie!“ war Maria`s Antwort. „So gewiß ich den Becher nicht gestohlen habe, ebenso gewiß werde ich deine Wünsche nicht befriedigen.“

Nun packte der Verleumder die Unschuldige am Arm, schleppte sie zur Stelle, wo er den Becher verborgen, zog ihn hervor und knirschte: „Wähle nun: willst du mein und glücklich sein, oder vor Gericht das Urteil der Schande und des Todes empfangen?“ Maria, das Entsetzliche ihrer Lage durchschauend, blickte zum Himmel und sprach: „Du. O Allwissender, sei mein Zeuge, daß ich diesen Becher nicht gestohlen, Dir empfehle ich den Schutz meiner Unschuld, lieber will ich des schmachvollsten Todes sterben, als durch eine Sünde mein Leben verlängern.“

Als auch dieser letzte Versuch mißlungen war, eilte der Bösewicht zum Richter, klagte Maria des Diebstahls an, zeigte den ihr abgenommenen Becher vor und beschuldigte sie noch der Hexerei: er sei so von ihr bezaubert worden, daß er nicht mehr essen und schlafen könne.

Der Richter, die Anklage ganz oberflächlich annehmend, verurteilte Maria, die zwar das Auffinden des Bechers in ihrem Häuslein aufrichtig bestätigte, aber auch heilig ihre Unschuld beteuerte, – als des Diebstahls und der Zauberei schuldig, zum Tode. In diesem schrecklichen Feuer der Trübsal bewährte die Verurteilte die Lauterkeit ihrer Gottes- und Nächstenliebe in heroischem Grade dadurch, daß sie mit keiner Silbe die schändlichen Versuchungen, die Versprechen und Drohungen ihres Mörders aufdeckte, wofür sie freilich keinen andern Zeugen als den Allwissenden hatte, – sondern in aller Demut den bitteren Kelch des Herrn annahm.

Von vielem Volk begleitet wurde sie zum Richtplatz geführt. Der Weg dahin ging an dem Hause ihrer lieben Eltern und an der Mutter-Gottes-Kirche vorbei, was die Bitterkeit ihrer Trübsal auf`s höchste steigerte. Da bat sie den Richter um die letzte Gnade, daß sie nur noch einmal in dieser Kirche ihr Gebet verrichten dürfe. Auf die erhaltene Bewilligung kniete sie hin, dankte voll Inbrunst der heiligen Dreifaltigkeit für alle durch Maria empfangenen Gnaden, empfahl ihre Seele der ewigen Barmherzigkeit, flehte um Verzeihung für Alle, welche eine Schuld an ihrem Tode hatten, und bat um die Gnade der endlichen Beharrlichkeit für sich und alle, die je in einer ähnlichen Betrübnis sich befinden würden.

Alle Anwesenden fühlten, daß nur die Unschuld so beten könne; aber doch wurde das Todesurteil vollzogen. Der Scharfrichter band sie an Händen und Füßen, verhüllte ihre Augen, legte sie lebendig in eine Grube, deckte sie mit Erde zu und trieb dann einen spitzigen Pfahl durch die Erde und ihre Brust.

Alle Zuschauer standen da in tiefer Trauer. Viele weinten, nur ihr Mörder schien sich heimlich zu freuen. Aber plötzlich fing er an, grauenhaft das Gesicht zu verzerren, zu toben und zu rasen – er war vom bösen Geist besessen. Man mußte ihn mit starken Ketten fesseln, in einen eisernen Käfig verschließen und Gewalt anwenden, um ihm die nötige Nahrung beizubringen. Man führte den furchtbar Geplagten in viele Kirchen und Wallfahrtsorte, aber alle Gebete blieben unerhört. Nach sieben Jahren endlich bekannte der böse Geist auf die kirchliche Beschwörung, nur am Grabe der Maria werde er den Menschen verlassen.Der Besessene wurde sogleich dahin geführt. Als aber der Wagen in die Nähe des Grabes kam, bewirkte der Satan eine solche Schwere, daß man mit den Glocken die Leute zu Hilfe rufen mußte.

Endlich am Grabe angelangt, knieten Alle nieder zum Gebet für den Unglücklichen. Nun verließ ihn der Satan unter schauerlichem Lärm, die Ketten zerbrachen von selbst, und der Befreite pries laut die Gerechtigkeit Gottes, bekannte sein Verbrechen und stellte sich selbst der Obrigkeit zur Bestrafung.

Von diesem Tage an wurde das Grab der seligen Maria eine viel besuchte Wallfahrtsstätte und durch wunderbare Gebets-Erhörungen verherrlicht. –
aus: Otto Bitschnau OSB, Das Leben der Heiligen Gottes, 1881, S. 465-466

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