Die Lehre des Christentums ist wohltätig

Indifferentismus gegenüber der Wahrheit

 Die Lehre des Christentums ist immer wohltätig

Dritter Teil der Vierten Konferenz

Gehen wir noch weiter. Es ist einmal notwendig, daß auf der Erde Abstufungen sind; aber das Christentum sucht und weiß diese Abstufungen so beizubehalten, daß sie das gemeinsame Wohl und Glück nicht stören. Es hält den Mächtigen und Regenten einen noch mächtigeren und höheren Regenten vor, es sagt ihnen, daß sie einem Größeren sich werden zu verantworten haben, als sie sind, und dadurch steuert es jeder Willkür und Tyrannei. Dasselbe Christentum sagt aber auch den Untergebenen, daß sie nicht etwa Menschen gehorchen, sondern daß sie Gott in den Menschen, die Gott mit seiner Autorität bekleidet, Folge leisten, und dadurch sichert die christliche Lehre den Gehorsam, von dem Kind angefangen, das von dem Christentum angeleitet wird, seine Eltern zu ehren, bis zu dem letzten der Untertanen und in das tiefste Greisenalter hinein. So werden alle Verhältnisse geordnet, und der ganze Dienst wird zurückgeleitet auf den höchsten und unendlichen Gott. Ist das nicht übermenschlich?

Es ist um die Familie etwas Wichtiges; das leugnet Niemand. Und darum sucht man die Familie zu zerstören, wenn man überhaupt die menschliche Gesellschaft zu Grunde richten will. Was lehrt nun das Christentum von der Familie?

Es lehrt, daß das Band, welches den Mann mit der Frau vereinigt, nicht nur ein heiliges ist, sondern ein Band Gott selbst geknüpft und unter der besonderen Sorge Gottes stehend. Es lehrt, daß Mann und Frau sich gegenseitig helfen müssen zum Dienste Gottes, und daß die Nachkommenschaft ein heiliges Unterpfand ist, das ihnen Gott anvertraut, und das er einmal von ihnen verlangt wird. Es lehrt das Weib achten, welches überall, wo keine Offenbarung ist, verachtet and weggeworfen wird. Das Christentum allein sichert der Frau ihre Würde, und drückt sich schon dadurch als geoffenbarte Religion Gottes aus.

Das Christentum also umfaßt den ganzen Menschen. Ich bitte Sie, meine Herren, denken Sie selbst darüber nach, weil die Zeit nicht erlaubt, diesen Gedankens weiter auszuführen.
Denken Sie alle Verhältnisse durch, und Sie werden finden, wie die Lehre des Christentums immer wohltätig ist.

Das Christentum knüpft auch, was wir weiter als Charakter einer göttlichen Offenbarung anerkannten, mit dem ersten Menschen an. Es gesteht selbst, daß es von dem alten Bund nicht getrennt sei, nein, sondern, daß der alte Bund nur ein Übergang zu dem neuen Bund gewesen, der den alten vollendet und ergänzt, daß der alte Bund vorbereitend auf den neuen gewirkt, und der neue nichts anders sei, als die Erfüllung der alten Verheißungen. Eben so lehrt es, daß es bestehen wird bis zum Ende; und lehrt dies nicht nur, sondern läßt uns diesen Schluß, abgesehen von den Verheißungen, die es für sich hat, aus der Geschichte selbst machen. In der That, was wurde bis jetzt so verfolgt, wie das Christentum? Namentlich diejenigen, welche die Fundamente der sozialen Ordnung wo möglich herausreißen möchten, die fangen immer damit an, die christliche Lehre in den Herzen zu ertöten. Sie wissen, daß das Christentum ein unüberwindlicher Damm gegen jede Zerstörung der menschlichen Gesellschaft ist; darum ihr Haß, ihr unversöhnlicher Haß gegen Alles, was christlich ist, der sich auch in unseren Tagen genug ausspricht, deswegen wird doch das Christentum bestehen. Es hat noch andere Stürme ausgehalten; gegen diesen Fels hin haben gar viele Wogen gewaltig gewütet, sie sind aber abgeprallt und zu Schaum geworden, und der Fels ist geblieben. Man hat Gewalt angewendet, Feuer und Schwert gebraucht, um das Christentum und die christliche Idee von der Erde zu vertilgen, und sie besteht; ja immer wenn man das Christentum bedrückt und verfolgt, da fängt es an zu glänzen und zu leuchten und als Welt überwindende Kraft nur herrlicher zu strahlen. Das lehrt die Geschichte; der Unglaube selbst muß es zugeben. Darum hören wir ja Ungläubige nicht selten sagen: Die vergangenen Zeiten haben es nicht recht angefangen. Sie geben also zu, daß bis zur Gegenwart das Christentum noch nicht überwunden ist. Man hat falsche Wissenschaft in den Kampf geführt; denn immer ist die Oberflächlichkeit Feindin des Christentums gewesen.

Aber vergebens. Wenn die Wissenschaft weiter fortschritt, und wenn sie wahre, sichere Resultate erzielt hatte, da legte sie den Kranz zu den Füßen des Gekreuzigten, und bezeugte die Wahrheit der geoffenbarten Lehre. Das war bisher immer so. Was haben sich die Enzyklopädisten, aus denen manche Ungläubige unserer Tage fast ihre ganze irreligiöse Bildung schöpfen, was haben diese sich für Mühe gegeben, und wie gründlich haben sie sich lächerlich gemacht! Man hat gegen das Christentum mit List gewütet und ist, man kann nicht leugnen, oft mit großer Klugheit verfahren. Allein an der christlichen Einfalt hat sich diese Klugheit zerschellt. Ja im Christentum selbst ist das zerstörende, tötende Element des Irrtums aufgetreten; in seinem Schoß selbst hat sich manchmal die Verwesung des Schlechten geltend gemacht, und dennoch ist das Christentum geblieben. Es sind Reiche zerfallen, aber das Reich Jesu Christi steht bis aus diese Stunde. Das Christentum hat also auch in dieser Beziehung die Signatur des Göttlichen, gewissermaßen des Ewigen, unveränderten hier auf der Erde. Nun fragen wir, ob also nicht das Christentum die wahre Offenbarung Gottes ist. Diese einfache Reflexion muß für jeden Denkenden genügen, um auszurufen: Hier ist der Finger Gottes. Das kann man nicht von dem Heidentum, nicht von dem Mohammedanismus, nicht einmal von dem Judentum behaupten. Das Judentum hatte seine Geltung, aber es hat dort abgeschlossen, wo die Erfüllung eingetreten war. Und daher bringt es in der späteren Zeit nur die Fabeln des Talmud hervor, wogegen sich begreiflicherweise eine Reaktion erhoben hat. Es hat abgebrochen und hat darum aufgehört, lebendige Offenbarung zu sein. Das Christentum ist an seine Stelle getreten.

Wenn dem nun so ist, meine Herrn, oder um kurz zu wiederholen, was wir gesagt haben, wenn zu einem rechtschaffenen Leben gehört, daß man Gott gebe, was Gottes ist, so gehört notwendig dazu, daß man Gott glaube. Das erste Gesetz des Christentums ist daher der Glaube: „Wer da glaubt und getauft ist, der wird selig werden“. Das zweite Gesetz des Christentums ist eben so wichtig: „Verleugne dich selbst, nimm dein Kreuz auf dich, und folge dem Heiland nach“ Dadurch zeigt sich das Christentum als Lehre Gottes, als Offenbarung des Herrn, die wir annehmen müssen, wenn wir Anspruch machen wollen auf wahre, wirkliche Rechtschaffenheit, auf eine Rechtschaffenheit, die vor Gott genügen soll. Wenn einmal der Glaube lebendig in uns ist, und wenn unser Leben nichts Anderes ist, als der Ausdruck dieses Glaubens, dann, ja dann, meine Herrn, haben wir eine wahre, vollkommene Rechtschaffenheit und Religion, und mit ihr eine Bürgschaft der Seligkeit. Vor allem also suchen wir uns im Glauben zu unterrichten und zu stärken, bitten wir oft um die Gnade des Glaubens, tun wir gute Werke, damit der liebe Gott sich unser erbarme, daß er uns den Glauben verleihe und immer mehr belebe. Zum Lohn dieses Glaubens werden wir die Anschauung Gottes erhalten, ein Lohn, von dem wir jetzt keine Ahnung haben können. Es sagt der hl. Paulus – und mit diesem Wort will ich schließen: – »Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, und da dachte ich wie ein Kind, und da war ich weise wie ein Kind; als ich aber ein Mann geworden war, da tat ich ab, was des Kindes ist. Jetzt erkennen wir noch rätselhaft und wie im Spiegel, dann aber werden wir erkennen von Angesicht zu Angesicht; wir werden erkennen, wie wir erkannt worden sind«. Amen. –
aus: Theodor Schmude SJ, Conferenzen über den religiösen Indifferentismus, 1863, S. 48 – S. 51

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